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Sei besiegelt ... aber wann?

Welches ist das rechte Firmalter? In Neumarkt gibt es zwei Ansichten

Nein, das sei keine persönliche Konfrontation, stellen beide gleich zu Anfang klar. Der Neumarkter Dekan, Monsignore Richard Distler, Pfarrer der Hofpfarrei und sein Nachbar, der Pfarrer von St. Johannes, Domkapitular Norbert Winner, sind dank eines Artikels in der Lokalpresse zu Protagonisten unterschiedlicher Philosophien bezüglich des Firmalters geworden (siehe Statements rechts und links). Während in der Hofpfarrei alles traditionell abläuft und die Buben und Mädchen mit 12 Jahren das Sakrament der Firmung erhalten, werden die Kinder in der benachbarten Pfarrei St. Johannes demnächst mit 16 Jahren zur Firmung gehen.

Pastorales Experiment

Die Debatte über die Frage ‘Wann sind Kinder reif für die Firmung?’ ist schon einige Jahre alt und beschäftigt nicht nur die Gemeinden in Neumarkt. Der Diözesanpastoralrat des Bistums diskutierte die Frage schon desöfteren, durchaus kontrovers, berichtet Domkapitular Winner, der dem Gremium als Vertreter des Priesterrats angehört. Man sei damals zu dem Entschluss gekommen, dass die jeweilige pastorale Situation vor Ort ausschlaggebend dafür sein müsse, in welchem Alter das Firmsakrament gespendet werden solle. Ausdrücklich wurde ermutigt, hier ad experimentum neue Wege zu gehen und sie (selbst-)kritisch auszuwerten.

Firmung das heißt ja, die Kinder übernehmen das Taufversprechen, das ihre Eltern und Paten für sie abgegeben haben in die eigene Verantwortung. Sie sind danach Katholiken mit allen Rechten und Pflichten. Entsprechend der Wortbedeutung des lateinischen „firmare“ (= bestärken, festigen, ermutigen) soll das Sakrament der Bestärkung des jungen Menschen in seinem Christsein dienen. „Die Kraft des Heiligen Geistes verleiht Standvermögen und ermutigt, Verantwortung für sich und die Gemeinschaft zu übernehmen“, informiert die Internetseite „katholisch.de“ alle, die nach solchen Informationen suchen oder zufällig darauf stoßen. Dort steht auch: „Das Sakrament der Firmung vertieft in besonderer Weise den Übergang vom Kindsein zum Erwachsenwerden“. Ist dieser Übergang aber mit zwölf Jahren schon erreicht? Jeder Firmling darf selber entscheiden, ob er sich firmen lässt oder nicht. Kann er das mit zwölf Jahren? Die Firmkatechese, also die inhaltliche Vorbereitung durch eine Katechetin oder einen Katecheten, oft in Verbindung mit Religionslehrern und den hauptamtlichen pastoralen Mitarbeitern in der Pfarrgemeinde, soll die Mädchen und Jungen dort abholen, wo sie stehen. Wo aber steht man mit zwölf, stehen alle an der selben Stelle? Und die Sache mit dem Firmpaten: Junge Menschen sollten sich ihren Firmpaten, an dem sie sich orientieren können und von dem sie Impulse für ein gelingendes (Glaubens-)Leben erhalten sollen, selbst aussuchen. Können das Zwölfjährige?

Blumig wird weiter geworben, gemeinsam sollen sich alle Beteiligten auf eine Entdeckungsreise zu sich selbst machen, zu ihren Hoffnungen und Zweifeln: „Erfahrungsgemäß wächst jedes Mal eine Gemeinschaft zusammen, die auch nach der Firmung bestehen bleibt“, macht die katholische Internetseite Mut. Die Realität sieht anders aus. Aber ändert die Heraufsetzung des Firmalters etwas an diesem Phänomen?
In St. Johannes jedenfalls will man mit einem Drei-Phasen-Modell, das Besinnungswochenenden, eine Wallfahrt, intensives und bewusstes Erleben der Liturgie im Jahreskreis beinhaltet, stärkere Spuren im Glaubensleben der jungen Menschen einprägen, die sich auf den Weg der Firmung mit 16 machen. Verunsicherte, besorgte oder ganz und gar nicht experimentierfreudige Firmlingseltern, das haben die beiden Neumarkter Stadtpfarrer brüderlich vereinbart, dürfen ihr Kind in die Nachbarpfarrei schicken, wo es ganz traditionell mit zwölf Jahren gefirmt wird. Die evangelischen Kollegen der beiden Neumarkter katholischen Geistlichen schauen übrigens mit gespanntem Interesse auf den Probelauf in St. Johannes, denn über die Konfirmation wird ähnlich diskutiert.

Allen, die sich jetzt selbst ein Bild machen wollen, gibt das Referat Gemeindekatechese der Diözese Eichstätt Hilfestellung, es bietet unter anderem verschiedene Konzepte zur Firmvorbereitung an. Wer sich intensiver damit befassen will, hat dazu Gelegenheit bei einer „Firmbörse“ am 6. Juli, von 9.30 bis 16 Uhr im Bistumshaus Schloss Hirschberg. Bei der Veranstaltung für Verantwortliche in der Firmpastoral lernt man unterschiedliche Firmmodelle und Materialien der Firmvorbereitung kennen und kann Erfahrungen austauschen. Die Leitung hat Pastoralreferent Georg Brigl.

Michael Heberling, Kirchenzeitung Nr. 21 vom 26. Mai 2013