Dritter Sonntag der Osterzeit, 22. April 2012
So sagen wir manchmal, wenn uns etwas zu unglaubhaft vorkommt. Als „Ausdruck ungläubiger Begeisterung“ wird diese Redewendung unter anderem im Internet erklärt.
„Zu schön, um wahr zu sein!“ Das könnten wohl auch die Jünger gedacht haben als plötzlich der Herr selbst leibhaftig in ihre Mitte trat. Lukas beschreibt uns ihren Gemütszustand mit den Worten „Erschrecken“, „Angst“, „Bestürzung“, „Zweifel“, „Staunen“ und „Freude“. Gerade in dieser Reihenfolge wirken diese Worte wie die Beschreibung eines inneren Weges: Die leibhaftige Begegnung mit Jesus Christus – das Sehen, Tasten und Mahl halten – führt die Jünger vom Zweifel zum staunenden Glauben. Die die Heiligen Schriften (des Alten Testamentes) auslegenden Worte des Herrn öffnen ihnen die Augen für den Sinn des Vergangenen – die zunächst so schmerzliche Enttäuschung aller in den Herrn gesetzten Hoffnungen durch den Kreuzestod. Beides – leibhaftige Begegnung und vertiefte Schrifterkenntnis – schenkt ihnen Freude, Mut und Zuversicht, stärkt sie für das Zeugnis der Frohen Botschaft im Auftrag des Herrn.
Zu schön, um wahr zu sein? Als Menschen des 21. Jahrhunderts sind wir geneigt, die Auferstehungserzählungen leichtfertig als „schöne Geschichten“ abzutun. Aber lassen wir uns nicht täuschen: Auferstehung gibt es leiblich und leibhaftig oder es gibt sie gar nicht! Denn ohne Leiblichkeit wären es nicht wir selbst, die da erlöst würden, auch wenn der Auferstehungsleib von ganz anderer Art sein wird als unser irdischer Leib. Die Jünger waren sicher nicht nur von „ungläubiger Begeisterung“ gepackt, sonst wären sie, die den Herrn angesichts der Gefahr zunächst alle im Stich gelassen hatten, nicht zu solch eifrigen Zeugen der Frohen Botschaft geworden, von denen die meisten dieses Zeugnis sogar mit dem eigenen Leben bezahlt haben.
Christlicher Glaube ist ganzheitlicher Glaube – er fordert aber auch die ganze Person. Garant ist Jesus Christus, der Gekreuzigte, der wahrhaft aus dem Grab erstanden ist. Und er möchte auch heute noch leibhaftig den Menschen begegnen, im wahrsten Sinne des Wortes „greifbar“ in den Sakramenten der Kirche und im Wort ihrer Verkündigung. Der befreiende Weg aus Angst und Zweifel über das Staunen zur inneren Freude steht auch heute jedem offen.
Zu schön, um wahr zu sein? Nein! So schön kann Wahrheit sein!
Kaplan Michael Wohner, Kirchenzeitung