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Diener der Baukunst

Zwei runde Jubiläen erinnern heuer an Giovanni Domenico Barbieri

Der Mann, an den dieses Kalenderblatt erinnert, gehört sicher nicht zu den „ganz Großen“ seiner Zeit. Dennoch hat er mit seinen Bauten das Gesicht Eichstätts und dessen Umgebung geprägt: Da sind die Domkapiteltrinkstube und das Waisenhaus in Eichstätt, die Kirchen in Berching, Nassenfels, Bergen, Dietfurt oder Pfahldorf, der Dekanatshof in Spalt oder das Pfarrhaus in Greding, um nur einige zu nennen.

Die Rede ist vom Eichstätter Hofmaurermeister Giovanni Domenico Barbieri. Am 14. Januar 1704, vor 310 Jahren, wird er als drittes von zehn Kindern der Eheleute Bartolomeo und Eufemia Barbieri im kleinen Ort Roveredo im Graubündner Misoxtal geboren.

Ein einfacher Mann

Diesem Tal entstammten viele berühmte Baumeister und Architekten: Giovanni Antonio Viscardi, der unter anderem die Wallfahrtskirche Mariahilf in Freystadt baute, oder Enrico Zuccalli, Vollender der Münchner Theatinerkirche und Erbauer von Schloss Nymphenburg, und auch der in Ansbach und Eichstätt wirkende Gabriel de Gabrieli, dessen Assistent und Vertrauter Barbieri über Jahrzehnte war.

Mit der Berühmtheit seiner Landsleute kann sich Barbieri zwar nicht messen, doch hat er den großen Meistern etwas voraus, was ihn für uns interessant macht: Barbieri hat schriftliche Aufzeichnungen hinterlassen, die uns sehr genaue Einblicke in sein Leben gewähren. Sie geben uns Auskunft darüber, wie ein Hofmaurermeister im Fürstbistum Eichstätt des 18. Jahrhunderts lebte, mit welchen Schwierigkeiten er zu kämpfen hatte, über welches Einkommen er verfügte, wofür er Geld ausgab. Die Aufzeichnungen bieten damit in einer Zeit, in der der Adel tonangebend ist, einen äußerst interessanten Blick in das Leben eines einfachen Mannes. Sie berichten von Konkurrenzkampf, Hungersnot, Krankheiten und Kriegswirren, einem Leben meist fernab von der Familie, von Frau und Kindern – aber auch von einem Leben in großem Gottvertrauen, Religiosität und Pflichtgefühl.

Beginnend mit seiner Ankunft in Eichstätt lässt uns Barbieri darin über vier Jahrzehnte, von 1720 bis 1763, an seinem Leben teilhaben. Es ist kein leichtes Leben, das sich in diesen Zeilen offenbart. Der Vater war als Kaufmann nicht sonderlich erfolgreich, er kann die Familie nur mühsam ernähren. Schon früh wird der junge Domenico als Viehhirte eingespannt. Bis weit in den Oktober hinein barfuß, leidet er in der großen Kälte oft an heftigsten Bauchschmerzen. Die Schule bei den Kapuzinerpatres kann er nur vom Spätherbst bis ins Frühjahr besuchen, doch der Großvater bringt ihm zusätzlich noch einiges bei. Obwohl er offensichtlich für eine höhere Schulbildung begabt war, ließen die Umstände es nicht zu. Der Vater benötigte die Arbeitskraft des Sohnes. Schließlich bestimmt er, dass Domenico das Maurerhandwerk erlernen soll. So kommt der 16-Jährige gemeinsam mit anderen Maurern seiner Heimat in das Hochstift Eichstätt. Zehn Tage dauert der Fußmarsch über den San Bernadino in die Fremde. Barbieri spricht kein Wort Deutsch, als er am 6. Februar 1720 ankommt. Seine erste Baustelle als junger Maurerlehrling ist das Kloster von Notre Dame, mit dessen Ausführung der berühmte Baumeister Gabrieli betraut war. Er scheint als einziger der welschen Bauleute, wie man die Graubündner Maurer nannte, dort beschäftigt gewesen zu sein, die übrigen waren beim Bau des Klosters Rebdorf und anderswo eingesetzt. Doch Barbieri lässt sich nicht unterkriegen. Er bringt sich selbst die fremde Sprache bei, indem er Wörter aus Büchern abschreibt. Einen Teil des kargen Jahreslohns schickt er nach Hause, um seinem Vater die Reisekosten zu ersetzen. Die Fürsorge für die Familie prägt auch die kommenden Jahre. Immer wieder schickt Barbieri Geld in die Heimat, begleicht die Schulden der Familie und nach dem Tod des Vaters lässt er seinen Bruder Giulio auf eigenen Kosten das begonnene Theologiestudium in Dillingen beenden, während er sich selbst kaum das Nötigste gönnt.

Er ist tüchtig und zuverlässig: Schon in seinem zweiten Lehrjahr vertraut man ihm die Aufsicht über die Arbeiter an, schließlich wird er im Verlauf der Jahre der engste Vertraute Gabrielis und dessen rechte Hand. Gabrielis Sohn Wilhelm, an der Ruhr erkrankt, stirbt in seinen Armen, einige Jahre später – am 21. März 1747 – dann auch Gabrieli selbst. Barbieri kümmert sich um dessen Nachlass und die Ausführung seines Grabmonuments, das noch heute auf dem Eichstätter Friedhof zu sehen ist. Am 13. September 1764, vor 250 Jahren, stirbt Barbieri im Alter von 60 Jahren. Wie sein Freund Gabrieli findet auch der fürstbischöfliche Hofmaurermeister seine letzte Ruhestätte auf dem Friedhof in Eichstätt. Sein Grabmal direkt neben der neuen Aussegnungshalle zeigt ein Bildnis der Baukunst, der Barbieri sein Leben lang gedient hat.

Elisabeth Schinagl, Kirchenzeitung Nr. 2 vom 12. Januar 2014

Von unserer Autorin stammt der Roman „Dreizehn Tage“ über Giovanni Domenico Barbieri.