Zum Inhalt springen

„G`scheit essen“ – was heißt das?

Diese Frage stand beim ersten diözesanen Schöpfungstag auf de Habsberg im Mittelpunkt

Tiefkühl-Erdbeeren aus China, die in Ostdeutschland zu Brechdurchfall-Epidemien führen – davon berichteten die Medien unlängst. Und auch am Habsberg, beim ersten diözesanen Schöpfungstag am vergangenen Sonntag, wurde über den Vorfall nachgedacht. Warum muss eine Schulküche überhaupt im September ein Dessert mit Erdbeeren anbieten? Und warum kommen nicht stattdessen heimische Früchte der Saison auf den Tisch? Stand das Treffen doch unter dem Motto „G’scheit essen mit Genuss und Verantwortung“ und drehte sich um das Thema nachhaltige Ernährung.

Zielgruppe waren insbesondere Familien mit Kindern, für die es im Haus am Habsberg, der Umweltstation des Landkreises Neumarkt zu Füßen der Wallfahrtskirche, Angebote rund um die Kartoffel gab, unter anderem die Einladung zum Erdäpfelklauben. Doch die Gummistiefel mussten im Kofferraum bleiben. Die Aktion fiel aus, weil es den ganzen Morgen über geregnet hatte. „Jetzt heißt’s improvisieren und alles nach innen verlagern“, meinte Lisa Amon vom diözesanen Umweltreferat, kurz bevor die ersten Gäste eintrafen, und fügte entschlossen hinzu: „Für einen Schöpfungstag gibt es kein schlechtes Wetter!“

Der Hausherr am Habsberg, Archimandrit Dr. Andreas-A. Thiermeyer – er ist auch Umweltbeauftragter des Bistums – begrüßte kurz darauf in der Wallfahrtsgaststätte besonders Bischof Dr. Gregor Maria Hanke OSB und den Neumarkter Landrat Albert Löhner und hob hervor: „Zwei Haltungen sind es, die alle Religionen hinsichtlich der Schöpfung uns lehren: Respekt und Hoffnung.“

Wer Respekt vor der Würde des Menschen und der Umwelt habe, der dürfe auch Hoffnung haben. Denn „wer soll denn Hoffnung haben, wenn nicht wir Christen?“ Martin Schmid vom Haus am Habsberg kritisierte in seiner Begrüßung, dass Verbraucher heute nicht mehr nachvollziehen könnten, wie und wo ihre Nahrung produziert werde und oft verwirrt vor den Regalen stünden. „Informieren Sie sich, werden Sie ein kritischer Verbraucher!“, rief er.

Einen Willkommensgruß an die Gäste richteten auch Hannah Lehner von der Katholischen Landjugend (KLJB), Michael Graml vom Landvolk (KLB) und Bernd Grünauer vom Diözesanrat, ehe Bischof Hanke und Landrat Löhner am Podium Platz nahmen. Sie sollten erklären, was ihnen beim Slogan „G’scheit essen mit Genuss und Verantwortung“ in den Sinn kommt.

Manna und Weinwunder

Der Bischof tat dies mit Blick auf die Heilige Schrift und stellte fest: „Aus der biblisch-christlichen Tradition ergeben sich Faustregeln, die unserem täglichen Umgang mit der Nahrung und deren Herstellung Kompass-Funktion geben können.“

In den Psalmen etwa gebe es „wunderbare Passagen“, in denen Nahrung als Geschenk Gottes beschrieben werde – kein Privatbesitz einiger Weniger, sondern etwas, worauf alle Menschen Anrecht hätten. Auch in den neutestamentlichen Briefen sei immer wieder die Rede davon, beim Essen nicht in Übermaß zu verfallen, während andere Hunger litten.

Dieses Maßhalten müsse aber nicht mit einer Verflachung der Geschmackssinne einhergehen, sei doch sehr wohl auch in der Bibel die Rede von der besonders guten Nahrung: Wachteln und Manna beim Weg des Volkes Israel durch die Wüste in das gelobte Land, in dem Milch und Honig fließen. Auch das Neue Testament erzähle vom Weinwunder zu Kana und vom Brotwunder im Johannesevangelium. In all diesen Quellen stehe gute Nahrung in Zusammenhang mit der besonderen Nähe Gottes. Das Tischgebet zeige: „Für uns Christen ist Essen mehr als nur Sattwerden.“

Landrat Löhner kritisierte in seinem Kurzreferat die Überflussgesellschaft, der das Bewusstsein für den Wert von Lebensmitteln abhanden gekommen sei und brach eine Lanze für regionale Produktion und Vermarktung. Sie mache weite Transportwege überflüssig und trage zur Wertschöpfung vor Ort bei.

Doch der Regionalisierung stehe der gewaltige, alles mitreißende „Mainstream der Globalisierung“ gegenüber. „Bei der Globalisierung entscheiden andere über unser Schicksal, aber zur Regionalisierung könnten alle beitragen: Vielleicht könnte dieser diözesane Schöpfungstag ein Impuls sein, um der Regionalisierung mehr Schub zu verleihen.“

„Können Kommunen denn etwas unternehmen gegen die immer neue Ansiedlung großer Discounter?“ – diese Frage, die bei der anschließenden Diskussionsrunde gestellt wurde, beantwortete der Landrat mit der Feststellung: „Ich kenne keinen Bürgermeister, der sich dem Druck entziehen kann. Jeder will einen Aldi, jeder will einen Lidl, jeder will einen Netto. Der Verbraucher will diese Discounter haben.“

Bernd Grünauer gab zu bedenken, dass für viele Menschen der Einkauf im Bioladen oder auf dem Bauernmarkt ganz einfach am Geld scheitere. Lisa Amon hingegen meinte: „Regional muss nicht automatisch teuer sein.“ Aber um aus einfachen Produkten der Region etwas zu machen, „da muss ich auch kochen können und da sehe ich großen Handlungsbedarf. Da geht in unserer Gesellschaft gerade ganz viel verloren.“  [...]

Gabi Gess, Kirchenzeitung Nr. 42 vom 14. Oktober 2012