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14.12.2018

„Für die Praxis nicht tauglich“: Caritas kritisiert „Spurwechsel light“ für Fachkräfte-Einwanderungsgesetz

Angela Müller (rechts) und Lea Schweitzer von der Flüchtlings- und Integrationsberatung der Caritas fordern mehr Arbeitschancen für Menschen, die aus anderen Ländern nach Deutschland flüchteten. Foto: Caritas/Esser

Angela Müller (rechts) und Lea Schweitzer von der Flüchtlings- und Integrationsberatung der Caritas fordern mehr Arbeitschancen für Menschen, die aus anderen Ländern nach Deutschland flüchteten. Foto: Caritas/Esser


Mehr Chancen für geflüchtete Menschen auf dem Arbeitsmarkt sowie bei der Wohnungssuche wünscht sich der Caritasverband Eichstätt anlässlich des internationalen Tages der Migranten am 18. Dezember. Er begrüßt grundsätzlich, dass am Mittwoch im Bundestag ein Fachkräfte-Einwanderungsgesetz verabschiedet werden soll. Allerdings stellt der Gesetzentwurf aus seiner Sicht viel zu hohe Hürden für einen „Spurwechsel“ für arbeitende ausreisepflichtige Ausländer. „Das hilft weder den Betroffenen noch den Arbeitgebern, die sie nicht beschäftigen können“, bedauert Angela Müller, Beraterin in der Flüchtlings- und Integrationsberatung der Caritas-Kreisstelle Eichstätt und Caritas-Sprecherin für diesen Bereich im Bistum Eichstätt.

„Zu hohe Hürden“ für Betroffene

Der Beraterin zufolge hat die Caritas allein im Landkreis Eichstätt „zig Fälle“, bei denen geflüchtete Menschen nach einer rechtskräftigen Ablehnung ihres Asylantrages zum eigenen Leidwesen und zu dem ihrer Arbeitgeber ihre Beschäftigung beenden mussten. Sie kümmert sich zum Beispiel um einen Pakistaner, „der in der Gastronomie gute Arbeit leistete, bei den Kollegen sehr beliebt war und jetzt in der Luft hängt, während sein bisheriger Arbeitgeber vor Weihnachten Mitarbeiter sucht“. Ihre Kollegin Lea Schweitzer berät unter anderem einen Mann aus Nigeria, „der im Reinigungsbereich zur vollsten Zufriedenheit seines Chefs tätig war und nach seiner Ablehnung nun wieder in der Unterkunft rumhängt und sich langweilt“. Für Menschen wie sie haben die beiden Caritasberaterinnen auf Perspektiven durch das neue Gesetz gehofft. Doch für eine „Beschäftigungsduldung“ stellt dieses laut dem vorliegenden Entwurf, „so hohe Hürden, dass das für kaum einen unserer Klienten möglich wird“, so Angela Müller. Vorausgesetzt wird unter anderen Bedingungen, dass ein ausreisepflichtiger Ausländer seit mindestens 18 Monaten einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit mit mindestens 35 Wochenstunden nachgeht und seit mindestens einem Jahr im Besitz einer Duldung ist sowie mündliche und schriftliche Deutschkenntnisse auf dem Niveau B1 vorweist. „Das ist für die Praxis nicht tauglich und insofern nur ein Spurwechsel light“, so die Caritas-Sprecherin.

Wie andere Kritiker dieser Regelung spricht sie sich zudem dafür aus, „Spurwechslern“ nicht nur eine Beschäftigungsduldung zu ermöglichen, sondern eine befristete Aufenthaltserlaubnis. Denn diese schaffe für sie und ihre Arbeitgeber zum einen mehr Rechtssicherheit „und zum anderen ermöglicht sie den Ausländern auch Fördermöglichkeiten, die sie als Geduldete nicht haben: zum Beispiel die Teilnahme an Sprachkursen, um ausreichende Deutschkenntnisse erlangen zu können“. Eine befristete Aufenthaltserlaubnis wünscht sich Müller auch für geduldete Auszubildende. „Denn sie können mit ihrem jetzigen Status keine Ausbildungsbeihilfe bekommen.“  Die Bedeutung dieser Forderung erklärt die Caritas-Mitarbeiterin am Beispiel eines eigenen jüngeren geduldeten Klienten, der sich im dritten Lehrjahr im Hotelfachgewerbe befindet. Da dessen Flüchtlingsunterkunft möglicherweise schließt, sucht er eine neue Bleibe in der Nähe seiner Ausbildungsstelle. „Doch ohne Beihilfe kann er sich mit seinem Azubi-Gehalt wohl kaum eine eigene Wohnung leisten.“

Der positive Effekt von Arbeit für geflüchtete Menschen kann aus Erfahrung von Angela Müller und Lea Schweitzer gar nicht hoch genug eingeschätzt werden: „Sie sind aktiv für sich und die Gesellschaft, haben dadurch ein gutes Gefühl, lernen am Arbeitsplatz deutsch, werden integriert und bekommen Lebensperspektiven, was auch die psychische Gesundheit fördert“, so Lea Schweitzer. Angela Müller ergänzt: „Und Vorteil für die deutsche Bevölkerung ist, dass sich so weniger schnell Parallelgesellschaften bilden und Arbeitgeber zum Teil dringend benötigtes Personal erhalten. Wir bekommen regelmäßig aus Betrieben verzweifelte Anrufe, wenn mal wieder ein Arbeitsverhältnis aufgelöst werden muss.“

Für dezentrale Unterbringung

Neben dem Wunsch nach mehr Arbeitschancen für geflüchtete Menschen liegt den Caritasberaterinnen vor allem auch daran, dass mehr von denen, die aus einer Unterkunft ausziehen dürfen, eine eigene Wohnung bekommen. „Wir wissen, dass auch viele Einheimische bezahlbaren Wohnraum suchen, doch geflüchtete Menschen haben es hier noch viel schwerer“, erfährt Angela Müller immer wieder und hofft, dass Vermieter auch ihnen eine Chance geben. Schließlich hätten gerade viele von der Caritas dezentral beratene, in eigenen kleinen Unterkünften lebende Asylbewerber bereits gelernt, sich in ihrer neuen Umgebung zu integrieren. „Viele haben Kontakt zu ihren Nachbarn oder zu anderen Kindergarteneltern und sie wissen bereits, wie sie mit der braunen Tonne und dem gelben Sack umzugehen haben“, nennt Lea Schweitzer Beispiele und fügt hinzu: „Asylbewerber im Ankerzentrum haben und wissen das alles nicht und verfügen über so gut wie keine Entfaltungschancen. Kein Wunder, dass es dort auch zu viel mehr Konflikten kommt.“ Die Beraterinnen plädieren daher eindeutig dafür, dass Asylbewerber möglichst dezentral untergebracht werden und sie weiterhin die Betroffenen in den Ortschaften bei ihren Fragen und Problemen beraten können.

Quelle: Caritas

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