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Der gute Geist zieht aus

70 Jahre lang wirkten Abenberger Schwestern in Gerolfing, nun müssen sie gehen

Im September-Dienstplan des Altenheims St. Josef in Gerolfing tauchen drei Namen nicht mehr auf: Schwester Rosilda Kirsch, Schwester Ehrentrudis Pickl und Schwester Ignatia Kirsch. Die drei Ordensfrauen der Kongregation von der Schmerzhaften Mutter, Abenberger Schwestern genannt, nehmen Abschied von ihrem langjährigen Wirkungsort. Fast 70 Jahre lebten und arbeiten Abenberger Schwestern in Gerolfing, prägten das Leben im Altenheim und in der Pfarrei. Sie brachten „ihr Fachwissen und ihre Arbeitskraft ein“, heißt es in einer Festschrift, die jetzt erschienen ist.

35 Schwestern waren seit 1945 in Gerolfing im Einsatz und sie haben Spuren hinterlassen. So gibt es in dem bei Ingolstadt gelegenen Ort nicht nur eine Schwester Sebaldina-Straße, sondern viele Erinnerungen, vor allen Dingen bei den älteren Gläubigen, leiteten die Schwestern doch ab 1946 den Kindergarten St. Rupert. „Wenn man sich früher die Knie aufgestoßen hat, dann ist man zuerst zu den Schwestern und dann erst heim“, berichtet Siglinde Meth. Die Schwestern verarzteten die Wunde, säuberten die Hose und dann „haben die Eltern weniger geschimpft“. Viele schöne Erinnerungen an die Schwesterngemeinschaft hat auch Wolfgang Hörl. Zehn Jahre lang leitete er die Pfarrei St. Rupert in Gerolfing und als er damals neu in den Ort kam „haben mich die Schwestern sofort in ihre Gemeinschaft mit aufgenommen“. Er habe regelmäßig mit ihnen zu Mittag gegessen und „wir haben zusammen Namenstage gefeiert“, blickt der jetzige Pfarrer von Neuendettelsau und Sachsen-Lichtenau im Gespräch mit der Kirchenzeitung zurück. Sein Nachfolger in Gerolfing, Pfarrer Sebastian Bucher bedauert den Wegzug der Schwestern und spricht in der Festschrift vom „Ende einer Epoche immerwährender religiöser und praktischer Hilfsbereitschaft“ durch die Schwestern.

Beim Ortstermin der Kirchenzeitung im Altenheim ist nur noch Schwester Ignatia da. Kurz vor dem endgültigen Abschied aus Gerolfing musste ihre Mitschwester Ehrentrudis ins Krankenhaus und Ignatias leibliche Schwester, Schwester Rosilda, hatte bereits am 11. September ihr Zimmer in dem Klosterflügel im Erdgeschoss des Altenheims geräumt. Im Speisezimmer empfängt Schwester Ignatia den Reporter. Ihre 83 Jahre merkt man ihr nicht an. Immer noch, bis zum Schluss, hilft sie auf den Stationen, auch wenn sie im Dienstplan nicht mehr eingetragen ist. Ihre weltlichen Kollegen wissen das zu schätzen. Die Schwestern seien „der gute Geist im Haus gewesen“, erzählt Heimleiterin Petra Mann und ergänzt sofort: „Wir sind sehr traurig, dass sie gehen.“ Ende des Monats geht es für die verbliebenen Schwestern zurück ins Mutterhaus nach Abenberg und am 5. Oktober wird dann der Abschied offiziell gefeiert. Den Sonntagsgottesdienst um 9.30 Uhr in der Pfarrkirche St. Rupert zelebriert Caritasdirektor Domkapitular Franz Mattes. Im Anschluss planen Pfarrei und Altenheim einen Empfang und ein gemeinsames Mittagessen.

Totenwache am Bett

1958, kurz nach der Profess, sei sie nach Gerofling gekommen und gleich nach der Ankunft habe sie den Namenstag des damaligen Pfarrers mitfeiern dürfen. „Da gab es was gutes zu Essen“, erinnert sich Schwester Ignatia an die ersten Tage. Von Anfang an habe sie im Altenheim mitgeholfen und später in München eine Altenpflegeschule besucht, erzählt Schwester Ignatia. „Ich habe immer mit den alten Menschen auf den Stationen gearbeitet.“ Eine Zeit lang lebten sieben Schwestern gleichzeitig in Gerolfing, anfangs waren sie „in einem Haus neben der Kapelle untergebracht, das dann abgerissen wurde“. In der Wäscherei, in der Küche und in der Krankenpflege war sie zeitlebens aktiv. Vom Gerolfinger Altenheim St. Josef will sie daher ins namensgleiche Haus nach Abenberg wechseln, um dort weiter zu arbeiten.

In all den Jahren in Gerolfing habe sie oft Totenwache gehalten, Heimbewohner auf dem letzten Weg begleitet. Den vielen Stunden an Totenbetten gewinnt sie etwas Positives ab: „Wenn der Pfarrer das Sterbesakrament gespendet hat, war das auch irgendwie erlösend und fröhlich.“ Ihre eigenen Zweifel und die Trauer, wenn Bewohner, die sie lange Zeit betreut hatte, verstorben waren, fing sie durch Gespräche und Gebete mit ihren Mitschwestern auf. Schwester Ehrentrudis war seit 1977 in Gerolfing und leitete den Kindergarten. Zudem wirkte sie als Organistin und Mesnerin. „Mit ihrer Musikalität und Kreativität“ habe sie Bewohner und Mitarbeiter in St. Josef begeistert, ist in der Chronik zu lesen. Die 78-Jährige war bis zuletzt auch Mitglied des Pfarrgemeinderats. Schwester Rosilda kam 1950 zum ersten Mal nach Gerofling und blieb bis 1955 als Kindergärtnerin tätig. Ihr Orden schickte sie danach an andere Wirkungsorte und erst 1996 kehrte die heute 86-Jährige ins Altenheim nach Gerolfing zurück, wo sie vor allen Dingen bei der Betreuung Demenzkranker mithalf. „Es war eine schöne Zeit, uns ist es nie schlecht gegangen“, zieht Schwester Ignatia nach 56 Jahren Bilanz. Die Senioren seien immer „sehr anhänglich“ gewesen und die Arbeit habe Spaß gemacht, Dienstplan hin – Dienstplan her. Sie habe immer ausgeholfen und sei auch Nachts eingesprungen, wenn es notwendig war, bis zum letzten Tag.

Andrea Franzetti, Kirchenzeitung Nr. 39 vom 28. September 2014