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25.05.2022

Bei uns hat er seine Praxis - geistliches Wort zum Hochfest Christi Himmelfahrt

Foto: pixabay

Wenn ein Kind geboren wird, dann ist das ein besonderer Augenblick, für religiöse Menschen so etwas wie ein Wunder. Da erblickt ein kleines Menschlein das Licht der Welt und Eltern verlieben sich vom ersten Moment an in das ihnen anvertraute Leben. Die Geburt selbst beileibe kein Selbstläufer. Komplikationen sind immer möglich. Im Geburtsvorgang ist das Meiste überstanden, wenn der Kopf durch ist. Jetzt muss noch der restliche kleine Körper nach, und es ist geschafft. An Christi Himmelfahrt feiern wir so etwas wie eine Geburt: Der Kopf ist durch. Christus, das Haupt, der Kopf der Kirche ist schon beim Vater, atmet die göttliche Wirklichkeit, während wir noch in den Wehen dieser Welt liegen. Aber auch hier gilt: Das Entscheidende ist schon geschafft und Hoffnung kann uns erfüllen.

Ein urbiblisches Bild für die Kirche ist schließlich das von Christus als Haupt und uns als seinem Leib auf dieser Erde. Er wird uns nachholen, und das hat schon Auswirkungen auf das Hier und Heute, weil unser Leben Hoffnung atmet. Weil der Kopf schon durch ist, nimmt uns nichts die Hoffnung, egal, was auf dieser Welt gerade los ist. Der Abschnitt er Apostelgeschichte, der von der Himmelfahrt Jesu spricht, lässt zwei Erklär-Engel auftreten. Diese stellen die Frage: „Was steht ihr da und schaut zum Himmel empor?“ – Ich verstehe diese Frage immer als Aufforderung, nicht als „Hanns-guck-in-die-Luft“ zu leben sondern ganz genau hinzuschauen, was denn gerade jetzt dran ist, hier auf der Erde zu tun. Das meint nämlich Christi Himmelfahrt auch: Mit beiden Beinen fest auf der Erde stehen.

In Jerusalem gibt es am Ölberg die Himmelfahrtsmoschee. Dort sieht man zwei Fußabdrücke. Sie sollen von Jesus stammen, als er bei seiner Himmelfahrt von der Erde abhob. Ob das stimmt oder nicht, ist für mich nicht wichtig. Wichtig ist, dass Jesus Spuren auf der Erde hinterlassen hat und bis heute da ist in solchen, die sich seinem Geist geöffnet haben. Ein Kind hat das einmal wunderbar in folgende Aussage gekleidet: „Mein Kinderarzt wohnt im Nachbarort und fährt jeden Tag in seine Praxis hier bei uns. Mit Jesus ist es genauso: Er wohnt im Himmel, aber seine Praxis hat er hier auf der Erde.“ – Ich finde dieses Bild, so schief es auch ist, genial: Jesus hat seine Praxis hier auf der Erde. Wir sind seine Werkzeuge, um mitzuhelfen, dass es auf dieser Welt – auch in unserem nahen Umfeld – menschlicher zugeht.

Der Kopf ist durch. Wir dürfen uns freuen, dass Jesus uns als seinen Leib einmal nachholen wird. Bis dahin haben wir eine Mission auf der Erde: Zu beten und zu arbeiten für Frieden und Versöhnung.

Pfarrer Markus Fiedler, Postbauer-Heng