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Auf ein Wort: Gedanken zum Sonntagsevangelium

Wie Miteinander gelingen kann

Ich will ja nichts sagen – aber hast du schon gehört ...“? – so beginnen Gespräche, in denen nicht miteinander, sondern über andere gesprochen wird – ohne Rücksicht auf die Folgen. Das ist die Situation, die Jesus zum Ausgangspunkt dafür nimmt, einmal das Thema „Umgang mit Konflikten“ anzusprechen und eine nicht nur interessante, sondern auch bis heute aktuelle Lösung anzubieten.

Im Anfang steht die Tatsache, dass der oder die einen Fehler gemacht haben. Das kann und muss thematisiert werden um eine Auseinandersetzung zwischen den Betroffenen anzustoßen und einen Neuanfang im Umgang miteinander zu ermöglichen. Dabei geht es nicht um Rechthaberei, um Gewinnen oder Verlieren, sondern um einen Raum, in dem Sachlichkeit das Miteinander bestimmt und so das Eingestehen eines Fehlers zulässt, ohne dass es zu einem Gesichtsverlust kommt. Ganz klar, dass Geschwätz und üble Nachrede hier keinen Platz haben und auch nicht die große Öffentlichkeit. Jesus verweist bei diesem ersten Schritt eindeutig auf das Vier-Augen-Prinzip, auf den engsten Bereich der Betroffenen. Da heißt es zuhören, hinhören, nichts beschönigen oder vertuschen, die Wahrheit suchen und Kritik, die berechtigt ist, annehmen. Das erfordert von beiden Seiten Mut und Offenheit. Da geht es um Verantwortung füreinander, um Seelsorge aneinander.

Schön, wenn mit dem ersten Schritt die anstehenden Konflikte wirklich bearbeitet und überwunden werden können. Aber nicht immer gelingt das. Der zweite Schritt, den Jesus nun vorschlägt, stellt die Konfliktbearbeitung auf eine höhere Ebene Sie soll vor einer kleinen Gruppe, die klar definiert und überschaubar ist, weiter bearbeitet werden. Selbstverständlich gilt auch hier, dass Klatsch und Tratsch dabei keinen Platz haben. Es geht darum, das begonnene Gespräch nicht abbrechen zu lassen. Jesus weiß, dass es sehr hilfreich sein kann, weitere Meinungen zu hören und von einem oder einer Außenstehenden auf unangesprochene, unausgesprochene Dinge hingewiesen zu werden. Gleichzeitig ist es gut, wenn auch eine größere Gruppe die jeweiligen Argumente hört. Ein sich Zurückziehen auf ein „Das habe ich nie gesagt, ...“ kann auf diese Weise ausgeschlossen werden.

Und wenn das nicht funktioniert? Hat man es dann mit einem hoffnungslosen Fall zu tun? Für Jesus ist es an diesem Punkt Zeit dafür, einen dritten Schritt zu tun: hin vor die Gemeinde. Auch diese Gruppe ist klar benannt. Vielleicht gelingt es einem Mitglied dieser noch einmal größeren, aber immer noch verschwiegenen Gemeinschaft, das Eis zu durchbrechen und eine Lösung zusammen mit den Konfliktparteien zu finden, die Versöhnung Wirklichkeit werden lassen. Ziel ist erneut die Entschuldigung und die Vergebung, die nur der Einsicht folgen.

Was aber, wenn auch diesmal der Streit nicht beendet wird, die den Konflikt verursachende Partei auf ihrem angeblichen Recht beharrt und stur jede Möglichkeit des Aufeinanderzugehens entschieden abweist? Kann man sich aus der Verantwortung stehlen? Ihn/Sie endgültig aus der Gemeinschaft ausschließen?

Jesus fordert genau das Gegenteil. An die Stelle des Ausschließens tritt das Einschließen ins Gebet. Wo menschlichen Versuchen eine Grenze gesetzt ist, bleibt die Möglichkeit, die Sache im gemeinsamen Gebet in die Hand Gottes zu legen und ihn im Vertrauen auf seine Gegenwart darum zu bitten, den Weg hin zu einer Versöhnung, zu Umkehr und Neuanfang für alle Betroffenen erkennbar werden zu lassen. So wird niemand als „hoffnungsloser Fall“ aufgegeben!

Konflikte gab es, gibt es und wird es immer geben. Das Lösungsmodell Jesu zeigt, worauf es ankommt: auf die Bereitschaft, Konflikte nicht breit zu treten, sie im geschlossenen Rahmen sachlich und fair auszuhandeln, nie der Versuchung zu verfallen, den oder die andere in irgendeiner Weise abzustempeln und da, wo dem eigenen Handeln Grenzen gesetzt sind, Gott um seine Hilfe und seinen Beistand füreinander zu bitten. Ein solcher Umgang mit Fehlern aller Art, ohne jeden Klatsch und Tratsch, ist nicht einfach und will jeden Tag neu eingeübt werden. Damit es im Großen gelingen kann, fängt man am Besten im Kleinen gleich damit an.

Barbara Bagorski, Kirchenzeitung vom 7. September 2014

Lesungen zum 23. Sonntag im Jahreskreis am 7. September 2014