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Bühne frei für die Tanzmariechen!

In der DJK Schwabach wird karnevalistischer Tanzsport auf höchstem Niveau betrieben

Die Hausaufgaben müssen bei Liana Wolf noch bis abends warten, weil die 13-Jährige an diesem Nachmittag einen wichtigen Termin hat: Mit ihrem Trainer Florian Zink ist sie unterwegs nach Veitshöchheim, wo die erste Probe für den Fernseh-Quotenhit „Fastnacht in Franken“ in den Mainfrankensälen auf dem Programm steht. Liana wird als Tanzmariechen auftreten, was ihr aber höchstens „ein bisschen“ Lampenfieber bereitet, wie sie während der Fahrt am Telefon berichtet. Schließlich ist sie schon viermal bei der Sendung dabei gewesen und hat darüber hinaus im karnevalistischen Tanzsport so ziemlich alle Titel gewonnen, die es zu holen gibt. Im März will sie in Köln zum fünften Mal Deutsche Meisterin werden. Ihr Verein: die DJK Schwabach.

Der kirchliche Sportverband gliedert sich in der Diözese Eichstätt in 52 Ortsvereine mit rund 30.000 Mitgliedern. Die DJK Schwabach „ist im Breitensport einer der führenden Vereine im Bistum“, stellt DJK-Präsident Nikolaus Schmidt fest. Dass dort aber nicht nur erfolgreich gekickt oder gekegelt wird, sondern gerade die Tanzsportabteilung große Erfolge bei Wettkämpfen einfährt, „das wissen nur wenige“, meint Schmidt. Unlängst konnte er bei einer Fortbildung, zu der sich DJK-Vereinsfunktionäre in Schwabach getroffen hatten, zufällig selbst eine Gardetanzprobe beobachten und war begeistert von der Dynamik und Beweglichkeit der jungen Sportler. Einige DJK-Vereine im Bistum haben auch eigene Faschingsgarden. Eine so breit aufgestellte DJK-Tanzabteilung aber sei einzigartig, „wir sind auf alle Fälle stolz auf sie“, sagt der Präsident.

Neben Liana Wolf gibt es acht weitere Mädchen, die als Solistinnen über die Bühne wirbeln. Kürzlich waren sie alle gemeinsam zu bewundern bei einem Tanzmariechen-Medley in der Sendung „Franken Helau“ des Bayerischen Rundfunks. „Das war natürlich eine tolle Möglichkeit, uns zu präsentieren“, freut sich der Cheftrainer und sportliche Leiter der Abteilung, Florian Zink, über die Einladung zu Fernsehauftritten. In erster Linie aber wolle die DJK-Abteilung für karnevalistischen Tanzsport durch gute Leistungen auf sich aufmerksam machen, sagt der 29-Jährige. Denn es gehe dabei nicht, wie manche meinten, um „Hupferei zur Faschingszeit“, sondern um ganzjährigen Leistungssport. Mit ihrem Angebot bildet die DJK Schwabach eine Ausnahme, denn meist trainieren Garden und Funkenmariechen unter dem Dach einer Faschings- oder Karnevalsgesellschaft.

Trainieren und lernen

In Franken tun sie das überaus erfolgreich. Zink verweist darauf, die Region sei eine Hochburg, was Auszeichnungen durch den Bund Deutscher Karneval betrifft. Der richtet auch die Deutschen Meisterschaften im karnevalistischen Tanzsport aus und hat die Disziplin durch den Deutschen Olympischen Sportbund offiziell anerkennen lassen.

Hinter Liana Wolf, die für ihren Sieg bei den Meisterschaften 2014 in Erfurt mit der Bestennadel des DJK-Diözesanverbands Eichstätt ausgezeichnet wurde, liegt gerade eine längere Verletzungspause. Bei einem Turnier hatte sie sich den Ischiasnerv eingeklemmt und aufgeben müssen. Aber nun heißt ihre Mission: Titelverteidigung bei den „Deutschen“. Dafür wird sie neben dem Mannschaftstraining, das zweimal pro Woche stattfindet, noch mehrere Extra-Übungseinheiten pro Woche absolvieren. Schon mit fünf Jahren konnte Liana ein Rad schlagen oder sich in den Spagat fallen lassen. Deshalb schlug ihre neun Jahre ältere Schwester, die in einem Faschingsverein in Wolframs-Eschenbach als Tänzerin aktiv war, damals vor: „Komm doch ‘mal mit!“ Bald darauf holte Florian Zink das junge Talent zur DJK Schwabach, wo Liana derzeit in der Altersklasse der Junioren (bis 14 Jahre) trainiert. Bei den 15-Jährigen gibt es dann keine Altersgrenze mehr, „da kann ich bleiben, so lange ich will“, lacht Liana, die die achte Klasse des Theresiengymnasiums in Ansbach besucht und von ihren Lehrern oft auf ihre Fernsehauftritte angesprochen wird. Weil sie mittlerweile zweimal pro Woche Nachmittagsunterricht hat, musste sie ihr zweites Hobby neben dem Tanzen, das Gitarrenspiel, aufgeben.

Einmal so spielerisch leicht im bunten Kostüm wie Liana über den Tanzboden zu wirbeln, davon träumen viele Kinder, ganz überwiegend natürlich Mädchen. „Jungs machen nur vereinzelt mit“, weiß Trainer Zink, der selbst 22 Jahre lang aktiv Tanzsport betrieben hat. Als Sohn eines Musikers, der jahrzehntelang ein Blasorchester leitete und einer ehemaligen Tänzerin und Tanztrainerin liegt ihm Rhythmus im Blut. Als Mitglied der bekannten Nürnberger Faschingsgesellschaft Buchnesia errang er Deutsche Meistertitel in den Disziplinen Marschtanz und Schautanz und absolvierte zwei Fernsehauftritte in Veitshöchheim. Schon als Jugendlicher war er auch als Übungsleiter aktiv, unter anderem beim Kinderturnen der DJK Schwabach, der er sich einige Zeit später als treibende Kraft im karnevalistischen Tanzsport angeschlossen hat.

Die Gemeinschaft zählt

Insgesamt 80 Aktive in sieben Altersgruppen trainieren derzeit im Verein, angefangen bei den Bambinis ab drei Jahren. Bei ihnen steht der spielerische und kreative Umgang mit Bewegung und Musik im Vordergrund. Außerdem sollen sie „in einer festen Gruppe Gefühl für Körper, Raum, Rhythmus und Sozialverhalten entwickeln“, heißt es auf der Internetseite der Abteilung.Die Gemeinschaft soll aber auch bei den Größeren im Vordergrund stehen, ist sie doch eines der Leitmotive im kirchlichen Sportverein DJK. Erfolgreiche Solistinnen wie Tanzmariechen Liana sind für Präsident Nikolaus Schmidt der lebende Beweis dafür, „dass man auch innerhalb einer Gemeinschaft groß wird“.

Gabi Gess, Kirchenzeitung Nr. 7 vom 15. Februar 2015