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04.01.2023

„Ein großer theologischer Geist hat uns verlassen“: Bischof Hanke zum Abschied von Benedikt XVI.

Bischof Hanke predigt beim Requiem für Benedikt XVI. Foto: Geraldo Hoffmann/pde

Bischof Gregor Maria Hanke würdigte das theologische Werk vom verstorbenen Papst Benedikt XVI. bei einem Trauergottesdienst in der Schutzengelkirche in Eichstätt. Foto: Geraldo Hoffmann/pde

Requiem für Benedikt XVI. Foto: Bischof Gregor Maria Hanke

Requiem für Benedikt XVI. auf dem Petersplatz in Rom. Foto: Bischof Gregor Maria Hanke

Eichstätt. (pde) – Mit einem Requiem am Mittwochabend, 4. Januar, in der Eichstätter Schutzengelkirche hat sich das Bistum Eichstätt vom verstorbenen emeritierten Papst Benedikt XVI. verabschiedet. „Er war ein Freund des Bistums und der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt“, sagte Bischof Gregor Maria Hanke bei der Begrüßung der versammelten Gottesdienstgemeinde. An diesem Donnerstag nimmt Hanke an den Trauerfeierlichkeiten in Rom teil.

Der Eichstätter Bischof würdigte vor allem das theologische Werk von Joseph Ratzinger, der von 2005 bis 2013 als Papst Benedikt XVI. die katholische Kirche leitete. „Ein großer theologischer Geist hat uns verlassen“, sagte Hanke in seiner Predigt. Aus persönlichen Begegnungen mit ihm könne er sagen: „Die Größe seines Geistes ging einher mit der Größe seiner Demut und persönlichen Bescheidenheit. Doch wirkt er weiter durch seine Schriften, die wohl eines Tages zu den bedeutenden Werken der Kirchengeschichte gezählt werden.“ Ratzinger habe als Theologe in einer Zeit kirchlicher Weichenstellung gearbeitet und die katholische Kirche beim Zweiten Vatikanischen Konzil mitgestaltet. Neben ihrem hohen wissenschaftlichen Niveau zeichne sich seine Theologie durch ihren geistlichen Gehalt aus. „Theologische Wissenschaft hat dem Glaubensleben zu dienen, der Gottes- und Weltbeziehung des Menschen. Sie soll vermitteln, dass der Glaube und die Person Christi nicht einfach ein Denk- und Lehrsystem bilden. Im Leben der Gläubigen soll die lebendige Begegnung mit Jesus Christus als Ereignis erfahrbar werden“, erklärte Hanke. Der Glaubende antworte darauf in Gebet, Liturgie und Hingabe im Weltdienst. Liturgie habe Ratzinger aufgefasst „als eine Sprache, durch die Himmel, Mensch und Welt miteinander in Kommunion treten. Dem Menschen der Sehnsucht soll sie Raum der Begegnung werden. Liturgie als Produkt menschlicher Kreativität oder als Selbstdarstellung des Menschen schien ihm hingegen verfehlt zu sein.“

Joseph Ratzinger wird nach den Worten von Bischof Hanke oft plakativ als konservativer Theologe abgetan. In Deutschland gelte diese Etikettierung als Disqualifikation gegenüber der Moderne und rücke die Person in die Nähe des Traditionalismus. „Modernsein im Sinne einer wohlgefälligen Theologie, die den gesellschaftlichen Strömungen entspricht oder eines Relativismus, der die Herkunft des Glaubens vergisst, um sich willig einer Mode oder den gerade aktuellen Forderungen und Ansprüchen des Heute anzupassen, war dem Theologen, Bischof und Papst Joseph Ratzinger – Benedikt ganz und gar suspekt“, sagte Hanke. Das Gegebene, die Heilige Schrift und die Wirkungsgeschichte der Tradition hätten das Fundament seines theologischen Denkens gebildet: „Der Blick auf die Überlieferung war ihm Ausgangspunkt für die Suche nach Antworten auf die großen Fragen des Menschen heute.“ Ratzinger sei nicht einem erstarrten Begriff von Tradition gefolgt, sondern habe eine „genuin konservative Haltung“ eingenommen, die bedeutete, die Lebendigkeit und Entfaltungskraft der Tradition anzuerkennen und mit dem Glaubenssinn der Kirche ins Heute zu übersetzen. „Das Verhältnis von Glaube und einer durch die Offenbarung erleuchteten Vernunft sowie die Frage nach der Gewissheit des Glaubens bewegten ihn zeit seines Lebens, um die Kirche dialogfähig mit der Welt zu machen“, betonte Hanke.

Den Vorwurf, dass er die Dokumente des II. Vatikanum nicht recht verstehe, habe Ratzinger als Wegbereiter und Kronzeugen des Konzils als „befremdlich und schmerzlich“ empfunden. Dennoch hätten die „sprungbereite Feindseligkeit“, die er mitunter in seiner Heimat erfahren habe, weder Hassgefühle noch das Verlangen nach Lagerbildung in ihm verursacht. „Er litt darunter, aber seine Liebe zu Gott, zu den Menschen und zu seiner Heimat erfuhr keine Eintrübung. Er starb als dankbarer Mensch, dem nach seiner großen Zeit das Kleine und Unscheinbare des alltäglichen Lebens zu lieben geblieben war“, sagte Hanke. So habe sich Benedikt XVI gefreut über Besuche und interessiert Berichte über Bekannte und Freunde angehört, denen er sich verbunden wusste. „Für mich war es rührend, seine Freude zu erleben, wenn er Anteil nehmen konnte an Lebenswegen und Wegstrecken von Menschen, die er kannte und von denen man ihm erzählte. Das Leben im Alter war ihm nicht nur Last, sondern es blieb, was es für ihn immer war: Geschenk“, erzählte Hanke aus seinen Begegnungen mit dem Papst aus Bayern.

Zu dem Trauergottesdienst waren auch Vertreterinnen und Vertreter aus kirchlichen Gremien und Verbänden sowie aus Politik und Gesellschaft in die Schutzengelkirche gekommen. Mit ihnen traf sich Generalvikar Michael Alberter anschließend zu einem kleinen Empfang im Eichstätter Priesterseminar. Bischof Hanke reist an diesem Donnerstag in den frühen Morgenstunden zusammen mit dem Vorsitzenden des Diözesanrates, Christian Gärtner, mit einer Delegation der bayerischen Staatsregierung nach Rom, um dort Benedikt XVI. seine letzte Ehre zu erweisen.

Aktualisierung am 05.01.23: Bild von der Trauerfeier in Rom eingefügt | Bildergalerie

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