Auf ein Wort: Gedanken zum Sonntagsevangelium
Herr, lehre uns beten!
17. Sonntag im Jahreskreis, 28. Juli 2013
Es ist bezeichnend für Lukas, dass er dem Beten Jesu in seinem Evangelium vom heutigen Sonntag einen besonderen Platz einräumt. Das Vaterunser ist das einzige Gebet, das Jesus seine Jünger selbst gelehrt hat. Bei Matthäus hat das Vaterunser sieben Bitten, bei Lukas (im heutigen Evangelium) nur fünf. Die Anfügung „Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit“ ist schon in der Zwölfapostellehre (Didaché) um 150 n. Chr. bezeugt.
Das Vaterunser ist das vollkommenste Gebet und die „Zusammenfassung des ganzen Evangeliums“ (Tertullian). Die frühen Christen sprachen dieses Urgebet der Kirche dreimal am Tag. Für die gesamte Christenheit ist es das allerwichtigste Gebet.
Am Anfang des Vaterunsers steht die Anrede „Abba – Vater“. So hat Jesus zu seinem himmlischen Vater gebetet; so dürfen auch wir vertraulich mit ihm sprechen. Die Anrede Gottes als Vater ist die Seele des Vaterunsers. Er ist der Quell alles Guten. Er ist die Liebe. Der Schriftsteller Reinhold Schneider schrieb dazu in seiner Auslegung des Herren-Gebetes: „Das Vaterunser beginnt mit einem großen Trost; wir dürfen Vater sagen. In diesem einen Wort ist die ganze Erlösungsgeschichte enthalten. Wir dürfen Vater sagen, weil der Sohn unser Bruder war und uns den Vater geoffenbart hat; weil wir durch die Tat Christi wieder Kinder Gottes geworden sind.“
„Vater, dein Name werde geheiligt“ – so beginnt das Vaterunser bei Lukas (11,2). Der Name schafft die Möglichkeit der Anrede. Im Hohepriesterlichen Gebet bekennt Jesus: „Vater, ich habe deinen Namen den Menschen offenbart“ (Joh 17,6). Gott ist mit seinem Namen ansprechbar, anrufbar geworden. Der Name Gottes wird geheiligt, wenn wir ihn über alles stellen und ehren, wenn wir ihn allein anbeten und verherrlichen. „Dein Reich komme“. Hier bitten wir, dass das Reich Gottes, das in Christus schon angebrochen ist, vorankommt und sich endgültig durchsetzt. Der Theologe Francois Fénelon sagt: „Alles zu wollen, was Gott will, es immer zu wollen, bei allen Gelegenheiten und ohne Einschränkungen, das ist das Reich Gottes, das ganz innen ist.“
Die Bitte um das tägliche Brot macht uns zu Menschen, die von der Güte ihres himmlischen Vaters alles erwarten, was sie zum Leben brauchen. Wir sollten bei dieser Bitte auch an diejenige in der Welt denken, denen es am Lebensnotwendigen fehlt.
In der vierten Vaterunserbitte geht es um das Thema Vergebung, das ja das ganze Evangelium durchzieht: „Erlass uns unsere Sünden; denn auch wir erlassen jedem, was er uns schuldig ist.“ Unversöhnt mit dem Nächsten kann man nicht vor Gott hintreten. Wenn wir barmherzig sind und einander verzeihen, wird uns auch Gott in seiner überreichen Güte und Barmherzigkeit alle Schuld vergeben.
„Und führe uns nicht in Versuchung.“ Weil wir um das begrenzte Maß unserer Kraft und um die Übermacht des Bösen wissen, bitten wir Gott, dass er uns nicht zu viele Prüfungen zutraut, dass er uns nicht aus den Händen lässt.
Msgr. Herbert Lang, Kirchenzeitung vom 28. Juli 2013
Lesungen zum 17. Sonntag im Jahreskreis am 28. Juli