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Auf ein Wort: Gedanken zum Sonntagsevangelium

Advent – Ankunft Gottes in uns

Der wahre Gottessohn ist Christus nur  allein, / doch muss ein jeder Christ der- selbe Christus sein. / Wird Christus tausendmal zu Betlehem geboren. / Und nicht in Dir; Du bleibst doch ewiglich verloren“ – diese  vielzitierten Verse aus Angelus Silesius‘  „Cherubinischen Wandersmann“ fassen die  Botschaft des Evangeliums vom zweiten  Adventssonntag als Rückblick und Ausblick wunderschön zusammen.

Nirgendwo sonst findet sich im Lukasevangelium eine so ausführliche und genaue Zeitangabe: sechsfach wird aufgezeigt, dass das, was da angekündigt wird, wirklich jeden angeht: vom Kaiser bis zum kleinsten Fürsten, ob Jude oder Heide – „alle Menschen werden das Heil sehen, das von Gott kommt.“

Dieses Heil ist in dem konkreten Menschen Jesus von Nazareth, in seinem Reden und Wirken zu einer ganz bestimmten Zeit,  an einen ganz konkreten Ort in die Weltgeschichte „gekommen“, um das Leben aller Menschen heil zu machen.

Doch damit dieser erste Advent, diese erste Ankunft Christi bis zu seiner Wiederkunft am Ende der Zeit dieses Ziel erreichen kann, muss die Welt und alles in ihr für sein bleibendes Kommen „umgebaut“ werden: Wege müssen geebnet, Täler aufgefüllt, Berge und Hügel abgetragen, Windungen begradigt und holprige Stellen geglättet werden! Gottes Ankunft in der Welt, seine Geburt im Herzen jedes einzelnen Menschen ist nicht „billig“ zu haben. Klaus Berger kommentiert: „Wer Gott den Weg  bereitet, muss Mühen aufwenden. Der Gott der Herzen kommt auf Straßen, die eine oft schmerzliche Veränderung der Herzen voraussetzen.“ Wie mit der Nennung der Namen  Pontius Pilatus, Herodes, Hannas und Kajaphas  schon der Schatten des Kreuzes über dem  Beginn des Wirkens Jesu steht, so trifft jeden Einzelnen der Aufruf Johannes des Täufers zur Umkehr. Umkehr ist nötig – Abkehr von der Sünde, Hinwendung zu Gott, der auf uns  zukommt, der uns immer zugewandt ist, der jeden und jede Einzelne liebt.

Papst Benedikt XVI. hatte beim Angelusgebet  am 9. Dezember 2012 daran erinnert, dass es unsere Aufgabe sei, „heute jener Stimme  Gehör zu schenken, um Jesus, dem rettenden Wort, im Herzen Raum und Aufnahme zu geben. In der Konsumgesellschaft, in der man der Versuchung ausgesetzt ist, die Freude in den Dingen zu suchen, lehrt uns der Täufer, auf wesentliche Weise zu leben, damit Weihnachten nicht nur als äußerliches Fest gelebt wird, sondern als  Fest des Sohnes Gottes, der gekommen ist,  um den Menschen den Frieden, das Leben und die wahre Freude zu bringen.“ An die deutschen Pilger wandte er sich ausdrücklich mit den  Worten: „Auch wir sind eingeladen, immer  wieder das Geschenk der Vergebung von Gott zu empfangen, neue Menschen zu werden. Das  Sakrament der Versöhnung ist ein besonderer Ort, um dem barmherzigen Gott zu begegnen. Hier vergibt der Herr alle Sünden, hier heilt er unsere Verwundungen und macht alles gut. Jedes verzagte Herz nimmt er in seine Hände, und er schenkt uns seinen Frieden und seine Freude.“

Damit wirklich Advent, damit Weihnachten wird, damit Christus heute in uns geboren  werden kann, dürfen wir alles, was in unserem Leben krumm, uneben und schief ist, vor Gott hintragen, damit er es recht und gerade macht. Wir dürfen uns anrühren lassen von seiner  heilenden Liebe und anderen helfen, den Weg zu Gott zu finden.

Michael Wohner, Kirchenzeitung vom 6. Dezember 2015

Lesungen zum 2. Adventssonntag am 6. Dezember 2015