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Es muss nicht gleich Santiago sein

Pilgerwege quer durchs Bistum Eichstätt laden zu einer Atempause für die Seele ein

Auf den ersten Blick fallen sie gar nicht auf. Aber ist man erst auf der richtigen Spur, sind sie auf einmal überall: Stilisierte Abbildungen einer Muschel, eines Bischofsstabs oder zweier Kirchtürme, die auf Straßenschildern kleben und an Baumstämmen befestigt sind. Sie weisen auf Pilgerpfade hin, die die Diözese Eichstätt durchqueren und sich nun im Frühling mit neuem Leben füllen. Denn immer mehr Menschen merken, dass ihnen das innere Auftanken bei einer Rucksacktour durch die Heimat viel besser gelingt als bei einer Last-Minute-Flugreise. Drei Hauptwege auf Bistumsgebiet nennt Domvikar Reinhard Kürzinger, der Leiter der diözesanen Pilgerstelle: Den Wallfahrerweg von Breitenbrunn nach Wemding, den Ökumenischen Pilgerweg Eichstätt-Heidenheim und den überregional bekannten ostbayerischen Jakobsweg, der im Süden des Bistums verläuft. Weitere Etappen des „Camino di Santiago“ queren, von Nürnberg kommend, die Diözese.

Der 2006 eröffnete Wallfahrerweg durchquert auf knapp 130 Kilometern das Bistum von Breitenbrunn im Osten bis nach Wemding im Südwesten. Zu ihm gibt es einen 75-seitigen Wanderführer, in dessen Vorwort Bischof Dr. Gregor Maria Hanke OSB auf die vielen Kirchen, Kapellen und Heiligtümer entlang des Wegs verweist und auf die Heiligengestalten, die den Pilgern dort begegnen. „Lassen Sie sich von diesen Vorbildern im Leben und Glauben inspirieren oder gönnen Sie sich einfach nur eine Atempause in solch einem Raum, um Kraft zu schöpfen für Leib und Seele.“

51 Kilometer lang ist der im vergangenen Jahr eröffnete Ökumenische Pilgerweg von Eichstätt nach Heidenheim. Er verbindet nicht nur zwei Jakobswegstrecken miteinander sondern folgt den Spuren der Missionare, die einst das Christentum in die Region brachten. In der Nähe von Bieswang etwa sollen sich Willibald, Wunibald und Sola regelmäßig getroffen haben und dazu eine historisch belegbare Römerstraße beschritten haben. „Vom Getrenntsein zum Miteinandergehen“ solle der neue Weg beitragen, heißt es in dem soeben erschienenen Prospekt. In diesem Sinne habe auch die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Margot Käßmann, kürzlich bei einem Vortrag in Eichstätt für ökumenische Pilgerwege geworben, berichtet Domvikar Kürzinger. Zu seinen Lieblingsetappen auf der Strecke von Eichstätt nach Heidenheim gehört eine Stelle, die einen herrlichen Ausblick auf seine Heimatstadt Weißenburg bietet. „Oder am Hahnenkamm, der ja früher unzugänglich war.“ Rund um das Gelände der früheren Panzerkaserne „sind zu meiner Jugend noch die Leos gefahren“, erinnert sich Kürzinger.

Zum zehnten Mal jährt sich heuer die Eröffnung des ostbayerischen Jakobswegs, der vom Bayerischen Wald kommend über Regensburg und Eichstätt nach Donauwörth führt. Um die Verbesserung der Angebote für die Pilger (Unterkünfte, Beschilderung) und auch Beiträge zur Spiritualität auf den Wegen kümmert sich der Verein „Jakobswege e. V.“ mit Sitz in Eichstätt. In mittlerweile drei Ausbildungskursen wurden Pilgerbegleiter qualifiziert, die immer wieder mit Interessierten auf Tour gehen.

„Diese neuen Pilgerwege gehen durch ausgesucht schöne Landschaften und nutzen das bestehende, ausgebaute Wegenetz für Wanderer“, verweist Kürzinger auf die Zusammenarbeit mit den Touristikern. „Umgekehrt sind die natürlich voll auf das Thema Pilgern angesprungen und vermarkten die Wege.“ Ob sich die Leute nun auf kirchliche oder auf weltliche Einladung hin auf den Weg machen, ist für den Leiter der diözesanen Pilgerstelle letztlich zweitrangig, solange dadurch „auch heute noch Menschen mit dem Pilgervirus infiziert werden“. Immer wieder erhält sein Büro in Eichstätt Anfragen von Leuten, die sich allein auf den Weg machen möchten. Kürzinger freut sich aber auch „wenn Verbände einsteigen oder Pfarreien unsere Angebote aufgreifen“. Gerne sei er bereit, auch einmal unterwegs hinzuzustoßen und einen Gottesdienst zu zelebrieren.

Das Wort „Pilger“ kommt vom lateinischen „peregrinus“ und bedeutet „Fremder. „Wie es scheint, haben immer mehr Menschen das Gefühl, sich fremd geworden zu sein, und machen sich nun auf, um sich selbst wieder zu finden“, überlegt Kürzinger. „Vielleicht ist das ja der Grund, warum das Pilgern wieder so beliebt ist.“

Gabi Gess, Kirchenzeitung Nr. 17 vom 27. April 2014