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Taufe als spätes Weihnachtsgeschenk

Sonntag, 8. Januar 2012 - Fest der Taufe des Herrn

Irgendwie ergeht es Ihnen vielleicht ähnlich. Ich meine eine Erfahrung, die wir alle mehr oder weniger machen: Wir haben die Christmette besucht, an den Feiertagen festlich miteinander gegessen, die Geschenke sind längst ausgepackt, die Plätzchen gegessen, unser Weihnachtsbesuch ist abgereist und der Christbaum muss auch irgendwann raus. Nach den großen Festtagen geht es zurück in den Alltag und plötzlich kommt da die Frage in mir hoch: War das alles? Kommt da noch etwas?

Den gläubigen Menschen zur Zeit Jesus ging es ähnlich. Sie haben im Tempel miteinander gebetet, die jüdischen Feste gemeinsam gefeiert und kamen zu Familienfeiern zusammen.
Eigentlich schöne Erfahrungen und trotzdem war da eine gewisse Sehnsucht nach mehr,
eine Sehnsucht die Unruhe in die Herzen der Menschen brachte. Deshalb pilgerten sie in Scharen zu Johannes dem Täufer, hörten seine Predigt von der Umkehr und dem nahenden Reich Gottes und ließen sich im Jordan taufen.

Das Fest der Taufe Jesu markiert den Schlusspunkt der Weihnachtszeit und wirft
einige Fragen auf. Die Johannestaufe war ein Ritus zur Sündenvergebung. Hatte Jesus diese Taufe nötig? Musste auch er sich taufen lassen? Im Gottesdienst beten wir: „Er war in allem uns gleich, außer der Sünde!“ Selbstverständlich hatte es Jesus nicht nötig, sich von Johannes taufen zu lassen. Mit seiner Taufe wollte Jesus vielmehr den Menschen seiner Zeit und auch uns eine Botschaft übermitteln. Er will damit sagen: „Ich habe euch verstanden. Ihr alle wollt mehr vom Leben. Ihr seid auf der Suche nach dem Sinn des Lebens!“ Deshalb reiht auch er sich ein in die Reihe der Menschen, die zu Johannes kommen. Damit sagt er, ich bin einer von euch, ich der Gottessohn bin wirklich Mensch geworden. Deshalb lässt auch er sich taufen, obwohl er es nicht nötig hätte. Und deshalb sagt die Stimme vom Himmel: „Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Gefallen gefunden.“

Die Weihnachtszeit ist zu Ende. Das Fest der Taufe des Herrn reicht über Weihnachten hinaus mitten hinein in mein Leben. Zu Beginn habe ich gefragt, war das alles? Jetzt wird mir klar, Jesus hat meine Sehnsucht erkannt. Es ist meine eigene Taufe, die über das alltägliche hinausweist. Es hat mit dem Sinn des Lebens zu tun, wenn ich auf den Tod und auf die Auferstehung Jesu getauft bin. Ein spätes Weihnachtsgeschenk, das mir jetzt noch gemacht wird.

Dekan Robert Pappenheimer, Kirchenzeitung

Lesungen zum Fest der Taufe des Herrn am 8. Januar 2012