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13.12.2017

Kunstwerk des Monats Dezember: Die Madonna des Abtes Johannes Menger von Kastl

Loy Hering, Madonna mit Kind, Pfarrkirche Kastl. pde-Foto: Diözesanmuseum

Loy Hering, Madonna mit Kind, Pfarrkirche Kastl. pde-Foto: Diözesanmuseum

Eichstätt. (pde) – Einige Rätsel gibt Historikern ein Denkmal der Renaissance in der Pfarrkirche Kastl auf, das der Fachbereich Kultur- und Denkmalpflege des Bistums Eichstätt auf der Homepage des Diözesanmuseums als Kunstwerk des Monats Dezember präsentiert.

Die Darstellung aus Jurakalkstein befindet sich am ersten Pfeiler der nördlichen Arkaden des Mittelschiffs der ehemaligen Klosterkirche und heutigen Pfarrkirche St. Peter in Kastl. Sie zeigt eine Madonna mit Kind, die von einem Abt verehrt wird. Die Inschrift in der Kartusche verrät, dass es sich um den Abt Johannes Menger handelt, der von 1539 bis 1554 das Benediktinerkloster geleitet hat. Das Stück ist nach dem Abbruch der sogenannten Stifterkapelle im Kloster in die Kirche versetzt worden.

Die Muttergottes im Typus der Himmelskönigin mit Krone und als vornehme, jugendliche Gestalt präsentiert mit der rechten Hand eine Weintraube. Das Jesuskind schmiegt sich an die Mutter und umarmt sie. Der Abt kniet in typischer Stifterpose auf einer separaten polygonalen Konsole. Er trägt das Messgewand und die Pontifikalien, Mitra und Stab. Das Bildwerk wird aufgrund überzeugender Kriterien als eigenhändiges Werk des Meisters Loy Hering geführt und in die Zeit um 1539 bis 1543 datiert.

Dem kirchengeschichtlich bewanderten Betrachter fällt auf, dass der Abt ein Rationale trägt, und zwar eines, das sehr vergleichbar ist mit dem des Eichstätter Bischofs Johann von Eych (1445-1464). Historiker stehen vor einem Rätsel: Warum hat der Abt den Eichstätter Meister mit diesem Werk beauftragt und warum zeigt er sich mit dem Rationale, einem Schulterschmuck, der nach Kirchenrecht als Würdezeichen nur dem Bischof zusteht? Schriftliche Quellen, die eine Auskunft geben würden, sind bislang nicht bekannt. So bleiben nur spekulative Überlegungen, so Dr. Emanuel Braun, der Leiter des Eichstätter Diözesanmuseums und im Bistum Eichstätt zuständig für Kultur- und Denkmalpflege. Man kann annehmen, dass sich Abt Menger in einer für das Kloster schwierigen Zeit profilieren wollte und dass er sich bewusst als Marienverehrer und mit bischöflichen Insignien darstellen ließ. Vielleicht wähnte er sich so weit vom Bischofssitz entfernt, dass er sich auf eine solche Anmaßung einließ. Zugleich scheint er gute persönliche Kontakte nach Eichstätt gepflegt zu haben, die es ihm ermöglichten, dem gefragten Künstler Loy Hering einen Auftrag zu erteilen.

Ein zweites Denkmal für Johannes Menger, das man als Epitaph bezeichnen kann, ist ebenfalls von Loy Hering zur selben Zeit ausgeführt. Als Bildmotiv ist der Abt als demütiger Beter vor dem Gekreuzigten gewählt worden.

Kastl ist das bedeutendste Benediktinerkloster des bairischen Nordgaus. Es wurde um 1102 gegründet und mit Mönchen aus dem Hirsauer Reformkloster Petershausen bei Konstanz besiedelt. Mit Unterstützung namhafter Stifter entstand eine imposante Anlage, die den Charakter einer Burg hat. Die Kirche, ursprünglich eine romanische Hallenkirche, gehört zu den frühesten großen Gewölbebauten in Deutschland. Seit dem 14. Jahrhundert hatten die Äbte, das Recht, die Pontifikalien zu tragen. Im 15. Jahrhundert galt Kastl als Reichsstand und war Ausgangspunkt einer benediktinischen Erneuerungsbewegung. Misswirtschaft führte im 16. Jahrhundert zu einem Niedergang. Auf Anordnung des protestantisch gewordenen Kurfürsten Ottheinrich mussten sich 1556 die verbliebenen Mönche zur neuen Kirchenordnung bekennen. Die offizielle Auflösung des Konvents erfolgte im Jahr 1563.

Seit 1983 wird im Bereich des Bistums Eichstätt in akribischer Detailarbeit der Bestand an Kunstwerken dokumentiert. Bei der Forschung und Erfassung im Bereich des Bistums Eichstätt kommt es immer wieder zu überraschenden Erkenntnissen. Mit der Reihe „Kunstwerk des Monats“ werden auf der Homepage des Domschatz- und Diözesanmuseums einige dieser in der Öffentlichkeit bisher wenig bekannten Entdeckungen vorgestellt: www.dioezesanmuseum-eichstaett.de.

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