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Statt Multimedia gibt?s Miteinander

Vor 35 Jahren eroberten junge Leute die Schneemühle – und bauen immer noch daran

Freiwillig die Fenster putzen? Das würde Paulina daheim nicht einfallen. Warum es in der Schneemühle ganz anders ist, erklärt die junge Beilngrieserin ganz kurz: „Man macht‘s einfach zusammen.“ Dieser Satz sagt viel über den Geist des alten Hauses nahe der Abtei Plankstetten. Schon seit 30 Jahren ist es eine Begegnungsstätte für junge Menschen. Diese lange Zeit spiegelt sich in allen Winkeln und Ecken wieder. „Jede Generation stellt sich den Herausforderungen dieses alten Hauses“, heißt es auf der Internetseite der Schneemühle. „Es wird renoviert, gestrichen, umgeräumt, zurückgeräumt, diskutiert, gestritten, versöhnt und es entsteht immer wieder eine Gemeinschaft.“

Wer auf Konsum und Komfort nicht verzichten kann, ist in der Schneemühle falsch. ,Es gibt keine Duschen auf den Zimmern, keinen Fernseher, keine Mikrowelle und keinen Internetzugang im Haus. Wichtigstes Kommunikationsmittel ist, wie in alten Zeiten, die Glocke an der Eingangstür, die die die quer übers Anwesen verstreuten „Mühlis“ zusammenruft.

Zu Beginn der -Sommerferien heißt es in der Schneemühle traditionell: „Miteinander leben und arbeiten“. Eine Woche lang können junge Leute ab 14 Jahren die Atmosphäre des Jugendhauses kennenlernen. Christoph Baumann aus Sindersdorf bei Hilpoltstein war 15, als er sich mit dem Schneemühlen-Virus infizierte. Heute ist der 25-Jährige, den alle nur Baumo nennen, der Dienstälteste im Kreis der etwa 20 festen ehrenamtlichen Mitarbeiter. „Momentan haben wir einen kleinen Generationswechsel“, verweist er auf die 16-, 17- und 18-Jährigen, die mit ihm am langen Holztisch des Speisesaals sitzen und von denen manche schon als Neun- oder Zehnjährige  ihre erste Kinderfreizeit in der Schneemühle erlebt haben. „Wenn wir vom Mitarbeiterkreis sehen, da könnte jemand Verantwortungübernehmen, dann erheben wir ihn in den Schnupperer-Rang“, erzählt Baumo, „und wenn man sich dann ein Jahr lang gut geschlagen hat, wird man feierlich gefragt, ob man Mitarbeiter werden möchte“. Ein wissendes Grinsen erscheint auf den Gesichtern der Eingeweihten und lässt ahnen, dass da noch ein kleiner Haken ist: Jeder, der in den Kreis aufgenommen wird, bekommt auf dem Gelände hinter dem Haus die „Tümpeltaufe“ verpasst. Die vier Tümpel sind ein Lieblingsplatz bei jungen Gästen, im Sommer spannen die Betreuer ein Seil zum Balancieren darüber.

Klösterlicher Begleiter

„Tatkräftige Leute“, lobt Pater Pius Wichert das Mühlen-Team. Er ist geistlicher Begleiter des Jugendhauses, so wie vor ihm der jetzige Abt Beda M. Sonnenberg. So wie die Schneemühle vor 100 Jahren ein Wirtschaftsgebäude der Abtei Plankstetten war, so gehört sie auch heute noch, als Jugendhaus, zum Kloster. Die jungen Leute stehen zu dieser -Verbindung. „Unser Motto lautet immer noch: einfach, gemeinsam, christlich“, zitiert Baumo das Leitmotiv, unter dem das Haus einst eröffnet wurde. „Deshalb gehört immer noch zu jeder Veranstaltung ein Gottesdienst, genauso wie wir morgens und abends eine Besinnung halten.“

Pater Pius ist aber nicht nur spirituell gefragt, sondern geht auch zu den Besprechungen des Mühlenrats, bei denen es oft um anstehende Renovierungen geht. Ein großer Brocken war vor  knapp zehn Jahren der Einbau einer Hackschnitzelheizung.  Andere Arbeiten, wie Weißeln oder Gartenarbeiten, kehren immer wieder. Baumo ist als gelernter Elektriker so ziemlich der Einzige, der das Gewirr von Leitungen im Haus durchblickt. Die größte Herausforderung aber steht ihm und dem Team erst bevor: Eine Brandschutzsanierung steht an. Das schreiben die Behörden für ein Jugendhaus vor und die Finanzierung steht auch. Trotzdem, meint Baumo wehmütig, „das wird ein Einschnitt“.

Zur Geschichte des Jugendhauses haben stets auch Zivis, später FSJ-ler gehört, die die Veranstaltungen im Haus koordinieren und „Mädchen für alles“ sind. Gerade schließt die ehemalige Landjugend-Diözesanvorsitzende Steffi Härtl ihr Freiwilliges Soziales Jahr an der Schneemühle ab – Nachfolger(in) dringend gesucht! Wer das Flair des Hauses selbst einmal erleben will, hat dazu bald Gelegenheit: Vom 4. bis 6. September steigt wieder das traditionelle Mühlenfest.

Gabi Gess, Kirchenzeitung Nr. 34 vom 23. August 2015