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Auf ein Wort: Gedanken zum Sonntagsevangelium

Den Berg der Begegnung mit Gott hinaufsteigen

Obwohl Petrus und seine Begleiter (wie auch im Lukasevangelium 5,10; 8,51 und 9,28) Augenzeugen des göttlichen Offenbarwerdens sind, begreifen sie bei der Verklärung Jesu zunächst nicht, was vor ihren Augen geschieht: Petrus möchte drei Hütten bauen.

Nach Klaus Berger nicht deswegen, weil er meine, man sollte aus „Wohlbefinden und Leidensscheu“ auf dem Berg bleiben, „weil es dort so angenehm ist und man sich einigeln kann“, sondern weil er Jesus nur als Lehrer, als „gleichrangigen Kollegen“ von Mose und Elija sehe.

In dem Moment aber, als Petrus und seine Begleiter in die Wolke hineingeraten und deswegen nicht mehr sehen können, hören sie die Stimme des Vaters: Jesus allein ist der „auserwählte Sohn“, auf den die Menschen hören sollen, wenn es um die Auslegung der Schrift und Gottes Willen überhaupt geht. Nach dieser Offenbarung steht „Jesus wieder allein“ vor ihnen.

Damit ist die Verklärung Jesu nach Klaus Berger gerade in der Lukas-Version etwas unerhört Neues: Über all das hinaus, was auch schon im Alten Testament angedeutet ist, offenbart hier Gott-Vater selbst, dass es eben Jesus, der „auserwählte Sohn“ ist, der leiden und sterben muss und auf den man hören soll. Oder mit den Worten Hans Urs von Balthasars: Die „Verklärung ist keine Vorwegnahme der Auferstehung in der sein Leib zu Gott hin verwandelt werden wird, sondern im Gegenteil die Gegenwart des dreieinigen Gottes und der gesamten Heilsgeschichte in seinem zum Kreuz vorherbestimmten Leib. In diesem seinem Leib ist der Bund zwischen Gott und der Menschheit endgültig besiegelt.“

Papst Benedikt formulierte dazu einmal: „Jesus, der ,allein‘ ist, (ist) alles, was den Jüngern und der Kirche aller Zeiten gegeben ist: Er ist das, was für den Weg reichen muss. Er ist die einzige Stimme, der Gehör zu schenken ist, der einzige, dem man nachfolgen muss, er, der nach Jerusalem hinaufsteigen, dann sein Leben hingeben und eines Tages ,unseren armseligen Leib verwandeln wird in die Gestalt seines verherrlichten Leibes‘ (Phil 3,21). (...) Die Verklärung ruft uns in Erinnerung, dass die von Gott im Leben gesäten Freuden kein Ankunftspunkt, sondern Lichter sind, die er uns auf der irdischen Pilgerreise schenkt, damit ,allein Jesus‘ unser Gesetz und sein Wort das Kriterium sei, das unser Dasein führt.“

Bei seinem letzten Angelusgebet als Papst, am 24. Februar 2013, bevor er sich selbst aus der Öffentlichkeit zurückzog, um sich mehr dem Gebet und der Betrachtung widmen zu können, hob er mit Blick auf die Tatsache, dass die Verklärung Jesu sich ereignete „während er betete“, hervor: „Das Gebet bedeutet nicht, sich von der Welt und ihren Widersprüchen abzusondern, (...) sondern das Gebet führt zurück auf den Weg, zurück zum Handeln. ,Das christliche Leben besteht darin, den Berg der Begegnung mit Gott immer wieder hinaufzusteigen, um dann, bereichert durch die Liebe und die Kraft, die sie uns schenkt, wieder hinabzusteigen und unseren Brüdern und Schwestern mit der gleichen Liebe Gottes zu dienen‘.“

In der Fastenzeit sind wir auf besondere Weise eingeladen, diesen Berg hinaufzusteigen, nicht um uns durch ein „Weniger“ von der Welt und all dem Schönen in ihr abzuwenden, sondern uns ihr gerade durch ein „Mehr“ zuzuwenden – ein „Mehr“ an Dankbarkeit über das, was uns aus Gottes Hand geschenkt ist.

Michael Wohner, Kirchenzeitung vom 21. Februar 2016

Lesungen zum zweiten Fastensonntag am 21. Februar 2016