Wie kommt man richtig in die Spur?
Als Boxenstopp, so definiert das Internet-Lexikon Wikipedia, bezeichnet man im Motorsport das kurzfristige Stoppen eines Fahrzeugs, um aufzutanken. Neue Energie zu gewinnen für die bevorstehende Wegstrecke, das ist auch das Ziel der „Boxenstopps“, zu denen ein Projektteam des Bistums Eichstätt unter Leitung von Pastoralreferent Andreas Weiß derzeit einlädt. Hintergrund ist eine Vorgabe der Diözese: Bischof Gregor Maria Hanke hat die Leiter der Pastoralräume im Bistum Eichstätt beauftragt, Pastoralkonzepte für ihr Gebiet zu erstellen. Unter dem Leitwort „Zukunft entsteht beim Gehen“ sollen bis spätestens Ende des Jahres 2024 in allen 74 Pastoralräumen der Diözese solche Konzepte entstehen.
Zu den Hintergrundinformationen und strategischen Tipps, die seit Monaten auf der Homepage des Bistums (www.bistum-eichstaett.de/pastoralkonzepte/kriterien-zur-erstellung/) nachzulesen sind, sollen die „Boxenstopps“ eine Ergänzung sein. Dabei dreht sich „in erster Linie alles um die ersten Geherfahrungen der Teilnehmenden“, erläutert Weiß. „Was hat ihnen geholfen, gemeinsam im Pfarrverband einen Anfang zu finden? Was sind Fallstricke und wo gibt es Probleme?“ Die ersten Treffen hätten gezeigt, wie notwendig ein solcher Ort sei, um Fragen zu stellen und Antworten zu erhalten. „Dass man sich dabei gegenseitig unterstützen und Kontaktdaten austauschen kann, ist nur zu begrüßen“, ergänzt Peter Ulrich, Mitarbeiter im Projektteam. Er gestaltete mit Weiß und Dr. Markus Oelsmann auch den jüngsten Info-Abend, der Ende Januar im Neumarkter Kloster St. Josef stattfand. Bereits 2022 hatte es „Boxenstopps“ in Heidenheim und in Gaimersheim gegeben.
Fahrplan aufstellen
Im März 2022 waren im Bistum neue Pfarrgemeinde- und Kirchortsräte gewählt worden. Nach deren Konstituierung und Einarbeitung sollte, so der Zeitplan, die Erstellung der Pastoralkonzepte ins Rollen kommen. Jedoch, so zeigt sich bei den „Boxenstopp“-Treffen, ist das längst nicht überall der Fall. So reichte auch die Skala, auf der sich die Teilnehmenden des Neumarkter Treffens einordnen konnten, von „ganz nah beim Thema“ bis „ganz weit weg“.
Gerade erst angefangen hat der konkrete Aufbruch in Allersberg. Im Januar habe sich die aus Pfarrer und vier Pfarrgemeinderäten bestehenden Steuerungsgruppe erstmals getroffen, berichtet Christine Gmelch: „Da war auch Herr Weiß dabei und hat uns beim ersten Mal begleitet“. Der Abend in Neumarkt ist für Gmelch schon der zweite „Boxenstopp“, bereits im November war sie mit Leuten ihres Teams nach Gaimersheim gefahren. „Das war für uns quasi das Setzen des Samens. Wenn sich ihre Steuerungsgruppe jetzt im Februar das nächste Mal trifft, „wollen wir schon konkreter werden und einen Fahrplan aufstellen“, kündigt sie an. Schließlich müssten in den Prozess noch weit mehr Leute als bisher eingebunden werden, von der Kirchenverwaltung übers Pfarrbüro bis zu den Vereinen. „Gerade in diesen Zeiten, wo es für alle knapp ist mit Ressourcen, muss man schauen, dass man an einem Strang zieht und Kompetenzen teilt“, sagt Gmelch, „da sehe ich auch die Chance im Pastoralkonzept. Eine Bestandsaufnahme, was wir noch haben und was man sich überhaupt leisten kann in heutiger Zeit.“ Was auch immer Ende 2024 schwarz auf weiß auf dem Papier stehen und den weiteren Weg weisen wird: „Es muss gelebt werden“, zeigt sich Gmelch entschlossen: „Wenn man das nicht vorhat, dann macht es auch keinen Sinn.“
Fünf Phasen
„Es wird viel Arbeit werden.Definitiv“. Michael Gebauer, Pfarrgemeinderatsvorsitzender in Neuendettelsau (Pastoralraum Heilsbronn) macht sich über den langen Weg bis zum fertigen Konzept keine Illusionen. So ist er fast verwundert angesichts der Frage, ob er und sein Team denn schon angefangen hätten. „Ja natürlich“, sagt Gebauer und verweist auf den Anspruch des bistumsweiten Projekts, möglichst viele Menschen bei der Erstellung und Umsetzung zu beteiligen. „Das Pastoralkonzept hat die kirchlichen und zivilgesellschaftlichen Akteure (Initiativen, Vereine, Personen des öffentlichen Lebens, ...) auf dem Gebiet des Pfarrverbands, der immer auch Teil eines größeren Netzwerkes ist, im Blick“, heißt es in dem Vorgehensmodell, das Pfarrgemeinderäte und Kirchenverwaltungen der Pfarrgemeinden im Pastoralraum Heilsbronn schon erarbeitet haben. Es basiert auf den konkreten Vorgaben, die das Bistum Eichstätt bereits im Internet an die Hand gibt, die aber nach Gebauers Meinung bei den „Boxenstopps“ noch mehr im Mittelpunkt stehen müssten. Momentan herrsche dort noch eine Art „Wohlfühlphase“, ist sein Eindruck: „Man muss den Leuten ganz klar sagen: Macht einen Zeitplan.“
Im Pastoralraum Heilsbronn beinhaltet dieser fünf Phasen im Laufe von eineinhalb Jahren. Die erste Phase ist schon geschafft: Es wurden digitale Werkzeuge und Plattformen zur effektiven Zusammenarbeit eingerichtet. Dies „ist auch deswegen wichtig, da der Pastoralraum Heilsbronn weitflächig ist und Präsenzveranstaltungen allein nicht zielführend sind“, heißt es im Vorgehensmodell. Ein eigenes Redaktionsteam wurde gebildet, das alle Textzulieferungen und Gedankenanstöße von außen ins System einpflegt. Gerade machen sich die Verantwortlichen an Phase zwei – die Sammlung von Basisdaten. Sie verwenden dazu hochprofessionelle Instrumente wie die Sinus-Milieu-Studie oder die aus der Wirtschaft bekannte Stärken-Schwächen-Analyse SWOT. Ab Phase drei wird die nüchterne Bestandsaufnahme durch das Formulieren von Visionen abgelöst, ehe dann am Ende ein Bericht steht, den die Verantwortlichen des Bistums zu lesen bekommen: Was möchten die Einsender erhalten? Was müssen sie aufgeben? Was kann an Neuem gemeinsam aufgebaut werden? Ob dafür die anvisierten zehn Seiten Text reichen werden? Gebauer ist da mehr als skeptisch.
Gabi Gess/pde
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