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06.09.2022

Schulgottesdienste: Bildung ist bunter als Sachwissen

Schülerinnen und Schüler auf dem Pausenhof der Maria Ward Realschule in Rebdorf. Foto: Johannes Heim

Schülerinnen und Schüler auf dem Pausenhof der Maria-Ward-Realschule in Rebdorf. Foto: Johannes Heim

Oswald Meyer. Foto: KHG

Oswald Meyer, Referent für Schulpastoral am Apian-Gymnasium in Ingolstadt. Foto: KHG

In einer Woche gehen in Bayern die Schulferien zu Ende und vielerorts beginnt das neue Schuljahr mit einem Gottesdienst. Für viele Schülerinnen und Schüler sind diese Gottesdienste der einzige im ganzen Jahr. Oswald Meyer ist Referent für Schulpastoral am Apian-Gymnasium in Ingolstadt. Im Interview berichtet er von seinen Erfahrungen mit Schulgottesdiensten und welche Chancen er für die Kirche darin sieht.

Sie sind in der Ingolstädter Apian Gymnasium für die Schulpastoral zuständig, nächste Woche startet das neue Schuljahr auch mit einem Anfangsgottesdienst. Welches Thema wird Ihr diesjähriger Gottesdienst haben?

In unserem Gottesdienst zum Schuljahresanfang geht es um den Wert eines Menschen. Dabei ist die wichtigste Aussage zum Schuljahresanfang, dass der Wert von Schülerinnen und Schülern nicht in Noten gemessen wird. Oft drehen sich die Gottesdienste um zentrale theologische Aussagen. Gerade an den Eckpunkten des Schuljahres tut eine Zusage gut: Du bist in Ordnung, wie du bist. Du darfst dazugehören. Du musst dich nicht überfordern. Schulpastoral hat die große Chance, dass sie den Leistungsgedanken nicht einmal im Hinterkopf haben muss.

Sie haben bereits diverse Schulanfangsgottesdienste gestaltet. Was ist das Besondere an dieser Form von Gottesdienst?

Die Schulgottesdienste sind für viele Schülerinnen und Schüler die einzigen Gottesdienste, die sie erleben. Viele haben kaum mehr Erfahrung mit gottesdienstlichen Verhaltensweisen. Das hat auch einen großen Vorteil: Kaum jemand erwartet einen bestimmten Ablauf. Man kann frei mit dem beginnen, was für Schülerinnen und Schüler gerade wichtig ist und versuchen, das mit ihren Ausdrucksformen aufzugreifen. Es ist ideal, dabei möglichst viele Mitglieder der Schulgemeinschaft in den Gottesdienst einzubeziehen: Musikerinnen und Musiker, Theatergruppe, ein Vorbereitungsteam, Ministrantinnen und Ministranten, das Technikteam, Schülerinnen und Schüler mit literarischem Talent, einzelne Schulklassen …. Es ist faszinierend, wie viele Talente und wie viel Engagement in einer Schule existieren. Und viele freuen sich, wenn sie im Gottesdienst vor der gesamten Schule mitwirken können. Ich liebe Gottesdienste, bei denen viele Menschen beteiligt sind und sich mit ihnen identifizieren. Ich bin nach den Einschränkungen durch die Coronapandemie so froh, dass das im Moment wieder möglich ist.

Oft ist der Schulgottesdienst als „freie Zeit“ verpönt. Was lernen Schülerinnen und Schüler in dieser Zeit?

In einer großen Schule kommt es selten vor, dass die Schülerinnen und Schüler die gesamte Schulgemeinschaft wahrnehmen. Die Gottesdienste bieten eine gute Chance zu erleben, dass Schule mehr ist als meine Klasse. Da sitzen im Gymnasium die Fünftklässler mit großen Augen da: So viele sind das! Neben Kopf, Herz und Hand gehört zu Bildung ja immer auch die Gemeinschaftsdimension. Und gerade bezüglich „Herz“ geschieht bei den Gottesdiensten einiges: es werden emotionale Themen angesprochen und damit hoffentlich die Resilienz gestärkt. Das war vor allem in der Pandemie wichtig, wo wir in Klassenzimmergottesdiensten Isolation und Sehnsucht thematisiert haben.

Und daneben bietet der Gottesdienst eine „Bühne“, sich vor einer großen Gemeinschaft auszuprobieren. Für viele braucht es eine gehörige Portion Mut, um vor der gesamten Schule einen Satz vorzulesen. Andere gehen dabei richtig auf, locker eine Rolle in einem Anspiel zu spielen. Oft sind da auch Schülerinnen und Schüler dabei, die bei den Noten weniger Erfolg haben und jetzt zeigen können, was sie drauf haben.

Weil Bildung viel bunter als nur Sachwissen ist, braucht es eine Vielzahl von Formen, um sie zu ermöglichen. Und da gehört der Gottesdienst einfach mit dazu.

Müssen Religionslehrer/innen oder Pfarrer etwas besonders beachten bei der Gestaltung?

Ich kann da keine Rezepte liefern, sondern nur meinen Standpunkt erklären. Andere machen das vielleicht ganz anders und es ist auch gut so. Das ist übrigens schon mein erster Grundsatz: Es muss ehrlich und authentisch sein. Ich finde es gut, wenn beim Gottesdienst Menschen auf der Altarinsel stehen, die auch im normalen Schulalltag vorkommen und einen Bezug zur Schulgemeinschaft haben. Dann können die Schülerinnen und Schüler den Gottesdienst viel besser als „ihre Sache“ auffassen.

Es ist gut, wenn das Thema die Schülerinnen und Schüler trifft. Wenn man sich an einer Schule aufhält und mit Schülerschaft, Kollegium und Schulpsychologen in Kontakt steht, erfährt man einiges, was gerade „dran“ ist. Aber am besten ist es, die Schülerinnen und Schüler bringen ihre Themen selbst ein. Da dürfen sie auch Formen ausprobieren, die in eine klassische Liturgie nicht passen würden. Da darf dann auch mal etwas nicht so glatt laufen. Das ist dann wie ein Labor für neue gottesdienstliche Formen.

Es ist einfach klasse, wenn viele beteiligt sind und nicht nur Seelsorgende, sondern viele Menschen im Altarraum stehen und es einfach wuselig ist. Natürlich ist dann nicht alles ruhig wie bei einer Sonntag-8-Uhr-Messe. Daran darf man sich nicht stören.

Das kann aber auch ganz anders sein: Ich erinnere mich an einen ganz ruhigen Gottesdienst mit meditativen Bildern und Symbolen, den wir einmal vor Ostern gefeiert haben. Ich konnte damals nicht viele Leute beteiligen, also habe ich mich für eine ganz reduzierte Form entschieden und der Gottesdienst wurde gut angenommen. Schülerinnen und Schüler suchen auch nach Symbolen, um sich ausdrücken zu können und auch das kann ein Gottesdienst einbeziehen.

Wir müssen auf jeden Fall dankbar sein, dass es Schulgottesdienste gibt: Wo sonst kann man hunderte von Jugendlichen mit Kirche in Kontakt bringen und ihnen die Gelegenheit geben, sind selbst in diesem Rahmen zu erleben? Für mich ist das ein großes Geschenk, bei dem wir den Jugendlichen unbedingt etwas mitgeben sollten, damit sich der Besuch für sie lohnt.

In Deutschland sind etwas weniger als die Hälfte der Menschen christlich. Die Austrittszahlen steigen von Jahr zu Jahr. Merken Sie das bei den Gottesdiensten in der Schule?

Obwohl das Apian Gymnasium im bürgerlich geprägten Ingolstädter Süd-Westen liegt, haben wir immer mehr Schülerinnen und Schüler, die keiner Kirche angehören. Wir haben deshalb parallel zu den christlichen Gottesdiensten eine Veranstaltung der Ethik-Fachschaft, die ebenso einen anspruchsvollen Input liefert.

Bei Schulgottesdiensten verschwinden viele Grenzen, die wir in den Kirchen noch erleben: Konfessionen spielen bei vielen Schülerinnen und Schülern keine Rolle mehr, manchmal nicht einmal mehr die Religionszugehörigkeit. Ich sehe darin eine Chance, wenn die Trennlinie „Ich bin doch gar nicht fromm!“ überwunden werden kann.

Mir ist es lieber, einen Gottesdienst offen zu feiern, so dass sich auch Schülerinnen und Schüler in ihm finden können, die wenig oder keinen religiösen Hintergrund haben oder gerade an ihrer Religion zweifeln – das sind ja in der Pubertät die meisten, auch unter den Getauften. Mein Angebot lautet: Das ist meine Meinung, aber es gibt noch viele andere, die vielleicht sogar bei diesem Gottesdienst vertreten sind. Du hast die Freiheit, selbst zu entscheiden, was du glaubst.

Wie hat sich aufgrund dieses multireligiösen Einflusses die Form verändert?

Ich glaube, dass die Form von Schulgottesdiensten weiter geworden ist und sich immer weniger an Sonntagsgottesdiensten orientiert. Das ist auch nötig so, weil der Umgang mit Religion vielschichtiger und diverser wird. Das gilt für die Getauften ebenso wie für andere. Da wird zwischen Lobpreis-Fans, Intellektuell-Fragenden, Performern, Aktiven in den Gemeinde und manchmal sogar Ablehnenden ausgehandelt, welche Gestalt der nächste Gottesdienst hat. Vor allem bei den Abiturgottesdiensten, bei denen die Absolvia noch einmal etwas zeigen möchten, zeigt sich diese Vielfalt. Und wenn jeder und jede mitgestalten darf und niemand allein die Oberhand übernimmt, kommen überraschende und ansprechende Gottesdienste heraus.

Vorlagen und Ideen zu Schulanfangsgottesdiensten finden Sie hier auf unserer Homepage.

Termine

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Freitag, 05. April
Wochenendseminar: Kräuterjahr I - IV
Ort: Kloster Plankstetten
Veranstalter: Benediktinerabtei Plankstetten und Diözesanbildungswerk Eichstätt e. V.
Donnerstag, 11. April
Ausbildung Kursleitung Waldbaden II / III
Ort: Kloster Plankstetten
Veranstalter: Benediktinerabtei Plankstetten und Diözesanbildungswerk Eichstätt e. V.
Freitag, 19. April
Bildungsreise: Rüdesheim-Assmannshausen im Rheingau ACHTUNG AUSGEBUCHT!
Veranstalter: KDFB-Diözesanverband Eichstätt Bildungswerk e. V.
Samstag, 20. April
10.00 Uhr
Liturgisches (und gesundes) Singen für Priester und Diakone
Ort: Johanneszentrum, Ringstraße 61, 92318 Neumarkt i. d. Opf.
Veranstalter: Fachbereich Kirchenmusik
20.00 Uhr
Theater "Die Ladenhüter" Weiberleitgschichten
Ort: Ingolstadt-Gerolfing, Kath. Pfarrheim
Veranstalter: KDFB Zweigverein Ing.-Gerolfing
Dienstag, 23. April
20.00 Uhr
Frauenfilmabend: Der Zopf
Ort: Eichstätt, Altes Stadttheater, Altstadtkino
Veranstalter: KDFB-Diözesanverband Eichstätt Bildungswerk e. V.
Mittwoch, 24. April
19.00 Uhr
Frauenabend "Humor - Eine Lebenskraft"
Ort: Beilngries, Kath. Pfarrheim
Veranstalter: KDFB-Diözesanverband Eichstätt Bildungswerk e. V.
19.00 Uhr
Bezirksveranstaltung LV: Die Macht, mit dem Einkaufskorb etwas zu verändern
Ort: Wemding, Haus St. Emmeram
Veranstalter: Landfrauenvereinigung LV

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