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Auf ein Wort: Gedanken zum Sonntagsevangelium

„Euer Herz lasse sich nicht verwirren“

Fünfter Sonntag der Osterzeit, 18. Mai 2014

In der Frohbotschaft des 5. Sonntags in der Osterzeit hören wir den Anfang der Abschiedsreden Jesu. Die Abschiedsreden finden wir nur im Evangelium nach Johannes, das erst am Ausgang des ersten Jahrhunderts seine jetzige Gestalt fand. Die Abschiedsworte Jesu erreichen ihren Höhepunkt im Hohepriesterlichen Gebet.

Nach der Fußwaschung am Abend vor dem Paschafest kündigt Jesus nicht nur seinen Tod, sondern auch den Verrat des Judas und die Verleugnung des Petrus an. Beim Paschamahl gibt er den Jüngern auch das neue Gebot der Liebe (Joh 13,34).

Die Leidensvorhersage Jesu stürzt die Jünger in Angst und Verwirrung. Jesus weiß, wie ihnen zumute ist. Deshalb will er die Seinen für die Zeit nach seinem Weggang vor lähmender Angst bewahren, wenn er sagt: „Euer Herz lasse sich nicht verwirren. Glaubt an Gott und glaubt an mich. Im Hause meines Vaters gibt es viele Wohnungen“. Die Jünger haben Mühe, den Abschied Jesu zu begreifen. Jesus ermutigt und tröstet sie, indem er sie zum Vertrauen auffordert: Vertraut auf Gott und vertraut auch auf mich. Ich bin bei euch alle Tage. Erst nach Ostern haben die Jünger die Worte Jesu voll und ganz erfasst. Jesus ist nicht im Tod geblieben. Er hat den Tod bezwungen. Er lebt und wirkt als der erhöhte Herr durch den Heiligen Geist in der Kirche weiter.

Die Worte Jesu waren von ganz aktueller Bedeutung für die Christengemeinden am Beginn des zweiten Jahrhunderts. Das Evangelium nach Johannes verfolgt das Ziel, der Kirche, speziell den in der Römischen Provinz Asia im westlichen Kleinasien bestehenden Gemeinden Wegweisung, Bestärkung und Trost zu vermitteln; denn im Römischen Reich beginnen sich bereits deutlich Verfolgungen abzuzeichnen.

Ferner finden wir im Johannesevangelium Sätze, die auf schwere Auseinandersetzungen mit dem Judentum hindeuten. Juden, die sich zu Jesus als ihrem Messias bekennen, werden aus der Synagoge ausgestoßen oder gar mit dem Tod bedroht. Hinzu kommen die gnostischen Sekten, die zu ernsthaften Rivalen der frühchristlichen Kirche werden.

Die Worte Jesu im heutigen Evangelium sind nicht zuletzt Wegweisung und Trost für die Kirche der Gegenwart, die vielfachen Heimsuchungen, Bedrängnissen und Verfolgungen ausgesetzt ist. Wir nehmen kaum zur Kenntnis, dass Millionen Menschen in mehreren Ländern der Welt ihren Glauben nicht offen leben dürfen. Papst Franziskus hat in seiner Osterbotschaft im Zusammenhang mit den Christenverfolgungen vor allem die Attentate auf die Kirche in Nigeria sowie Entführungen von Priestern und Bischöfen weltweit beklagt.
Der Trost Jesu gipfelt in der Zusage: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich“. Der Evangelist fordert dazu auf, den Blick auf den auferstandenen Christus zu richten, ihm vorbehaltlos zu vertrauen und ihm nachzufolgen. Er will den Seinen eine Stätte, ein Zuhause beim Vater im Himmel bereiten; dann wird er wiederkommen und sie zu sich holen.

Thomas jedoch möchte eine deutlichere Erklärung und fragt nach dem Ziel: „Herr, wir
wissen nicht wohin du gehst. Wie sollen wir dann den Weg kennen?“. Jesus gibt ihm zur Antwort: Es kommt auf den Weg an. Wer den rechten Weg geht, wird auch ans rechte Ziel gelangen. Der rechte Weg aber ist Christus. Er ist der Weg, weil er zugleich die Wahrheit ist. Es gibt keinen Weg zu Gott an Jesus vorbei. Er ist der Weg zum Vater. Er ist auch das Leben; denn Auferstehung und Leben hängen allein von ihm ab.                      

Msgr. Herbert Lang,Kirchenzeitung vom 18. Mai 2014

Lesungen zum fünften Sonntag der Osterzeit am 18. Mai 2014