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Zwischen Hobby und Sucht

Lehrer lernen Geocaching kennen / Moderne Schnitzeljagd für den Religionsunterricht

Bei vielen Zeltlagern und beim Kindergeburtstag gehört sie zum Standardprogramm: die Schnitzeljagd. Bei dem Geländespiel für Jung und Alt muss eine Gruppe einer Spur aus Sägemehl oder Papierschnipseln folgen, um eine andere Gruppe zu finden, oder um an einen Zielort zu gelangen und einen versteckten Schatz zu heben. Gerade für Kinder ist so eine Schatz-suche immer etwas Spannendes und Aufregendes. Was hat das nun mit Geocaching zu tun? Geocaching, was ist das überhaupt? Die Medienzentrale Eichstätt bot jetzt in einer Lehrerfortbildung zum Thema „Geocaching als Methode in Unterricht und (Schul-)Pastoral“ Antworten, und die Teilnehmer konnten – im wahrsten Sinne des Wortes – „auf die richtige Spur kommen“.

Tupperdose im Wald

„Geocaching ist nichts anderes als eine moderne Form der Schnitzeljagd“, verdeutlicht Oliver Rippberger. Der Religionspädagoge und stellvertretende Leiter der Medienzentrale Würzburg ist seit 2008 leidenschaftlicher Geocacher. Beinahe jedes Wochenende macht er sich auf die Suche „nach dem Schatz im Acker oder der Tupperdose im Wald“. In einem theoretischen Teil erfahren die zwölf Lehrer und Pädagogen in der Fortbildung zunächst etwas über die Entstehung und die Geschichte des Geocaching. Die Meisten sind noch unerfahren im Geocaching. Eine Freundin habe ihr empfohlen mitzumachen: „Sie geht immer mit ihrem fünfjährigen Sohn auf die Suche, der ist immer ganz begeistert“, sagt Religionslehrerin Elfriede Seitz.

Nach den ersten Lektionen im Unterrichtsraum geht es raus: Die Teilnehmer begeben sich selbst auf eine von Rippberger installierte Geocachingtour. Dr. Thomas Henke von der Medienzentrale Eichstätt verteilt die Aufgabenbögen. Ausgerüstet mit GPS-Geräten und infiziert mit dem Schatzsucher-Virus geht es los. Die Zweierteams geben die Startkoordinaten ein. Gebannt blicken alle auf die kleinen Bildschirme. Die Kompassnadel auf der Digitalanzeige des GPS-Geräts rotiert und weist 15 Meter in westliche Richtung. „Hier muss es sein“, ist von den vordersten Teams  zu hören. Während einige sich noch mit der Technik vertraut machen, haben andere bereits das Wappen über dem Bischofspalais entziffert und damit die erste Aufgabe gelöst. Weiter geht es Richtung Schutzengelkirche. Über die Ostenstraße, und durch das Wiesengässchen führen die Wegpunkte bis an ein Wehr an der Altmühl. Dort offenbart eine Filmdose den letzten Hinweis. Gespannt machen sich die Amateurcacher mit den Zielkoordinaten auf die Suche nach dem Schatz. Zwei Baumstümpfe, auf die das GPS weist, sehen verdächtig aus. Tatsächlich ist zwischen ihnen eine Tupperbox versteckt. Darin befindet sich ein Logbüchlein. Eine typische Vorgehensweise beim Geocaching: Hat man ein Ziel erreicht und den Schatz, der meist in kleinen Dosen im Dickicht des Waldes versteckt ist, gefunden, darf man sich auf einer beiliegenden Liste oder in einem Logbuch mit Datum und Uhrzeit verewigen.

Koordinaten der Kirche

Auch Online kann man den Fund registrieren und Weg sowie Aufgaben für andere Geocacher bewerten. „Man sollte anfangs nicht zu übermütig sein und erstmal nur auf die Suche gehen, bevor man eigene Caches versteckt“, sagt Rippberger. Jeder Teilnehmer erhält eine Filmdose mit Hinweisen und Literatur, um selbst mit dem Geocaching anfangen zu können. „Das ist ein schmaler Grat zwischen Hobby und Sucht“, warnt Proficacher Rippberger mit einem Schmunzeln. Zum Abschluss zeigt er den Teilnehmern noch das Versteck eines echten Caches: Ein Vogelhaus ganz in der Nähe. Rippberger trägt sich auf der Liste ein und legt dem Versteck noch einen „Travelbug“ bei. „Travelbugs sind Geocachingmarken, die tausende Kilometer zurücklegen. Die hier stammt aus England und soll von Versteck zu Versteck wandern, bis sie irgendwann wieder an ihrem Ursprungsort zurückkommt“, erklärt er.

Es gebe unzählige Möglichkeiten Geocaching im Unterricht einzusetzen, sagt Rippberger. „Man kann ganz ohne Bezug zum Lehrplan arbeiten, beispielsweise an Wandertagen oder im Schullandheim. Dann steht der Spaßfaktor im Vordergrund und Gruppendynamik und Sozialverhalten werden gefördert“. Aber auch lehrplanbezogen lassen sich Themen erarbeiten. So könnten Schüler die Kirche und karitative Einrichtungen besuchen und Fragen dazu beantworten. Auch ein Jugendkreuzweg mit Stationen, das Gefängnis oder der Friedhof, und dazu passende Bibelstellen wären denkbar. „Geocaching ist ein vielfältiges und vielseitiges Phänomen für Kinder und Erwachsene, das Generationen verbindet. Dadurch ergeben sich zahlreiche Möglichkeiten im pädagogischen und pastoralen Bereich“, ergänzt Henke. „Für mich bedeutet Geocaching auch Jugendarbeit, damit kann man die Kinder in die Natur mitnehmen und einen anderen Zugang finden, um sie für religiöse Themen zu begeistern und das Lernen mit Spaß zu verbinden“, resümiert Rippberger. Einige Teilnehmer nutzen Geocaching bereits in ihrem Unterricht: Wolfram Wagner vom Ingolstädter Gnadenthal-Gymnasium plant mit seinen Schülern einen Wertetag mit einem Sternengang zur Spindeltalkapelle, „um Stärken zu stärken, damit die Kinder gemeinsam im Team ihr Ziel erreichen“. Aufgabe der Pädagogen ist es, die Heranwachsenden ein Stück weit auf den richtigen Lebensweg zu führen. Geocaching ist eine Möglichkeit dafür

Johannes Heim, Kirchenzeitung Nr. 19 vom 12. Mai 2013