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„Auch andere sind auf dem Weg“

Drei junge Frauen aus dem Bistum berichten über ihre Erfahrungen beim Taizé-Treffen in Rom

In Maria Anderls Zeilen schwingt Begeisterung mit: „Da die Gebete an verschiedenen Orten stattfanden, durften wir auch immer wieder zu Fuß durch die Stadt pilgern und so erleben, dass wir gemeinsam auf dem Weg sind, mitten in einer modernen Großstadt, mitten in unserem Alltag.“ Die 24-jährige Diplom-Theologin aus der Pfarrei St. Sebald in Nürnberg-Altenfurt war zusammen mit zwei weiteren jungen Frauen aus dem Bistum Eichstätt beim 35. Europäischen Jugendtreffen der ökumenischen Gemeinschaft von Taizé in Rom dabei. Anderl und ihre Freundin Karolin Kress reisten am ersten Weihnachtstag nach Italien, da sie zum Vorbereitungsteam gehörten. Ihre Hauptaufgabe in der italienischen Hauptstadt: die deutschsprachigen Jugendlichen empfangen, ihnen Programmhefte, Fahrkarten und Essensmarken geben und ihnen den Weg zu ihrer Unterkunft zeigen. Rund 40.000 Jugendliche waren der Einladung der französischen Bruderschaft zu dem fünftägigen Treffen gefolgt. Wie Anderl schildert, konnte nur ein kleiner Bruchteil der Teilnehmer bei Gastfamilien untergebracht werden.

Zwei Duschen

„Wir selbst schliefen in einem Pfarrheim auf dem Fußboden: 47 Jugendliche aus sieben Nationen in fünf Räumen mit zwei Duschen und drei Toiletten. Andere Jugendliche mussten sich mit weit weniger Komfort zufrieden geben – 3.000 junge Menschen übernachteten in den Messehallen.“ In ihrem Quartier lernen Anderl und Kress die Eichstätterin Veronika Stahl kennen. Die 21-jährige Geographiestudentin ist ebenfalls im Vorbereitungsteam aktiv. „Die für deutsche Verhältnisse unorganisierte Organisation“, habe funktioniert, zeigt sich Stahl im Nachhinein begeistert. Die Pleinfelderin Karolin Kress sieht dies ähnlich: „Das faszinierende an diesen Treffen ist auch, dass vieles nicht komplett bis auf das letzte Detail durchgeplant ist und trotzdem alles funktioniert und auch jeder bereit ist, mitzuhelfen.“ Die 26-jährige Bauingenieurin selber half bei den Gebeten in den sieben großen Kirchen Roms mit und trug die Lesung auf Deutsch vor. Ihre Freundin Maria Anderl hatte sich bereit erklärt, als Gesprächsgruppenhelfer eine der morgendlichen Kleingruppen zu leiten. Beim ersten Treffen aller Helfer stellte sich heraus, „dass wir selbst die Morgengebete in der Pfarrei gestalten mussten. Die Erfahrungen, die ich dabei machen durfte, zählen zu den berührendsten und beeindruckendsten Momenten des Treffens für mich“. In den Programmheften sind die Texte für Lesung, Psalmen, Gebete und Fürbitten abgedruckt. Die Animators besprechen untereinander, wer in welcher Sprache etwas vorliest. Wie Anderl schreibt, sind in ihrem Quartier 116 Jugendliche aus Polen, den Niederlanden, Kroatien, der französischsprachigen Schweiz, der Ukraine, Spanien, Mexiko und Weißrussland untergebracht. Sie schlafen im Pfarrheim, in Gastfamilien und in einem Kloster. In der Kirche Cristo Re ist Anderl morgens um kurz vor acht Uhr damit beschäftigt, Lieder für das erste Morgengebet auszusuchen, als Bernadetta aus Polen den Raum betritt. Die jungen Frauen kommen ins Gespräch. Bernadetta erzählt, dass sie mit fünf Freunden im großen Taizé-Chor mitsingt. Wenig später kommt auch noch Paulina aus Polen dazu. Die Musikstudentin übernimmt die Leitung der Sängerinnen und Sänger beim Morgengebet. Bevor es beginnt, bereitet Anderl die Kirche vor, stellt Kerzen auf und organisiert Teppiche, „die die Schwestern eifrig herbei schleppen“. Wie in Taizé wollen die Jugendlichen auf dem Fußboden sitzen. „In allen Sprachen erklingen die Gesänge und Gebete und es ist spürbar, dass der Geist Gottes wirkt, dass so etwas überhaupt möglich ist.“

Alte Freunde treffen

Die internationale und überkonfessionelle Gemeinschaft begeistert auch Karolin Kress. Es sei schön, „alte Freunde aus verschiedenen Ländern wiederzutreffen, die man bei vergangenen Treffen kennengelernt hat.“ Toll sei es, zu erleben, dass „man als junger Christ nicht alleine auf der Suche ist, sondern dass es weltweit viele andere gibt, die diesen Weg gehen“. Anderl spricht vom „Geist von Taizé“, den sie in diesen Tag „in der Einfachheit und Schlichtheit“ spürt. „Die Brüder sitzen in ihren schlichten weißen Gewändern mitten unter den Jugendlichen auf dem kalten Steinfußboden. Alle schauen gemeinsam in die gleiche Richtung – auf Christus. Ich wünsche mir, dass das auch in unserer katholischen Kirche immer deutlicher wird, dass wir uns in aller Einfachheit und Schlichtheit Christus zuwenden und gemeinsam beten, anstatt durch Machtdemonstration und Prunk von Gott abzulenken oder gar den Blick auf ihn zu verstellen.“ Das Abendgebet auf dem Petersplatz mit Papst Benedikt XVI. ist für Anderl „nur ein kleines Mosaiksteinchen in einer Fülle von Eindrücken und Erlebnissen eines unbeschreiblichen Treffens“. Schon oft habe sie das Oberhaupt der katholischen Kirche gesehen, sagt sie, doch „so eine andächtige Stimmung“ habe sie noch nie erlebt. „Nur wenig Gekreische oder Benedetto-Rufe“, beschreibt Kress die Stimmung. Der Prior der Bruderschaft von Taizé, Frère Alois, erinnert an den Wunsch des Gründers der Gemeinschaft, Frère Roger, nach einem Voranschreiten der Kirchen auf dem Weg zu mehr Einheit und Papst Benedikt bekräftigt das Engagement der katholischen Kirche für den ökumenischen Dialog.

Andrea Franzetti, Kirchenzeitung Nr. 2 vom 13. Januar 2013