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Auf ein Wort: Gedanken zum Sonntagsevangelium

Der Himmel ist offen – Gott ist wirklich da! 

Mit dem Fest „Taufe des Herrn“ endet der Weihnachtsfestkreis, der mit dem ersten Adventssonntag begonnen hatte: War der Advent geprägt von der Bitte aus dem alttestamentlichen Jesajabuch „Reiß doch den Himmel auf und komm herab“ (Jes 63,19; vgl. auch das Lied „O Heiland, reiß die Himmel auf“, GL 231), so ist diese Sehnsucht im Fest der Taufe des Herrn erfüllt: „Und als er aus dem Wasser stieg, sah er, dass der Himmel sich öffnete und der Geist wie eine Taube auf ihn herabkam. Und eine Stimme aus dem Himmel sprach: Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Gefallen gefunden.“ (Mk 1,10-11)

Die tiefste Sehnsucht des Menschen, die alten Verheißungen finden ihre Erfüllung, das sehnsüchtige Bitten, Rufen und Klagen der Menschen eine Antwort: Gott ist da und offenbart seine Herrlichkeit – das Geheimnis des dreifaltigen Gottes leuchtet auf! Der Himmel steht offen über dem so vielen anderen Herrschaften verfallenen Kosmos. Gottes Stimme ist vernehmbar. Was verbirgt dieser Gott noch vor uns Menschen, wenn er doch das ureigenste, innerste Geheimnis seines ewig unfassbaren, dreieinen Wesens enthüllt!?

„Gott ist wirklich da – das gibt Kraft zur Nachfolge“, schreibt Klaus Berger zu dieser Schriftstelle. „Gott ist nicht Gedanke oder frommer Wunsch, sondern faszinierende Gegenwart, die das Herz klopfen lässt und die Menschen süchtig macht nach ‘mehr’, so dass die Jünger Jesus folgen können, ohne den Eltern Adieu zu sagen.“ Aber nicht nur den Jüngern damals, sondern jedem Menschen steht dieser Weg offen, wenn er sich von der Liebe Gottes überfluten lässt, wie es zum ersten Mal im Sakrament der Taufe durch den Heiligen Geist geschieht.“

Im Tagesgebet dieses Festes beten wir: „Wie er uns gleichgeworden ist in der menschlichen Gestalt, so werde unser Inneres neu geschaffen nach seinem Bild.“ Diese Neuschöpfung unseres Inneren geschieht und vollzieht sich vor allem durch die drei Initiationssakramente der Taufe, der Firmung und der Eucharistie: In der Taufe sterben wir mit Christus, um als neue Menschen zu leben (vgl. Röm 6,3-4), in der Firmung werden wir besiegelt durch die Gabe Gottes, den Heiligen Geist, in der Eucharistie nährt Christus selbst dieses neue, innere Leben.

Schon mehrfach hat Papst Franziskus in seinen Ansprachen darauf hingewiesen, wie wichtig es sei, gerade auch das Datum des eigenen Tauftages zu kennen. „Wenn wir es nicht kennen, laufen wir Gefahr, die Erinnerung zu verlieren, an das, was der Herr an uns getan hat, die Erinnerung an das Geschenk, das wir empfangen haben.“ Doch nur im Wissen um dieses Geschenk könne es gelingen, Jesus nachzufolgen und in der Kirche zu bleiben, trotz unserer menschlichen Grenzen, Schwächen und Sünden. Nur im Wissen um dieses Geschenk könnten wir als Hoffnungsträger wie Christus vergeben und selbst jene lieben, die uns beleidigen ud die uns verletzen. Nur im Wissen um dieses Geschenk könnten wir im Antlitz der Nächsten, der Geringsten, der Armen, Bedürftigen und Leidenden das Antlitz des Herrn erkennen, der zu uns kommt und uns nahe ist.

Am Fest „Taufe des Herrn“ feiern wir, dass der Himmel geöffnet und Gott wirklich da ist! Das gibt Kraft zur Nachfolge im Alltag – im ganzen Kirchenjahr!

Michael Wohner, Kirchenzeitung vom 11. Januar 2015

Lesungen zum Fest Taufe des Herrn am 11. Januar 2015