Zum Inhalt springen
23.10.2024

"Wertschätzung für die Landwirtschaft“ – Zur Agrar-Studie der DBK

Kornfeld bei Eichstätt. Foto: Geraldo Hoffmann/pde

Bischof Hanke: "Die Nahrungserzeugung und der Erhalt der Kulturlandschaft sind essenzielle Beiträge der Landwirtschaft, die wir auch kirchlicherseits wertzuschätzen wissen.“ Foto: Geraldo Hoffmann/pde

Eichstätt. (pde) – Die Bedeutung der kleinstrukturierten, bäuerlich geführten Landwirtschaft hob der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke hervor. „Sie ist eine Säule für die Kultur und das Brauchtum auf dem Land, das wiederum eng mit der Kirche verbunden ist. Die Nahrungserzeugung und der Erhalt der Kulturlandschaft sind essenzielle Beiträge der Landwirtschaft, die wir auch kirchlicherseits wertzuschätzen wissen.“ Hanke äußerte sich im Rahmen des Umweltforums der Diözese Eichstätt. Im Mittelpunkt der Online-Veranstaltung stand die Studie „Ernährungssicherheit, Klimaschutz und Biodiversität: Ethische Perspektiven für die globale Landnutzung“, die im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz erstellt wurde. Die Studie, die umfassend ethische Aspekte der globalen Landnutzung analysiert, stieß in verschiedenen landwirtschaftlichen Kreisen auf Kritik. Viele Landwirte fühlten sich durch die erhobenen Forderungen und Empfehlungen unter Druck gesetzt und empfanden die Darstellung als eine pauschale Kritik an ihrer Arbeit. Ziel der Studie war jedoch, die komplexen Zusammenhänge differenziert darzustellen und eine sachliche Grundlage für weiterführende Diskussionen zu bieten. Die Online-Veranstaltung, die großen Anklang fand, sollte genau diesen Diskurs fördern.

Hanke: Studie als Chance

Bischof Gregor Maria Hanke wies in seiner Einführung auf die schwierige Lage der Landwirte hin: „Die Landwirtschaft befindet sich in einer sehr kritischen Lage aufgrund der Transformationen, die der europäische und globale Markt mit sich bringt.“ Hanke sieht jedoch in der Studie eine Chance, nachhaltige, ökologische Impulse zu setzen: „Ich bin überzeugt, dass das Papier eine große Schnittmenge mit den Anliegen unserer kleinstrukturierten Landwirtschaft hat, wie wir sie in Bayern kennen. Es geht um eine gute Zukunft der Landwirtschaft und der Umwelt.“ Er kündigte zudem an, sich weiterhin intensiv für ökologische Maßnahmen einzusetzen und versprach, entsprechende Vorgaben auch in kirchlichen Gremien voranzutreiben.

Landwirte wirtschaftlich unterstützen

Professor Johannes Wallacher, Vorsitzender der Sachverständigengruppe und Präsident der Hochschule für Philosophie München, war der Projektleiter der Studie. Er machte deutlich: „Eigentum verpflichtet, auch im Hinblick auf Grund und Boden. Landwirte müssen ihren Boden so bewirtschaften, dass die Böden fruchtbar erhalten bleiben, die Humusbildung gefördert und der CO₂-Ausstoß verringert wird.“ Wallacher hob hervor, dass die Wertschätzung der Landwirte und ihrer ökologischen Arbeit sich auch wirtschaftlich niederschlagen müsse: „Es reicht nicht, dass die Gesellschaft applaudiert. Die Leistungen der Landwirte müssen auch finanziell honoriert werden.“ Er betonte die Rolle der Kirche als Dialogermöglicherin und Anwältin des Gemeinwohls: „Das Gemeinwohl ist ein zentrales Prinzip der katholischen Soziallehre, das besonders im Hinblick auf die Landnutzung von Bedeutung ist.“

„Bauern werden nicht an den Pranger gestellt“

Nicole Podlinski, Bundesvorsitzende der Katholischen Landvolkbewegung, erinnerte daran, dass vor allem Kleinbauern in den ärmeren Teilen der Welt unter dem Klimawandel leiden: „Viele Bauern weltweit sind Kleinbauern, die vom Klimawandel existenziell bedroht sind. Der Klimawandel führt zu Flucht und Migration. Hier sind ethische Leitlinien dringend erforderlich, und es ist eine Pflicht der Kirche, sich für eine notwendige Transformation einzusetzen.“ Prinz Felix zu Löwenstein, Agrarwissenschaftler und Landwirt, ging in seinem Beitrag auf die Verantwortung der Landwirte ein: „In der Studie wird niemand an den Pranger gestellt. Wir tun uns keinen Gefallen, wenn wir versuchen, Diskussionen abzuwürgen. Die Landwirtschaft hat großes Ansehen in der Gesellschaft, aber wir müssen uns den Problemen stellen, um gemeinsam Lösungen zu finden.“ Löwenstein betonte, dass die Veränderung der Landnutzung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei: „Wir Landwirte müssen mit am Tisch sitzen und mit der Gesellschaft aushandeln, wie die Transformation vonstattengehen soll.“

Differenzierte Kritik von Landwirten

Kritische Stimmen aus der Landwirtschaft kamen von BBV-Kreisobmann Johannes Scharl, der die Studie als einseitig bezeichnete: „Es ist für mich unverständlich, dass gerade die stärksten Kirchgänger von der Kirche wieder einmal an den Pranger gestellt werden. In der Studie kommen die konventionellen Landwirte zu wenig vor, und es wird zu wenig auf wissenschaftliche Erkenntnisse eingegangen.“ Er hob auch die Bedeutung der Ernährungssouveränität hervor, die in der Studie seiner Ansicht nach zu wenig Beachtung findet: „Corona hat uns gezeigt, wie wichtig es ist, dass wir auch auf unsere eigene Ernährungssouveränität achten.“

Dagegen begrüßte Thomas Lang von der Landesvereinigung für den ökologischen Landbau die Studie grundsätzlich, betonte jedoch die Herausforderungen, mit denen die Landwirte konfrontiert sind. „Der Druck auf die Betriebe ist wirklich enorm“, erklärte er und wies darauf hin, dass dies zu Unruhe und Unsicherheiten führt. Besonders wichtig sei der Aspekt der Ernährungssouveränität und der Bodenfruchtbarkeit, da die Produktivität der Böden kontinuierlich abnehme. „Wenn wir diese Produktivität voranbringen wollen, dann müssen wir uns um unsere Böden kümmern“, betonte er. Er forderte, dass Politik und Kirche Anreize schaffen müssen, damit sich Bauern für nachhaltige Praktiken entscheiden können.

Josef Schmid von der Arbeitsgemeinschaft bäuerlicher Landwirtschaft kritisierte die überzogenen Reaktionen von Bäuerinnen und Bauern auf die Studie und betonte, dass die Landwirtschaft in Deutschland keinen Grund habe, „in die Opferrolle zu schlüpfen“ und sich gegen wissenschaftliche Ergebnisse zu wehren. Er rief dazu auf, Probleme gemeinsam zu lösen, anstatt sich nur aufzuregen. Er schlug vor, die Kirche als größten Grundbesitzer einzubinden und forderte, dass kirchliche Einrichtungen mindestens 30–50 Prozent ihrer Lebensmittel regional und ökologisch beziehen sollten.

Zufrieden mit dem Verlauf der Diskussion zeigte sich die Nachhaltigkeitsreferentin der Diözese Eichstätt, Lisa Amon: „Es ist wichtig, dass wir eine Plattform für den Austausch bieten, die Raum für alle Perspektiven lässt. Nur so können wir gemeinsam Wege finden, wie Landwirtschaft, Klimaschutz und Ernährungssicherheit miteinander in Einklang gebracht werden können.“ Die Veranstaltung verdeutlichte, dass weiterhin großer Gesprächsbedarf besteht, wie ethische und ökologische Aspekte in der Landwirtschaft berücksichtigt werden können, ohne die Existenzsicherung der Bauern zu gefährden. Gleichzeitig zeigte sich, dass die Studie einen wichtigen Beitrag zur Versachlichung der Debatte leisten kann. Amon: „Die Studie ist ein gutes Impulspapier, das den konstruktiven Diskurs lohnt. Der Ton des Papiers ist sehr differenziert und abwägend mit dem Versuch, möglichst viele ins Boot zu holen – genau das ist bei der Diskussion gelungen!“