Inventur und Visionen – Auswertung der Pastoralkonzepte
Eichstätt/Nürnberg - Wir schreiben das Jahr 2018. Die Pfarrgemeinderäte (PGR) dreier Pfarreien mit vier Kirchorten im Süden Nürnbergs – Corpus Christi in Herpersdorf, Maria Königin in Kornburg, St. Rupert in der Kettelersiedlung, St. Wunibald – erteilen den Auftrag, ein Konzept zu erstellen, wie die möglicherweise oder unvermeidliche gemeinsame Zukunft für den Pfarrverband ausschauen soll. Was ist zu tun, wenn der Priesternachwuchs ausbleibt, die Kirchenmitglieder immer weniger werden, die Kirchensteuermittel einbrechen, die Pfarreien ihre Aufgaben aus Personal- und Geldnot in immer maroder werdenden Immobilien nicht mehr leisten können? Auf diese und ähnliche Fragen müssen Antworten gefunden werden. „Zugpferd“ bei diesem ambitionierten Projekt ist Pfarrer Stephan Neufanger, der Leiter des Pfarrverbands Am Ludwigskanal. Pastoralreferentin Agnes Meier ist als Teil des Pastoralteams von Anfang an umfassend in die Beratungen eingebunden. Aus Eichstätt geben zwei Gemeindeberater zusätzlich Unterstützung bei komplizierteren Fragen.
„Gemischte Gefühle“
Am Anfang waren da „gemischte Gefühle“, erinnert sich Herbert Hänecke (70) vom PGR Corpus Christi, der schon seit den 1990er-Jahren in seiner Gemeinde aktiv ist, vor allem im Bereich Öffentlichkeitsarbeit. In dieser Funktion wird er in der Zeit von 2019 bis 2024 zunächst zwangsläufig Chronist der Entwicklung. Er erinnert sich an wechselnde Stimmungen, die wachsenden Nöte, aber auch zunehmenden Fortschritte bei den Treffen des steuernden und lenkenden Kreises von 13 Vertreterinnen und Vertretern aller Pfarreien, an immer wieder wechselnde Stimmung bei Info-Treffen, widersprüchlichste Reaktionen auf Fragebogenaktionen. Er erlebt Sorgen und Ängste, Zurückhaltung und Verweigerung, Desinteresse oder kompromissloses Besitzstandsdenken, aber auch immer wieder Aufbruchsstimmung, Dialogbereitschaft, Optimismus und Gottvertrauen. In Zeiten, wo sich immer weniger Menschen in Gremien oder Räten verbindlich engagieren wollen, kann es nicht verwundern, dass es manchem an Mut fehlt, sich für die Herkulesaufgabe einer Gesamtinventur inklusive Zukunftsvision zur Verfügung zu stellen.
Am Ludwigskanal, wo die Beratungen mit einem regelrechten Kick off gestartet waren, blieb man am Ball. „Unsere größte Leistung war“, meint Hänecke, „dass wir trotz Corona-Zeiten zusammen geblieben und zusammengewachsen sind“. Und er scheut nicht das große Wort von der „Schicksalsgemeinschaft“: „Wir sind einfach dran geblieben, auch in Phasen, wo keiner auf einen Erfolg gewettet hätte“.
Die Gemeinden am Ludwigskanal waren und sind natürlich nicht die einzigen, die die Warnzeichen im alltäglichen Pfarrleben wahrnehmen. Und natürlich war man auch „in der Zentrale“ in Eichstätt auf der Suche nach mehrheitsfähigen und effektiven Konzepten, mit denen das Bistum die Herausforderungen der Zeit unter den bekannten Bedingungen annehmen und bewältigen können sollte. Schon im Juni 2019 veröffentlichte das Bistum Rahmenbedingungen für Pastoralkonzepte.
Der Stand der Dinge
Das Angebot sogenannter „Boxenstopps“, bei denen Experten aus der Bistumsverwaltung vor Ort Erklärungen gaben und konkrete Hilfsangebote beim Erstellen der Konzepte machten, wurde zunächst zögerlich angenommen. Dazu kam, dass Abteilungen umgewandelt wurden und Zuständigkeiten sich änderten, Personalwechsel stattfanden und aufgrund gemachter Erfahrungen im Lauf der Zeit sich auch Erwartungen und Anforderungen an die Konzepte veränderten, notwendig verfeinerten. So erschien etwa im Mai 2022 ein erweiterter Leitfaden für die Erstellung von Pastoralkonzepten in den Pastoralräumen, den man von der Homepage des Bistums herunterladen konnte. Dort gab es auch auf Extra-Seiten Infos und einen Newsletter „Kirche vernetzt“.
Bis Dezember 2024 sollten die Kirchenstiftungen in allen 74 Pastoralräumen ihr Pastoralkonzept vorlegen. Stand Ende Mai dieses Jahres, vermeldet Agnes Meier – seit Anfang 2024 ist sie als Koordinatorin für territoriale Seelsorge in Eichstätt mitverantwortlich für das Projekt Pastoralkonzepte –, dass insgesamt 58 fertige Konzepte vorlägen. Die restlichen Stiftungen hätten den Aufwand möglicherweise falsch eingeschätzt, die Anforderungen, gerade was die Bestandsaufnahme der Immobilien angehe, womöglich unterschätzt, hätten in wenigen Fällen zwischenzeitlich einen neuen Pfarrer bekommen und wieder bei Null angefangen, aber so gut wie alle hätten ihre verspätete Abgabe verbindlich zugesagt.
Sich den aktuellen Fragen stellen
Ein siebenköpfiges Expertengremium mit Vertretern aus den Bereichen Pastoral, Bau- und Stiftungswesen und Öffentlichkeitsarbeit bearbeiten zurzeit die Konzepte (Stand Ende Mai: 20 bearbeitet). „Noch zu keinem Zeitpunkt haben wir über so viel gebündeltes Wissen über unsere Diözese verfügt“, stellt Agnes Meier fest. Jetzt gehe es darum, dieses Wissen zum Besten des Bistums allen Arbeitsbereichen im Haus zugänglich zu machen. Die Synergien, Ersparnisse, Innovationsmöglichkeiten seien nicht zu unterschätzen.
Auch der Pfarrverband Am Ludwigskanal, dessen spezieller Weg eingangs skizziert wurde, hat sein pastorales Konzept mittlerweile verabschiedet und pünktlich abgegeben. Mit Etiketten wie „Versuchskaninchen“ oder „Musterknabe“ können sie nichts anfangen, sind aber davon überzeugt, ein nachhaltiges und zukunftsfähiges Konzept für ihre rund 5.300 Katholikinnen und Katholiken vorgelegt zu haben. In der Pfarrgemeinderatssitzung am 18. Dezember 2024 unterzeichneten Pfarradministrator, Pfarrer und das PGR-Vorstandsteam des Verbandes das 52-seitige Pastoral und Immobilienkonzept. In einer eigens formulierten Präambel steht zu lesen: „Unser Engagement soll vor allem Freude und Hoffnung ausstrahlen. Eingebunden in die Weltkirche und die Ortskirche des Bistums Eichstätt, stellen wir uns den aktuellen Fragen und Problemen der Kirche, der Gesellschaft und den Menschen unserer Zeit
Michael Heberling für [inne]halten – Die Kirchenzeitung für das Bistum Eichstätt
Die Kirche der Zukunft vor Ort entwickeln - Auszug aus der Auftragsbeschreibung für die Pastoralkonzepte
Bis Ende 2024 sollen die 74 Pastoralräume des Bistums Eichstätt Konzepte für die Kirche der Zukunft vor Ort entwickeln. Ausgangspunkt ist die Überzeugung, dass der Dienst für die Menschen in allen Lebenssituationen ein elementarer Sendungsauftrag der Kirche ist. Ziel der Pastoralkonzepte, die im Rahmen des Strategieprozesses der Diözese entstehen, ist es, kirchliches Handeln vor Ort in seiner Gesamtheit zu erfassen, um klare und transparente Entscheidungen für Projekte in der Zukunft zu ermöglichen. Durch Schwerpunktsetzung in der Seelsorge soll auch der Bedarf und die zukünftige Nutzung von kirchlichen Gebäuden geklärt werden. Die Diözese unterstützt diesen Prozess mit Beratung und verschiedenen Hilfsangeboten. Ein erweiterter Leitfaden gibt Orientierung und Sicherheit unterwegs, ein neuer Service dient der Vernetzung zwischen den Beteiligten.
Weitere Inforfmationen unter: www.bistum-eichstaett.de/pastoralkonzepte
Kontakt und Hilfe
Projekt Pastoralkonzepte
Abteilung Seelsorge und Evangelisierung
Fachbereich Territoriale Seelsorge
Walburgiberg 2
85072 Eichstätt
Tel.: (08421) 50-618 (Projektleitung Pastoralkonzepte)
Tel.: (08421) 50-619 (Verwaltung)
E-Mail: territoriale-seelsorge(at)bistum-eichstaett(dot)de



