Frohe Botschaft?
26. Sonntag im Jahreskreis, 30. September 2012
Es gibt keine halben Wahrheiten; entweder – oder, ja oder nein: diese Gedanken gehen einem durch den Kopf, wenn der erste Schrecken über die drastische Bildsprache Jesu abgeflaut ist.
Dass dieser Text keinen Aufruf zum Selbstmord und zur Selbstverstümmelung beinhaltet, war den Hörern und Hörerinnen zur Zeit Jesu bewusst. Sie verstanden, dass es hier darum geht, einmal genauer hinzusehen und zu fragen, welche Haltungen von Jesus angeprangert werden und was sie mit dem jeweiligen Körperteil zu tun haben könnten.
Da ist zunächst der Kopf als Sitz des Denkens und Redens. Er verweist auf die Kunst der Entscheidung für das Wahre und Gute. Klarheit ist gefragt – kein sich rausreden in Zwischentönen. Es stellt den Hörenden der Botschaft vor die Frage, ob er/sie sich zu diesem Jesus und seiner Botschaft bekennt und diese, auch wenn manches nicht so einfach verständlich ist, unverfälscht lebt und mit seinen Worten weitergibt. Das, was gedacht wird, findet in der Regel Ausdruck im Tun, hier verdeutlicht zunächst einmal durch die Hand. Wieder wird eine klare Entscheidung verlangt: nicht nur ein bisschen, nicht nur unter Gleichgesinnten, geht es um das Tun dessen, was Gottes Liebe und Barmherzigkeit sichtbar und spürbar werden lässt, sondern um die Bereitschaft, solches grundsätzlich in jeder Lebens- und Glaubenssituation zu tun.
Die Praxis lenkt den Blick auf den Fuß. Wohin werden die Schritte gelenkt? Kommt durch das Stehen die Standfestigkeit zum Ausdruck? Oder wird der Fuß genutzt, um zum Beispiel nach unten zu treten und so selbst in einem besseren Licht dazustehen? Um diese Fragen beantworten zu können ist wiederum die persönliche Entscheidung gefragt.
Bleibt noch das Auge – der Spiegel der Seele. Ein Blick kann klar, freundlich und ermutigend sein, aber auch stechend, abschätzend oder gar vernichtend. Er sagt viel über die innere Haltung eines Menschen aus.
Jesu will mit den vom ihm gewählten drastische Worten deutlich machen: Das Leben stellt den Menschen jeden Tag neu vor die Herausforderung, sich gegen Trägheit und Bequemlichkeit für den Weg der Nachfolge zu entscheiden. Das Wort Jesu zeigt, dass sein Weg kein leichter ist. Und es macht Mut zu einem solchen Tun, denn es schenkt Ausgeglichenheit, Zufriedenheit und seelische Gesundheit. Wenn das keine Frohe Botschaft ist!
Barbara Bagorski, Kirchenzeitung vom 30. September 2012