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Auf ein Wort: Gedanken zum Sonntagsevangelium

Licht im Dunkeln

4. Sonntag im Jahreskreis, 2. Februar 2014

Am Fest der Darstellung des Herrn feiern wir ein Fest der Sehnsucht und ihrer Erfüllung. Versetzen Sie sich einmal in die Lage eines Menschen, der schon lange auf das Erscheinen einer bestimmten Person wartet, an die alle seine Hoffnungen geknüpft sind. Schon glaubt er fast nicht mehr daran, da tritt plötzlich der Erwartete ein. Welche Freude, welches Glück müssen diesen Menschen erfüllen, wenn er seine Sehnsucht endlich gestillt sieht! Nicht anders erging es Simeon, als er dem göttlichen Kind im Tempel begegnete. „Zu seinem Tempel kommt der Herr“ – dieses prophetische Wort Maleachis fand seine tiefste Erfüllung in der Darstellung des Jesusknaben.

In der Gestalt des greisen Simeon sehen wir  zugleich das Gottesvolk des Alten Bundes symbolisiert, das nun seinem Messias entgegentritt, den es bereits seit langer Zeit erwartete. Die Sehnsucht eines ganzen Lebens ging in Erfüllung, als Simeon das Kind in seine Arm nahm und Gott pries. Dieser Messias war das Licht, dessen Schein der alte Mann ein Leben lang nachgegangen war, das ihm auf seinem Weg leuchtete und ihm Hoffnung gab in Stunden der Finsternis. Nun sieht er es in diesem Kind in seiner vollen Strahlkraft vor sich aufleuchten. Getrost und voll Frieden kann Simeon daher sein Leben diesem Licht anvertrauen, das es mit dem Glanz der Ewigkeit bekleidet.

Zu Beginn der Lichtmess-Liturgie werden Kerzen geweiht und angezündet, die eben dieses Licht Christi zeichenhaft darstellen sollen. Der Messias kommt auch heute noch zu seinem Tempel. Sein Licht sucht auch heute noch die Menschen. Doch erwarten wir ihn mit der gleichen Sehnsucht wie ein Simeon?

Öffnen wir ihm die Tür unseres inneren Tempels, damit sein Heil in uns anbrechen kann. Nicht nur die steinernen Tempel unserer Kirchen, sondern vor allem die lebendigen Tempel unserer Herzen sollten für ihn offenstehen. Mit sehnsüchtigem Herzen lasst uns deshalb Ausschau halten nach seinem Licht, das allein das Dunkel unseres Lebens erhellen kann.

Das Leben Christi war Licht, weil es ganz Hingabe war an Gott, den Vater, der ihn gesandt hatte. Die Darstellung Jesu im Tempel ist ein beredtes Bild für die Ganzhingabe des eigenen Lebens an Gott. Maria und Joseph waren in den Tempel nach Jerusalem gekommen, um das Kind dem Herrn zu weihen. Jesus ist der Gottgeweihte in seiner Vollendung.

In diese Weihe ist auch der Gehorsam Gott gegenüber eingeschlossen, jener Gehorsam, der Jesus schließlich ans Kreuz und in den Tod führt. Jesus, der Gottgeweihte, war in die Welt gekommen, um den Willen des Vaters treu zu erfüllen. Simeon sagt mit prophetischen Worten das daraus rührende Opfer Christi und seinen endgültigen Sieg voraus.

Vor diesem Hintergrund wird der 2. Februar auch als Tag des gottgeweihten Lebens begangen. Das innerste Wesen unserer christlichen Berufung besteht in der Nachahmung jener Lebensform, die der Herr selbst für sich gewählt hat. Die Ordensleute und die anderen gottgeweihten Personen versuchen diese Lebenshaltung in unserer Welt gegenwärtig zu setzen.

Durch ihr Leben nach den evangelischen Räten des Gehorsams, der Armut und Jungfräulichkeit zünden sie gleichsam ein Licht an, das alle Getauften dieser Welt daran erinnern soll, dass sie Gott geweiht sind.   

P. Gregor Lenzen CP, Kirchenzeitung vom 2. Februar 2014

Lesungen zum 4. Sonntag im Jahreskreis am 2. Februar 2014