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Auf ein Wort: Gedanken zum Sonntagsevangelium

Gegen die Dämonen der Angst

Kranksein kann bitter sein. Es kann einen treffen, plötzlich, unerwartet. Zuerst kleine Beschwerden. Nach der Untersuchung heißt es: Es sei eine Operation nötig. Bei manchen sogar  der kalte Schauder, die nackte Wahrheit:

Metastasen in allen möglichen Organen!

Kranksein bedeutet in ein Loch zu fallen, dessen Boden unbekannt ist. Es ist ein Schlag gegen das eigene Wertgefühl, gerade bei solchen Menschen, die ihre Freude daran hatten, für andere zu sorgen: „Wer bin ich noch, wenn ich nichts mehr für sie tun kann?“ Dazu noch der Selbstzweifel, den Angehörigen zur Last zu fallen.

Solchen Personen begegnet Jesus, damals wie heute. Eine davon ist die Schwiegermutter des Petrus. Was Jesus ihr schenkt, ist mehr, als dass sie aufstehen kann. Indem er sie bei der Hand nimmt und aufrichtet, nimmt er von ihr auch die Bitterkeit. Er gibt ihr die Gewissheit, leben zu dürfen, die zu sein, die sie ist. Sie findet ihre Freude wieder. Es fällt ihr leicht, die Gäste zu bedienen.Die Begegnung der Kranken mit Jesus endet mit der Heilung. Aber wie ist es, wenn wir uns nicht unter den Geheilten befinden, wenn uns vielmehr ein ganz anderer Ausgang erwartet?

Schauen wir den zweiten Teil des Wirkens Jesu näher an! Es geschieht an den Besessenen, an denen, die von Dämonen gequält werden. In der aufgeklärten Gesellschaft überlassen wir das Thema Teufeln und Dämonen eher der Esoterik. Als Gebildete, die vom Gebrauch ihrer Vernunft etwas halten, haben wir es nicht mehr nötig, an naive Vorstellungen zu glauben, so meinen die meisten. In Wirklichkeit geht es gar nicht um irgendwelche abstruse Fantasien, sondern um eine alltägliche Erfahrung. Es sind die Mächte, die immer dazwischenfunken, wenn wir uns nach Harmonie sehnen; es sind die Ängste, die unser Leben vergiften. Zu diesen scheinbar unbezwingbaren Dämonen gehört die Wirkung, die eine medizinische Diagnose auslösen kann. Sie kann die Wahrheit über Leben und Tod sein. Es ist der Augenblick, wo der Arzt nicht mehr weiterhelfen kann. Er kann einem die Angst nicht nehmen. Ihr gegenüber ist die Medizin machtlos. Wie froh wären wir, wenn uns jemand von der niederdrückenden Stimmung erlösen und diesen Dämon austreiben könnte!

Genau das tut Jesus. Er entwaffnet die Mächte, die heute wie damals die Menschen unter ihrer Kontrolle halten. Er hat die Kraft, die sogenannten Besessenen von der grausamen Erfahrung zu befreien, unheimlichen Mächten ausgeliefert zu sein. Er gibt ihnen den Sinn für ihre eigene Würde zurück und die Zuversicht, ihr weiteres Leben

zu bestehen. In der Nähe Jesu ist nichts mehr von Angst zu spüren, von quälenden Gefühlen, von fremden Gewalten, die stärker sind als wir. Eine Krankheit kann unseren Körper schädigen, sogar zerstören, nicht aber uns selbst, wenn wir vom Geist Jesu wie von einer schützenden Hülle umgeben sind.

Voraussetzung ist allerdings, dass wir in seine Atmosphäre eintauchen und den Raum, in dem er lebt, betreten. Wenn uns die Nähe Gottes überwältigt, dann sind wir stärker als die Dämonen der Angst, der Bitterkeit und Verzweiflung.

P. Guido Kreppold OFMCap, Kirchenzeitung vom 8. Februar 2015

Lesungen zum 5. Sonntag im Jahreskreis am 8. Feburar 2015