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Auf ein Wort: Gedanken zum Sonntagsevangelium

Der Auferstandene begegnet dem Zweifler Thomas

Zweiter Sonntag der Osterzeit, 27. April 2014

Der 2. Sonntag in der Osterzeit, auch Weißer Sonntag genannt, ist vielerorts der Tag der Erstkommunion. Er hat seinen Namen jedoch von den weißen Gewändern, welche die Neugetauften in der frühen Kirche von der Osternacht bis zum Weißen Sonntag getragen haben. Der Weiße Sonntag 2014 wird in die neueste Geschichte der Kirche als ein denkwürdiger Tag eingehen, weil an ihm zwei große Päpste, nämlich Johannes XXIII. und Johannes Paul II., heiliggesprochen werden.

Seit dem Jahre 2001 wird der 2. Sonntag der Osterzeit auch als Sonntag der göttlichen Barmherzigkeit begangen. Karol Wojtyla, der Papst aus Polen, hat ihn der Kirche als sein Vermächtnis hinterlassen. Er sprach am 30. April 2000 die polnische Ordensschwester M. Faustyna Kowalska heilig, deren Sendung es war, die Botschaft von der unendlichen Barmherzigkeit Gottes der Welt bekannt zu machen. Die Heilige Schrift bezeugt bekanntlich keine Eigenschaft Gottes so eindringlich wie seine Barmherzigkeit.

Der Apostel Thomas hat die Barmherzigkeit, die Milde und Güte des Auferstandenen unmittelbar erfahren, als auch er – wie die übrigen Jünger – Jesus begegnen durfte. Am Abend des ersten Tages der Woche erschien Jesus den Jüngern, die sich nach der Katastrophe des Karfreitags in Jerusalem wieder zusammengefunden hatten. Außer Judas fehlt am Abend des Ostertages auch Thomas in ihrem Kreis. Plötzlich tritt Jesus in ihre Mitte.
Er begegnet ihnen auf eine ganz neue Art und Weise und spricht ihnen den Frieden zu. Zum Zeichen, dass er wirklich lebt, zeigt er ihnen die Wundmale seiner Hände und seiner Seite. Nach dem ersten Erschrecken bricht bei den Jüngern Jubel und die Freude des Wiedersehens auf. 

Die Apostel, die das Geschehen am Osterabend erlebt haben, berichten dem Thomas, dass ihnen Unglaubliches widerfahren ist: „Wir haben den Herrn gesehen.“ Thomas glaubt ihnen kein Wort. Die Ereignisse der letzten Tage haben ihn zutiefst getroffen. Er kann sich nicht vorstellen, dass Jesus, der am Kreuz hingerichtet und dann begraben wurde, lebt und den Mitaposteln erschienen ist. Er will nicht auf ein Gerücht hereinfallen. Er will handfeste Beweise: „Wenn ich nicht die Male der Nägel sehe und wenn ich meinen Finger nicht in die Male der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht!“ (Joh 20,25)
Acht Tage darauf sind die Jünger wieder in einem geschlossenen Raum versammelt. Diesmal ist auch Thomas dabei. Erneut steht Jesus ganz unerwartet in ihrer Mitte. Es ist tröstlich zu sehen, mit wie viel Verständnis und Güte der verklärte Herr dem ringenden Thomas entgegenkommt und sich ihm offenbart. Er geht sogleich auf Thomas zu. Er soll mit seinem Finger die Wundmale seiner Hände berühren und die Hand in seine Seitenwunde legen.

Nun bedarf es keines Beweises mehr. Thomas ist überwältigt. Er hat mit den Herzen erfasst: Der Herr ist wahrhaft auferstanden. Staunend und aus tiefstem Herzen bekennt er: „Mein Herr und mein Gott!“ (Joh 20,28)
Können auch wir jetzt und heute dem Auferstandenen begegnen? Die Ostererzählung des vierten Evangeliums will uns dazu verhelfen. Wir können ihm begegnen in der intensiven Beschäftigung mit der Heiligen Schrift. Wir erfahren seine Nähe im Gebet und in der Meditation. Wir begegnen ihm in der Feier der Eucharistie, wenn er unter uns gegenwärtig wird in den Gestalten von Brot und Wein. Wir begegnen ihm aber auch in der Gemeinschaft der Glaubenden; denn Jesus sagt: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich (der Auferstandene) mitten unter ihnen“ (Mt 18,20).                

Msgr. Herbert Lang, Kirchenzeitung vom 27. April 2014

Lesungen zum zweiten Sonntag der Osterzeit am 27. April 2014