Zum Inhalt springen

Weiter auf dem Weg bleiben

Erinnerungen an 50 Jahre Ökumenismus-Dekret/Studientag beleuchtet Lage im Bistum

Ort und Zeit hätten nicht treffender sein können. Am 21. November, auf den Tag genau 50 Jahre nach der Verkündigung des Ökumenismus-Dekrets „Unitatis redintegratio“ (siehe „Wortlaut“, S. 31), trafen sich im Eichstätter Priesterseminar und im Collegium Orientale (COr) mehr als 150 Interessierte, um über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Ökumene im Bistum zu reden. Dabei zeigte sich, dass die fünf Jahrzehnte alte Verordnung noch heute aktuell ist und „wirkmächtige Impulse“ gab und weiter gibt, wie es im Einladungsschreiben zur Veranstaltung heißt.

Im Speisesaal des COr empfingen der Ökumenebeauftragte der Diözese Eichstätt, Domkapitular Alois Ehrl, und COr-Rektor Dr. Oleksandr Petrynko die Teilnehmer und servierten zum Begrüßungskaffee „katholisches und evangelisches Schmalzgebäck“. Petrynko macht deutlich, dass es das COr ohne das Ökumenismus-Dekret nicht gäbe. Sowohl seine Statuten als auch die Regeln für das Zusammenleben im Alltag entstammten dem epochemachenden Konzilsdokument.

An der Basis klappt es

Die Ökumenekommission des Bistums Eichstätt, der Diözesanrat der Katholiken und das Diözesanbildungswerk wollten mit dem Treffen „an die Früchte des Dekrets“ erinnern und zeigen, wie es um die Ökumene derzeit steht. Wer sich ein Bild vom Status quo machen wollte, bekam in einer kleinen Ausstellung einen Eindruck vom überaus vielfältigen ökumenischen Leben in einigen Pfarreien. Wie Domkapitular Ehrl im Gespräch mit der Kirchenzeitung deutlich machte, gebe es durchaus reichlich Zeugnisse für Ökumene (siehe auch Seite 31), allerdings „haben wir auch noch weiße Flecken auf der Bistumskarte“.

Besonders stolz zeigte sich Ehrl auf die Situation in seinem Dekanat. In Schwabach zählt die Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen (AcK) sechs Mitglieder, darunter neben der evangelisch-lutherischen und der katholischen Kirche auch die Baptisten. Vom ökumenischen Reichtum zeugten der Stand im COr ebenso wie das umfangreiche Jahresprogramm mit gut 20 Veranstaltungen, darunter ein gemeinsames Osterfeuer auf dem Marktplatz, eine Nacht der Lichter und ein Fußballspiel zwischen der DJK Schwabach und einer ökumenischen Mannschaft (die KiZ berichtete mehrfach).

Seit 20 Jahren engagiert sich Rosemarie Meinhold in der Ökumenearbeit. „Ich habe damals gemerkt, dass ich alleine nichts bewegen kann“, begründet sie ihr Engagement in dem Zusammenschluss der Kirchen. Die evangelische Christin steht zusammen mit Doris Novotny von der katholischen Kirche an der Spitze der AcK. Die beiden sind miteinander befreundet und zwischen ihren Wohnungen liegen drei Kilometer. „Da ist vieles einfacher“, sagt Novotny, und verrät auch, dass sie „manchmal etwas ungeduldig“ werde, „wenn ich sehe, wie wenig Fortschritte wir erzielen“. In den letzten Jahren sei ihr alles „etwas zu langsam gegangen“. Es gebe zwar positive Entwicklungen und ein gutes Miteinander, aber die klassischen Streitpunkte bestünden nach wie vor: „Es muss doch möglich sein, am Sonntagvormittag einen gemeinsamen ökumenischen Gottesdienst zu feiern“, dies sei „eine Hürde, die man doch überwinden kann“, äußert sie überzeugt ihren Wunsch. An weiteren Ständen warb das Forum Ökumene für Vorträge und Lesungen im Kloster Heidenheim, wies das Dekanat Ingolstadt auf einen jährlichen Pilgerweg und ökumenische Schulanfangsgottesdienste hin, stellte die ökumenische Männergruppe „Man(n) trifft sich“ aus Allersberg eine Krippe mit der Skyline von Frankfurt aus und warb für sich.

Kritische Zeitzeugen

Von „paradigmatischen Inhalten“ und einem Novum sprach Professor Manfred Gerwing mit Blick auf den Erlass des Dekrets 1964. Der Vorsitzende der Ökumene-Kommission des Bistums Eichstätt saß im Jesuitenrefektorium gemeinsam mit Professor Markus Buntfuß auf dem Podium. Die beiden Wissenschaftler von der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (Gerwing) und der (evangelischen) Augustana Hochschule in Neuendettelsau stellten unter der Moderation von KiZ-Redaktionsleiter Michael Heberling, ihre Überlegungen zur Ökumene vor. Das Dekret verpflichte die Katholiken zum sachlichen Dialog und zum theologischen Studium, zur intensiveren Auseinandersetzung mit der eigenen Religion. Die 50 Jahre alten Aussagen „verdienen es, auch heute noch in den Fokus gerückt zu werden“, erklärte der Dogmatikprofessor. Von der „Dialogökumene und der Lehrökumene“ sprach Buntfuß in seinem Kurzreferat. Zum einen gebe es eine „Ökumene der Herzen und der Hand“, diese manifestiere sich in der Basisarbeit, wie sie in der  Ausstellung zu sehen sei. Zum anderen sei da aber auch eine dogmatische und kirchenrechtliche Diskussion, die eine Konsensfindung erschwere. Dem Fall der Berliner Mauer seien „keine jahrelangen politischen Diskussionen vorausgegangen“, wagte Buntfuß einen optimistischen Ausblick.

Zum Teil ernüchternde Erfahrungen im Bereich der Ökumene stellte Eichstätts früherer Generalvikar Johann Limbach in einem Zeitzeugengespräch vor. In den 1950er-Jahren „war das Verhältnis gespannt“, berichtete er. In der Jugendarbeit in Nürnberg sei das anders gewesen, machte Klaus Wolf deutlich. Hier habe es eine konstruktive Zusammenarbeit gegeben, allerdings „wollte jeder seine eigene Jugend behalten“, stieß die Kooperation auch da an Grenzen.

Mit einem ökumenischen Gottesdienst, der ganz im Zeichen des Austauschs stand, endete der Studientag. Im Eichstätter Dom standen Vertreter von neun Kirchen am Altar. Bischof Gregor Maria Hanke machte in seiner Ansprache deutlich, dass die Einheit der Christen nicht nach Art von Koalitionsverhandlungen oder Schiedssprüchen zu erreichen sei. Neben dem gemeinsamen Beten und Handeln sei für den weiteren ökumenischen Weg die Bereitschaft zur Umkehr und die Hinwendung zu Jesus Christus entscheidend.

Andrea Franzetti, Kirchenzeitung Nr. 48 vom 30. November 2014