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Auf ein Wort: Gedanken zum Sonntagsevangelium

Das „Ärgernis des Glaubens“ überwinden?

Von der Jüngerkrise von Kafarnaum  sprechen die Exegeten mit Blick auf Joh 6,60-69: Dass Jesus ihnen sein Fleisch zum Essen und sein Blut zum Trinken geben möchte, erscheint vielen seiner Zuhörer unerträglich.

Damals wie heute suchen viele Menschen nach Wahrheit, sind ergriffen von einer guten Predigt, aber in dem Augenblick, in dem sie ihre oft nach eigenen Bedürfnissen gebastelten Vorstellungen von Gott oder gar ihr Leben auf das Wort Gottes hin ändern müssten, wird es schwierig! Dass Jesus mit dem Selbstbewusstsein auftritt, dass nicht erst sein Wort, also das, was er über Gott sagt, sondern er selbst in Person die Offenbarung Gottes schlechthin, das vom Himmel herabgekommene Leben Gottes ist, überschreitet offenbar eine Schmerzgrenze bei den meisten Jüngern.

Wie wichtig Jesus diese „Botschaft“ ist, zeigt jedoch die Tatsache, dass er keinen Schritt zurückweicht aus Angst, sie könnten von ihm weggehen, sondern seine Aussagen sogar noch verschärft: „Daran nehmt ihr Anstoß? Was werdet ihr sagen, wenn ihr den Menschensohn hinaufsteigen seht, dorthin, wo er vorher war?“ Sogar den engsten Kreis der Zwölf fragt er: „Wollt auch ihr weggehen?“ Und es ist Petrus, der stellvertretend für die Gläubigen aller Zeiten die Antwort gibt: „Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens.“

Der Priester und Schriftsteller Lothar Zenetti hat einmal formuliert:

Worauf sollen wir hören, sag uns, worauf?
So viele Geräusche, welches ist wichtig?
So viele Beweise, welcher ist richtig?
So viele Reden! Ein Wort ist wahr.

Wohin sollen wir gehen, sag uns, wohin?
So viele Termine, welcher ist wichtig?
So viele Parolen, welche ist richtig?
So viele Straßen! Ein Weg ist wahr.

Wofür sollen wir leben, sag uns, wofür?
So viele Gedanken, welcher ist wichtig?
So viele Programme, welches ist richtig?
So viele Fragen! Die Liebe zählt.“

Allerlei bekommen wir in unserem Alltag zu sehen und zu hören. Von überall her tönt die Verheißung: Wenn du zugreifst, wird dein Leben schöner, leichter, glücklicher. Das allermeiste davon aber kann unsere Sehnsucht nach Leben und Erfüllung nicht wirklich stillen. Papst Benedikt XVI. schrieb in seiner ersten Enzyklika „Deus caritas est“: „Wir haben der Liebe geglaubt: So kann der Christ den Grundentscheid seines Lebens ausdrücken. Am Anfang des Christseins steht nicht ein ethischer Entschluss oder eine große Idee, sondern die Begegnung mit einem Ereignis, mit einer Person, die unserem Leben einen neuen Horizont und damit seine entscheidende Richtung gibt. In seinem Evangelium hatte Johannes dieses Ereignis mit den folgenden Worten ausgedrückt: ‘So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit -jeder, der an ihn glaubt, das ewige Leben hat’.“

Der Glaube, dass wir diesem Ereignis, -dieser Person auch heute noch begegnen können – in jeder Eucharistiefeier leibhaftig unter den Gestalten von Brot und Wein, bleibend gegenwärtig in den Tabernakeln unserer Kirchen – mag rein kreatürlichem Begreifen -unzugänglich, ja unerträglich sein. Diese Verheißung Jesu kann nur im Heiligen Geist verstanden werden! Deshalb gilt es täglich um diesen lebendig machenden Geist zu bitten, um das Ärgernis der Menschwerdung, das Ärgernis des Glaubens zu überwinden und bei Jesu zu bleiben!

Michael Wohner, Kirchenzeitung vom 23. August 2015

Lesungen zum 21. Sonntag im Jahreskreis am 23. August 2015