Zum Inhalt springen

Auf ein Wort: Gedanken zum Sonntagsevangelium

Jesus ist der Weg zum Vater

In den Tagen von Allerheiligen und Allerseelen besuchen wir die Gräber unserer Verstorbenen oder auch die Orte, an denen die Urnen mit ihrer Asche bestattet sind. Wir schmücken ihre Ruhestätten mit Blumen und Gebinden und zünden Kerzen an. Die Lichter wollen zum Ausdruck bringen, was wir für unsere Verstorbenen in diesen Tagen im Gebet erbitten: „Das ewige Licht leuchte ihnen, o Herr!“ Mehr als sonst denken wir in diesen Tagen an unsere Toten. Die Erinnerung verbindet uns mit denen, die schon in die Ewigkeit vorausgegangen sind und uns viele Jahre auf unserem Lebensweg begleitet haben.

Vor Jahren las ich einen Satz, den ich in mein Tagebuch geschrieben habe: „Die Erinnerung ist ein goldenes Band, das uns verbindet, bis wir uns wieder sehen.“ Was ein Mensch war, was er uns bedeutet hat und uns bis heute bedeutet, kann der Tod nicht auslöschen; denn das goldene Band der Erinnerung verbindet uns über den Tod hinaus.

Papst Johannes XXIII. (1958-1963), der seinen Angehörigen und Verwandten sehr verbunden war, schrieb 1928 an seine Schwestern in Sotto il Monte: „Unsere Verstorbenen sind im jenseitigen und wir im diesseitigen Leben. Doch der Abstand zwischen uns und ihnen ist klein. Derselbe Glaube an Gott und dieselbe Liebe verbinden uns. Unsere Toten gehören zu den Unsichtbaren, aber nicht zu den Abwesenden. Habt immer Mut. Jetzt mehr denn je! Der Tod ist nur eine zeitliche Trennung. Wir alle sollen einmal wieder miteinander vereint sein, und zwar für immer. Wie groß wird die Freude an jenem Tag sein, an dem wir uns im Himmel wiedersehen.“

Das Evangelium am Allerseelentag ist eine österliche Botschaft. Die Perikope steht am Beginn der Abschiedsrede Jesu im 14. Kapitel des Johannesevangeliums. Darin spricht Jesus vom Vater, zu dem er uns führen will. Vor seinem Weggang ermutigt und tröstet er die Jünger mit den Worten: „Im Hause meines Vaters gibt es viele Wohnungen. Wenn es nicht so wäre, hätte ich euch dann gesagt: Ich gehe, um einen Platz für euch vorzubereiten?“ Im Bild von den Wohnungen sagt uns Jesus, dass der Himmel unsere endgültige Heimat ist. Nur durch ihn kommen wir zum Vater und erlangen das Heil.

Der Apostel Paulus schreibt an die Christengemeinde von Philippi in Mazedonien: „Unsere Heimat ist im Himmel. Von dorther erwarten wir Jesus Christus, den Herrn, den Retter“ (Phil 3,20). Jesus hat uns versprochen: „Ich werde euch zu mir holen, damit auch ihr dort seid wo ich bin.“ Unser Leben ist eine Reise, die heimwärts führt. Wenn wir sterben, gelangen wir nicht an einen fremden, unbekannten Ort, sondern wir kehren heim zu Gott. „Ich sterbe nicht, ich gehe ins Leben“ sagte die hl. Theresia von Lisieux. Wir befinden uns, solange wir auf Erden leben, auf dem Pilgerweg ins himmlischen Vaterhaus.

Wenn wir in der Gnade Gottes sterben, kehren wir heim in die Liebe Gottes, der uns erschaffen hat. Der Himmel ist das letzte Ziel des Menschen, der Zustand des höchsten und endgültigen Glücks. Jesus hat allen, die an ihn glauben, einen Platz im Haus des Vaters bereitet. Dort werden wir in ewiger Liebe mit dem Dreieinigen Gott, mit der Jungfrau Maria, mit den Engeln und allen Seligen vereint sein. Wir werden auch jene wieder sehen, die uns vorausgegangen sind und mit denen wir in Liebe verbunden waren.

„Wir sind nur Gast auf Erden und wandern ohne Ruh mit mancherlei Beschwerden der ewigen Heimat zu.“

Msgr. Herbert Lang, Kirchenzeitung vom 2. November 2014

Lesungen zu Allerseelen am 2. November 2014