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„Geht hinaus in die ganze Welt“

Wirken und Wege von Missionaren: missio lädt Pfarreien ein, eine Landkarte mitzugestalten

Goodbye Deutschland – unter diesem Motto werden im Privatfernsehen regelmäßig Leute vorgestellt, die alle Brücken hinter sich abbrechen und auswandern. Spannende Geschichten von Menschen, die auszogen, um fern der Heimat ihre Bestimmung zu finden, gibt es aber auch direkt vor unserer Haustür: Kaum eine Pfarrei, die nicht Missionarinnen und Missionare hervorgebracht hat. Das Missionswerk missio in München will es jetzt genauer wissen und hat anlässlich seines 175-jährigen Bestehens (siehe unten) das „Mission Memory Projekt“ gestartet.

Pfarrgemeinden in ganz Bayern werden aufgefordert: „Kramen Sie in Ihren Erinnerungen, befragen Sie Zeitzeugen, forschen Sie im Pfarrarchiv.“ Anhand der Einsendungen möchte missio eine „missionarische Landkarte“ erstellen, die Wirken und Wege von Ordenspriestern und -brüdern, von Ordensschwestern und Entwicklungshelfern nachzeichnet. Aber auch der umgekehrte Blickwinkel interessiert missio: „Welche ausländischen Missionarinnen und Missionare wirken heute in Ihrer Gemeinde?“ Denn inzwischen sei Deutschland selbst zum Missionsland geworden.

Neben den Pfarreien wurden Anfang des Jahres auch die katholischen Schulen in Bayern angeschrieben und um Mitarbeit am Projekt gebeten, denn „viele Missionarinnen und Missionare haben sich gerade für die Bildung von Kindern und Jugendlichen eingesetzt, Schulen gegründet“. Noch heute profitierten von ihrem Einsatz „zigtausende Jugendliche rund um den Globus“.

Soeben wurde der Einsendeschluss für Bilder und schriftliche Beiträge (höchstens fünf Seiten) von Ende Juli bis in den Herbst hinein verlängert. „Wir werden, wenn wir im Oktober, dem Monat der Weltmission, draußen in den Pfarreien sind, das Projekt nochmals ins Blickfeld rücken“, verspricht der Eichstätter Weltkirche-Referent Gerhard Rott. Was viele nicht wissen: Der Verein missio zählt bis heute rund 42.000 eingetragene Mitglieder. In der Diözese sind es genau 2.937, die ihm die Treue halten. „Das Jubiläumsjahr wäre ein schöner Anlass, Mitglied zu werden“, regt Rott an.

Noch 60 im Bistum

Die Diözese Eichstätt brachte viele Missionare hervor, unter ihnen den 1826 in Ornbau geborenen und auch dort begrabenen Franz Xaver Zottmann, der in Russland wolgadeutsche Katholiken betreute und 1872 Bischof der Diözese Tiraspol wurde. Oder den 1818 in Pfahldorf geborenen Michael Heiß. Er ging 1842 als Missionar in die USA und wurde 1882 Erzbischof von Milwaukee. Gerade die USA seien früher der Schwerpunkt der Missionsarbeit gewesen, erläutert Rott. In den Vereinigten Staaten lebt auch noch eine ganze Reihe der insgesamt 60 Missionarinnen und Missionare aus der Diözese Eichstätt, die heute noch in der Adresskartei des Referats Weltkirche stehen.

Zwei feste Traditionen pflegt das Bistum, um den Kontakt zu halten: Zum einen den alljährlichen Weihnachtsbrief, zum anderen die Begegnung beim Bischof, zu der die Missionare auf Heimaturlaub während der Willibaldswoche eingeladen sind. „Das Dritte“, fügt Rott hinzu, „ist die Kirchenzeitung, die sehr gerne gelesen und auch immer wieder lobend erwähnt wird.“ Der technische Fortschritt ermöglicht heute einen viel intensiveren Kontakt zu den Missionaren als früher. Als Rott vor zwölf Jahren Weltkirche-Referent wurde, „da lief alles noch per Luftpost“, erinnert er sich. Heute dagegen laufe mehr als ein Drittel der Kontakte übers Internet. Eine ganz eifrige Nutzerin sei zum Beispiel Schwester Karoline Mayer aus Chile. Die gebürtige Pietenfelderin wird in diesen Tagen 70.

Sich mit Berichten und Themen aus der Weltmission auseinanderzusetzen, dazu „erlebe ich in den Gemeinden eine sehr große Offenheit und Bereitschaft“, freut sich Rott. Zudem stimme es ihn optimistisch, „dass es immer mehr junge Leute aus dem Bistum gibt, die Interesse an einem weltkirchlichen Einsatz haben“, indem sie sich etwa als Missionare auf Zeit (MAZ) bewerben. Viele junge Leute finden in ihrem Familienstammbaum Verwandte in der Mission, auch wenn das alles lang her ist. „Aber es waren doch außergewöhnliche Lebensgeschichten“, meint Adolf Herler aus Laibstadt, der mit seinem Sohn Norbert vor wenigen Monaten ein Buch veröffentlicht hat. Es enthält, bis ins 19. Jahrhundert zurück, die Biographien aller Kleriker und Ordensleute, die aus Laibstadt hervorgegangen sind, darunter eine ganze Reihe von Missionaren. Ob er einige der noch Lebenden persönlich kennt? „Einige?“, lacht der 78-Jährige, „eigentlich alle“. Da ist etwa Comboni-Missionar Pater Josef Schmidpeter, Jahrgang 1936, der sich in Herlers Buch erinnert, wie 1950 ein Comboni-Missionar in seine Schule kam, um für Missionsberufe zu werben. Im Juli wird Schmidpeter aus Peru in sein Heimatdorf Laibstadt kommen, um sein goldenes Priesterjubiläum zu feiern.

Regen Kontakt in die Heimat halten auch Bruder Hans Eigner (Kenia, derzeit Ellwangen) oder Bruder Odo Harrer, der von 1964 bis 2006 in Tansania wirkte und jetzt in der Benediktinerabtei Münsterschwarzach lebt.

Als Herler noch ein Kind war, da sah man Leute aus dem Dorf, die ins Kloster oder gar in die Mission gingen, nie wieder, nur „ab und zu kam mal ein Brief oder Weihnachtsgruß an die Verwandten“. Erst in den letzten 25 Jahren seien die Kontakte intensiver geworden. „In den 50er-Jahren war es eine Seltenheit, dass eine Ordensfrau auf Heimaturlaub in der Kirche war. 30 Jahre später war es eine Selbstverständlichkeit.“ Die Besucherinnen oder Besucher „haben dann auch mal einen Abend gestaltet und Bilder gezeigt von ihrer Arbeit. Das wirkt halt ganz anders, als wenn man’s nur von Dritten hört“.

Herler, der die Arbeit des „Mission Memory Projekt“ in Laibstadt praktisch schon vorwegnahm, hat auch gute Erfahrungen mit Missionaren gemacht, die zu uns, nach Bayern, kamen. Drei Jahre lang habe in Heideck ein indischer Priester gewirkt, „der auf die Leute zugegangen ist und aufgeschlossen war“. Gerade im ländlichen Bereich sei es den Leuten noch wichtig, dass regelmäßige Gottesdienste stattfinden, „da sind wir auch auf ausländische Geistliche angewiesen, da würde sonst viel brach liegen“.

Weitere Infos unter „www.missio.com“ oder unter www.bistum-eichstaett.de/weltkirche .

Gabi Gess, Kirchenzeitung Nr. 19 vom 12. Mai 2013