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Es geht nur mit Verzicht

Schöpfungstag: Impulse zum Gemeinwohl und für ein Ende des grenzenlosen Wachstums

Papst Franziskus ist einer von uns“, bekannte Günter Grzega bei der Podiumsdiskussion zum Auftakt des vierten diözesanen Schöpfungstags im Eichstätter Priesterseminar. Grezga ist Botschafter der Gemeinwohlökonomie. Der aus Treuchtlingen stammende ehemalige Vorstandsvorsitzende der Münchner Sparda Bank stellte im Jesuitenrefektorium seine Ideen und Visionen der Gemeinwohlökonomie (GWÖ) vor und stieß immer wieder auf Zustimmung von Vertretern der Kirche, wie von der Wirtschaft.

Was ist Gemeinwohl?

Die 2010 entstandene inter- nationale GWÖ-Bewegung propagiert ein Wirtschaftssystem, das auf demokratischen und ethischen Prinzipien beruht. Wie Grezga bei der Diskussion erklärte, solle es neben dem Bruttoinlandsprodukt (BIP) auch ein Bruttogemeinwohlprodukt geben, dass die Verteilung des Einkommens oder die Volksgesundheit ins Auge nimmt. Mit Blick auf die Flüchtlingskrise machte sich Grezga dafür stark, dass „die Länder Systeme schaffen  sollen, in denen Menschen nicht mehr zur Flucht gezwungen  werden“. Die zurückliegende  Bankenkrise sei „noch nicht alles gewesen“, machte Grezga deutlich. „Wenn wir diesen Weg weiter- gehen wie bisher, kommt der  Euro-Crash.“

Volker Leinweber, der als Vertreter der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft auf dem Podium saß, stimmte Grezga zu, dass „das BIP nicht das Maß aller Dinge ist“. Mit dem herrschenden System  der freien Marktwirtschaft sei er jedoch in weiten Teilen zufrieden. In der bayerischen Wirtschaft sei Nachhaltigkeit ein Thema, das von vielen Unternehmen forciert würde, berichtete er. Wer nicht nachhaltig wirtschaftet, könne dies beim Kaufverhalten der Kunden zu spüren bekommen, weil „der hat den größten Einfluss, er entscheidet, was er von wem kauft“.

Bischof Gregor Maria Hanke sah den Ursprung der Krise in der  Begehrlichkeit des Menschen. „Eine Kultur, die den Verzicht nicht kennt, wird keine Kultur mehr sein können“, glaube er. Es gelte achtsam mit der Welt umzugehen. Grenzen müssten anerkannt und respektiert werden. „Sie  lassen sich nicht verschieben.“ Vom  Glauben her gelte es zu er- kennen, dass der Mensch „ein Be- schenkter“ ist.

Kapuzinerpater Guido Kreppold  ließ sich bei seinen Äußerungen vom Sonnengesang des heiligen Franziskus inspirieren. Dort werde  von einem erfüllten Leben ohne materielle Dinge berichtet. Selbst wenn man noch ein größeres und schnelleres Auto als der Nachbar haben wolle: „Die rosten irgendwann alle“, sagte Kreppold.

Aktive Verbände

Umweltpfarrer Andreas Thiermeyer hatte in seiner Begrüßungsansprache an die Umwelt-Enzyklika „Laudato si“ erinnert. Papst Franziskus werde dort bei der Beschreibung der aktuellen Situation sehr deutlich und schreibe: „Die Erde schreit“. Der Mensch nutze und verbrauche Sachen und werfe sie dann weg. Dem müsse Einhalt geboten werden. Rosalinde Göppel,  Diözesanvorsitzende des Katholischen Deutschen Frauenbunds (KDFB), und Johanna Schrödel vom  Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) hatten in ihren Grußworten deutlich gemacht, dass Umweltarbeit in ihren Verbänden schon lange ein wichtiges Thema ist. So gebe es unter anderem  in den KDFB-Zweigvereinen in Zusammenarbeit mit dem Verbraucher Service Bayern Vorträge zu Lebensmittelverschwendung und der BDKJ unterstütze fairen Handel oder engagiere sich in der Allianz für den freien Sonntag.

An den Ständen auf dem Markt der Möglichkeiten gab es den  ganzen Nachmittag über Mitmachaktionen und vor allen Dingen  praktische Tipps zum Konsumverhalten, zum Energiesparen und zum verantwortungsvollen Umgang  mit der Schöpfung. Die Katholische  Arbeitnehmerbewegung zeigte, wie  sich vermeintliche Abfälle weiter- nutzen lassen und sammelte zudem  Unterschriften gegen das geplante  Freihandelsabkommen TTIP. Bei der Kolpingjugend standen gebrauchte Hemden, Sakkos und Taschen im Mittelpunkt. Bei der  Kleidertauschbörse konnten sich Besucher das ein oder andere Textil- stück sichern. Wie Verbandsreferentin Heike Schinzel im Gespräch mit der Kirchenzeitung erläuterte, gebe es bei der Kolpingjugend intern immer wieder mal kleinere Kleidertauschbörsen. Zu einer „Fairkostung“ hatten die Mitglieder der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg eingeladen. Sie boten Tomaten, Gurken und Paprika aus biologischer und  konventioneller Landwirtschaft zum Probieren an.

Eichstätts Umweltreferentin Lisa  Amon zeigte sich mit der vierten Auflage des Schöpfungstags zufrieden. Alleine zur Diskussion seien gut 100 Zuhörer gekommen, schätzte sie. Der Markt der Möglichkeiten, die Führungen durch das Seminar und durch die Seminargärtnerei stießen ebenso auf Interesse wie das Sandbilder gestalten beim KDFB oder das Basteln mit Wachsresten.

Der Schöpfungstag endete mit einer ökumenischen Vesper in der Kreuzkapelle des Priesterseminars.  Am Altar standen Diözesanjugendseelsorger Domvikar Christoph Wiczak, Subregens Christoph Wittmann, Pfarrer Andreas Thiermeyer und der evangelische Pfarrer  Sieghart Schneider. Der SMS-Chor aus Pollenfeld gestaltete die Vesper  musikalisch.

Andrea Franzetti, Kirchenzeitung Nr. 41 vom 11. Oktober 2015