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Weil unser Leben von Gott erzählt

Ende April startet ein Pilotprojekt zum Jahr des Glaubens / Leiter stellten Konzept vor

Als Papst Johannes XXIII. vor 50 Jahren wieder einmal zu hören bekam, wie großartig seine Idee gewesen sei, mit der Hilfe des Heiligen Geistes ein Konzil einzuberufen, da erwiderte der Pontifex: „Es ist nicht der Heilige Geist, der dem Papst hilft. Vielmehr bin ich sein Helfer. Er hat alles getan. Das Konzil ist seine Idee.“

In sich hineinzuhorchen und die Stimme Gottes zu hören, wie es der Papst einst tat, das ist auch das Anliegen eines Pilotprojekts zum Jahr des Glaubens (die KiZ berichtete), das jetzt in Eichstätt öffentlich präsentiert wurde. Es trägt den Titel: „Unglaublich – wie unser Leben von Gott spricht“. Bischof Dr. Gregor Maria Hanke OSB, der Initiator des Projekts, lädt dazu ein, zu entdecken, „dass unser Leben ein Buch ist, in das Gott schreibt“. Gerade in der Rückschau erschließe sich Manches als Botschaft von Gott, als Weiterführung auf dem Weg, verwies der Bischof im Gespräch mit der KiZ auf die Chance, „die Realität des Lebens im Licht Gottes zu sehen“.

Zweierlei Ansätze verfolgt das Projekt, das Ende April starten soll:? Zum einen soll es in Gruppenarbeit darum gehen, persönliche Lebens- und Glaubenserfahrung zu Tage zu fördern und auszutauschen. Darüber hinaus werden Texte der Bibel im Licht des alltäglichen Lebens betrachtet. Diesen Part übernimmt der Eichstätter Diözesanpriester Professor Franz Sedlmeier. Der 58-Jährige, der aus Fribertshofen bei Berching stammt, ist Inhaber des Lehrstuhls für Alttestamentliche Wissenschaft an der Universität Augsburg und Mitglied der Päpstlichen Theologischen Akademie. Ins Boot holte der Bischof außerdem die Wissenschaftlerinnen Ruth Seubert und Dr. Bettina-Sophia Karwath vom Lehrhaus für Psychologie und Spiritualität in Marktheidenfeld (siehe Kasten auf S. 5). Sedlmeier kannte die beiden bereits, ehe es nun zur Zusammenarbeit im Rahmen des Eichstätter Pilotprojekts kam.

Was die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dabei erwartet, das wollten beim Info-Nachmittag im Bischöflichen Seminar Eichstätt rund 60 Interessierte wissen. Priester und Laien, Ordensleute und Ehepaare, Haupt- und Ehrenamtliche informierten sich über das Vorhaben, das nach Worten von Generalvikar Domkapitular Isidor Vollnhals keine Konkurrenz zu den Angeboten der Katholischen Bildungswerke darstellen möchte, sondern sich als Ergänzung verstehe.

Statt Glaubensinhalte zu transportieren, „wollen wir erstmal das Leben selbst befragen“, begann Karwath ihren Vortrag, in dem sie zunächst auf die Säkularisierung in Kirche und Gesellschaft einging. Religiöses Leben werde immer mehr abgekoppelt vom weltlichen Leben. Stattdessen sei zum Beispiel eine Überhöhung weltlicher Bereiche festzustellen, „das kennen wir aus dem sportlichen Bereich, da kommen heute die Vorbilder her“. Dass auch innerkirchlich Vieles abbröckelt, zeigte Karwath am Beispiel eines Cartoons auf: „Na, dann hätten wir ja erst mal wieder Ruhe“, atmet eine Mutter auf, als sie das Kommunionkleid ihrer Tochter in den Schrank hängt. Das Pilotprojekt der Diözese Eichstätt – im Jahr des Glaubens und zum 50. Jahrestags des Konzilsbeginns – verstehe sich als Antwort auf diese Zeichen der Zeit, stellte die Theologin fest. Es orientiere sich an einen berühmten Satz von Papst Johannes Paul II.: „Der Weg der Kirche ist der Mensch“ (aus der Enzyklika „Redemptor Hominis“).

Franz Sedlmeier stellte in Anlehnung an das Motto des Pilotprojekts fest  „Unglaublich – wie die Bibel von unserem Leben spricht“. In immer neuen Worten und Bildern werde dort vom Geheimnis des Lebens und vom Geheimnis Gottes erzählt und in erstaunlicher Weise benenne die Bibel die Abgründe, die Hoffnungen, die Größe des Menschen. „Es soll hier darum gehen, die Bibel als Lebensbuch zu entdecken“, kündigte Sedlmeier an und erläuterte aus biblischem Blickwinkel drei Grundvollzüge des Lebens und Glaubens: Hören, Antwort geben, Mitsein. „Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt“, heiße es in der Offenbarung des Johannes. Dies bedeute, kirchliche „Hörräume“ zu bilden, „wo wir gemeinsam lauschen“. Der Hörende sei derjenige, „mit dem Gott die neue Zukunft vorbereitet“, stellte der Alttestamentler fest und präsentierte auch dazu ein Beispiel: „Rede Herr, denn dein Diener hört“ wird der junge Samuel zitiert, der später zum Propheten wurde – in einer Zeit des Umbruchs, in der es, so Sedlmeier, „drunter und drüber ging“. Die Propheten machten auch deutlich, dass ein Gottesdienst, so schön und feierlich er auch zelebriert werde, nicht zum Ritual mit anschließendem gutem Gewissen werden dürfe. Vielmehr müsse er aufrütteln, hellhörig machen für die Belange der Menschen. Aus dem Glauben heraus Antwort zu geben, das bedeute, Verantwortung zu übernehmen, meinte er und nannte Beispiele von der Nachbarschaftshilfe bis zum kirchlichen oder politischen Ehrenamt. Nicht zuletzt bedeute der Glaube auch Miteinander, Bildung von „Zellen des Lebens“ wie Kleine Christliche Gemeinschaften oder Bibelkreise.

„Der mündige Christ ist jener, der in Freundschaft, in Intimität mit Jesus Christus lebt und bereit ist, sich in der Gemeinschaft der Kirche zu engagieren“, hatte Bischof Hanke in seiner Einladung zum Info-Treffen geschrieben. Sein Fazit am Ende des Nachmittags: „Wenn wir Menschen einladen wollen, sich für den Weg des Glaubens zu interessieren, dann müssen wir sie heute ganzheitlich in ihrer Persönlichkeit abholen.“

Ausdrücklich hatte der Bischof zu dem Projekt auch Menschen eingeladen, die nicht religiös sozialisiert oder auf der Suche sind. Ruth Seubert bekräftigte dies im Gespräch mit der KiZ: „Es ist keine Schande, Zweifel zu haben, sondern es ist wichtig, dass diese ernst genommen werden. Wir freuen uns auf die Vielfalt von Meinungen und ich bin überzeugt, dass jeder wenigstens ein Stück seines eigenen Weges findet“.

Armin Höhnemann hat diesen Weg gefunden. Der Pfarrgemeinderat aus Hilpoltstein, der gemeinsam mit fünf Gleichgesinnten am Info-Nachmittag in Eichstätt teilnahm ist getaufter Christ, lebte aber jahrzehntelang als Atheist, hatte er sich doch als junger Geschichtsstudent mit den Verfehlungen der Kirche auseinandergesetzt. Erst viel später sei ihm bewusst geworden, dass die Kirche nicht nur aus Herrschern und Heiligen bestehe, sondern dass er selbst Teil von ihr sei. Heute kennt Höhnemann viele Leute, „die wirklich ganz stark auf der Suche sind, aber keine Antworten finden.“ Um diese zu geben, „da muss man sich natürlich selber festigen“. Deshalb finde er es sehr gut, „dass diese Aufgabe in Bahnen gelenkt wird, dass formale und organisatorische Unterstützung von der Diözese kommt.“                          

Gabi Gess, Kirchenzeitung Nr. 11 vom 17. März 2013