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Auf ein Wort: Gedanken zum Sonntagsevangelium

Der König auf dem Kreuzesthron

Christkönigssonntag, 24. November 2013

Hättest du Krone und Schwert genommen, so hätten sich dir alle freudig unterworfen. In einer einzigen Hand wäre die Herrschaft über die Leiber und über die Seelen vereint, und das Reich des ewigen Friedens wäre angebrochen. Du hast es versäumt ...“ – so spricht der Großinquisitor zu Jesus in Dostojewskijs Roman „Die Brüder Karamasoff“.

Spricht er damit nicht auch uns aus der  Seele? Heute feiern wir Christkönigssonntag. Aber was für ein König ist denn das!? Das Evangelium zeigt ihn uns am Kreuz hängend, als Zielscheibe beißenden Spottes und der Verachtung, selbst von Verbrechern. Hat er das nötig gehabt? Er war doch schließlich Gottes Sohn – „Du hast es versäumt ...“.

Wenn wir Christus als König verehren, würden wir ihn lieber als strahlenden Helden mit einer goldenen Krone auf dem Haupt sehen. Das entspräche doch viel eher unseren Vorstellungen von Königtum. Nicht umsonst sitzen Millionen von Zuschauern vor den Fernsehgeräten, wenn irgendwo wieder eine Hochzeit von Königskindern oder gar eine Krönung stattfindet.

Die Gestalt des Königs, der von Gottes Gnaden nur Gott gegenüber verantwortlich ist, hatte zu allen Zeiten etwas Faszinierendes für die Menschen. Dieser Blick auf den König liegt tief im Wesen des Menschen begründet. Der Geschichtsdeuter und Schriftsteller Reinhold Schneider sah in der Person des Königs „die natürliche Mitte einer geordneten oder sich wieder ordnenden Welt.“

Doch der König auf dem Kreuzesthron scheint so gar nichts königliches an sich zu haben. Statt einer Krone aus Gold trägt er die Dornenkrone, statt auf einem prächtigen Thron ruhen seine Glieder auf dem harten Holz des Kreuzes. Was ist das für eine Art von Königsherrschaft, die hier verkündet wird? Offensichtlich stellt sie all unsere Begriffe von Macht und Machtlosigkeit auf den Kopf. „Wenn du der König der Juden bist, dann hilf dir selbst!“ spotten die Soldaten. Doch der Christkönig wollte sich nicht selbst helfen. Er hatte freiwillig die absolute Machtlosigkeit gewählt, um den Mächtigen dieser Welt eine endgültige Lehre zu erteilen: Nicht das eifersüchtige Streben nach Machtgewinn und Machtsicherung führen zum Leben, sondern die freie Hingabe aus Liebe. Der König, der vom Kreuzesholz herab regiert, hat es durch die Jahrhunderte bewiesen: Nur die selbstlose Liebe hat wahrhaft Macht über die Herzen der Menschen. Nur solche Liebe kann die Welt zum Besseren verändern.

Diese Liebe des gekreuzigten Königs ruft immer wieder nach Gegenliebe. Das erkennt auch der Großinquisitor aus dem eingangs zitierten Roman, wenn er fortfährt zu Jesus zu sprechen: „Du stiegst nicht herab, weil du die Menschen nicht durch ein Wunder zu Sklaven machen wolltest, weil dich nach freier und nicht nach einer durch Wunder erzwungenen Liebe verlangte ...“.

Der Christkönig hört nicht auf, sein Reich der Liebe auf unserer Erde zu begründen. Es ist ein Reich, das zunächst in den Herzen derer wächst, die sich seiner gekreuzigten Liebe öffnen. Treten wir deshalb frohen Mutes in die Gefolgschaft dieses Königs und folgen wir seinem Banner des Kreuzes. Kein König hat je seine Untertanen so reich beschenkt wie der Christkönig. Wenn wir ihm ein Leben lang die Treue halten, gilt auch uns einmal sein machtvolles Wort: „Heute noch wirst du mit mir im Paradiese sein.“         

P. Gregor Lenzen CP, Kirchenzeitung vom 24. November 2013

Lesungen zum Christkönigssonntag am 24. November 2013