Zum Inhalt springen

Auf ein Wort: Gedanken zum Sonntagsevangelium

Kontemplation und Aktion

16. Sonntag im Jahreskreis, 21. Juli 2013

Die Lesung aus dem Buch Genesis und das Evangelium zeigen uns, dass Gott bei den Menschen einkehren will. So wie im Schatten des Zeltes Abrahams und im Haus Marthas und Marias, will Gott sich auch in unserem inneren Haus niederlassen. Zuvor sollten wir ihn jedoch bewusst einladen und wie Abraham sprechen: „Mein Herr, geh doch an deinem Knecht nicht vorbei!“ Wie Martha sollten wir ihn freundlich aufnehmen und ihm einen warmherzigen Empfang bereiten.In solchen Augenblicken ereignet sich Begegnung mit Gott. Diese Begegnung kann unter zwei großen Aspekten betrachtet werden: Kontemplation und Aktion. Das erkennen wir, wenn wir auf das unterschiedliche Verhalten der beiden Frauen aus dem heutigen Evangelium schauen.

Martha ist, so könnte man sagen, die Aktive. Sie ergreift die Initiative und geht von sich aus auf Jesus zu. Sie lädt den müden Wanderer in ihr Haus ein. Dort ist sie ganz davon in Anspruch genommen, für ihn zu sorgen. Als tüchtige Hausfrau bemüht sie sich, alles zu tun, damit sich der Gast wohl fühlt. Ihre Anstrengungen geschehen jedoch nicht nur aus hausfraulichem Ehrgeiz, sondern offenbaren vor allem ihre große Liebe zum Herrn. Martha hatte Jesus nicht nur die Tür geöffnet sondern auch ihr Herz. So ist dieses emsige Dienen für sie ein Herzensanliegen, getreu ihrer persönlichen Eigenart, zu arbeiten und zu sorgen.

Anders Maria. Auch sie hat Jesus ihr Herz geöffnet. Sie ist aber von dieser Begegnung so ergriffen, dass alles andere für sie versinkt. Ihrem Wesen nach ist sie eher nach innen gekehrt. Man könnte sie als die Kontemplative bezeichnen. Sie hängt gleichsam an den Lippen des Meisters, sitzt zu seinen Füßen und tut scheinbar nichts. Und doch ist sie ganz aufmerksam und gespannt. Körperhaltung und Gesichtszüge spiegeln ihre große Bereitschaft und Empfänglichkeit wider. Maria ist ganz dem Einen zugewandt. Sie hört und hört und wird nicht fertig damit. Wo die Liebe Martha zu eiliger Tätigkeit anregt, da wählt Maria die stille Einkehr und Sammlung.

Beide Frauen haben Jesus bei sich aufgenommen und sind ihm auf ihre Art begegnet. Die etwas gereizte Frage Marthas wegen der Untätigkeit ihrer Schwester enthüllt aber die Gefahren, die bei beiden Haltungen auftreten können. Martha hat mit ihrer Frage zu werten begonnen. Sie hält ihr Tun für besser und sinnvoller. Das schafft immer Konflikte. Martha ist in Gefahr, ihr Schaffen zu wichtig zu nehmen und sich in dem Vielen zu verlieren. Damit hält sie uns einen Spiegel vor Augen, denn der Aktivismus ist eine große Versuchung unserer Zeit. Der Herr macht jedoch klar, worauf alle Tätigkeit beruhen muss: auf dem Hören des Wortes Gottes.

Auch Maria steht in einer Gefahr, der Gefahr des Rückzugs in ein Innenleben, das sich den äußeren Herausforderungen entzieht. Das aber wäre der falsche Weg, denn der Christ ist verantwortlich für diese Welt. Es könnte scheinen, dass Maria zur Unzeit tut, was erst zu einer anderen Stunde das Gemäße wäre. Denkt sie nicht in einer feinen Selbstsucht zu sehr an sich? Es gibt auch die Flucht ins Gebet, um sich vor der Erfüllung der Pflicht zu drücken.

Beide Frauen sind ihrer Gefahr jedoch nicht erlegen. Für Martha war das äußere Dienen letztlich Ausdruck ihres inneren Hörens. Maria ihrerseits zeigt uns, dass hinter all unserem Tun das beständige Hören auf Gottes Wort stehen muss. Erst in der inneren Einheit der beiden Dimensionen liegt die Vollendung.    

P. Gregor Lenzen CP, Kirchenzeitung vom 21. Juli 2013

Lesungen zum 16. Sonntag im Jahreskreis am 21. Juli