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Auf ein Wort: Gedanken zum Sonntagsevangelium

Der Hunger nach dem Brot vom Himmel

Vom Hunger und vom Leben ist im Evangelium die Rede – vom Lebenshunger der Menschen und vom „wahren Brot“, das allein diesen Hunger zu stillen vermag!

Mehr haben zu wollen vom Leben und im Leben, ist wohl eine Ursehnsucht der -Menschen. Wer gibt sich schon gerne damit zufrieden, „einigermaßen gut“ zu leben, -einen „normalen Alltag“ zu haben!? Es muss im Leben doch mehr als alles geben!

Aber was ist das denn eigentlich Leben? Genügt es den oft so zähen Alltag etwa mit spannenden, abwechslungsreichen Freizeitaktivitäten zu füllen, um dem Leben einen Sinn zu geben? Auf Dauer bringen Aktionismus  und Aktivismus nicht wirklich weiter: Die Unzufriedenheit, die manchmal im Alltag spürbar wird, die Süchte, die aus ihr entstehen können – Essen, Trinken, Konsum bis hin zur Beziehungssucht – haben ihren Grund nicht darin, dass zu wenig gemacht würde, sondern in einer inneren Leere, die sich durch Kick und Erlebnis zwar mehr oder weniger lang und gut kaschieren, aber eben nicht ausfüllen lässt.

Und genau damit sind wir bei einer der zentralen Fragen des Evangeliums angelangt: Auf seine Aufforderung hin, sich nicht für die Speise abzumühen, die verdirbt, fragen die Leute Jesus: „Was müssen wir tun, um die Werke Gottes zu vollbringen?“ Der eigentliche Widerspruch dieser Frage tritt noch einmal besser zu Tage, wenn man wörtlicher übersetzt: „Was müssen wir arbeiten, um die Werke Gottes durch Arbeit zu verdienen?“

Joseph Ratzinger/Papst Benedikt XVI. schrieb im ersten Band seiner Jesustrilogie zu dieser Frage: „Die Hörer sind bereit zu arbeiten, zu wirken, ‘Werke’ zu tun, um dieses Brot zu empfangen. Aber es kann nicht durch menschliche Arbeit, durch eigene Leistung ‘verdient’ werden. Es kann nur als Gabe von Gott, als Gottes Werk, zu uns kommen: (...). Das -Höchste und Eigentliche können wir nicht selber erleisten; wir müssen uns beschenken lassen und sozusagen in die Dynamik des -Geschenkten eintreten. Dies geschieht im Glauben an Jesus, der Dialog, lebendige Beziehung mit dem Vater ist und in uns wieder Wort und Liebe werden will.“

Und so fordert Jesus seine Zuhörer auf: „Das ist das Werk Gottes, dass ihr an den glaubt, den er gesandt hat.“ Der Glaube ist kein vom Menschen zu leistendes Werk, sondern Hingabe an den, der von Gott gesandt ist, ja in dem Gott sich selbst schenkt. Hans Urs von Balthasar formulierte mit Blick auf diese Textstelle: „Auch der Glaubende wird wirken müssen, aber einzig aus dem Glauben heraus, nicht, um zu glauben. Denn der -Glaube ist vollkommene Hingabe an den leistenden Gott, nicht menschliche Leistung.“

Im Glauben geht es darum, sich -beschenken zu lassen: Der Lebenshunger, der Durst nach Leben kann wirklich gestillt werden, nicht durch „Fastfood“ oder Surrogate, nicht mit dem, was auf dem Markt der Waren und -Meinungen zu haben ist, aber durch gläubiges Anteil haben an Jesus Christus, der Gabe Gottes in Person, dem -„Grundnahrungsmittel“ für das innere Leben, dem „wahren Brot vom Himmel“, dem „Brot des Lebens“! Das -ganze sechste Kapitel des Johannesevangelium kann als eine grundsätzliche Einführung in eucharistisches Denken verstanden werden, als eine Einladung, unseren Lebenshunger
stillen zu lassen in der Begegnung mit Jesus Christus, der Weg, Wahrheit und Leben ist.

Michael Wohner, Kirchenzeitung vom 2. August 2015

Lesungen zum 18. Sonntag im Jahreskreis am 2. August 2015