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Exerzitienreferat

Impulse zur Fastenzeit

Teil 6: Mit dem Gekreuzigten sprechen

aus: Kirchenzeitung für das Bistum Eichstätt, Nr. 15, 9. April 2006.

Die Oma hatte den Herrgottswinkel immer in Ehren gehalten. Im Eck ihres Esszimmers hing ein geschnitztes Kreuz. Davor standen Blumen. Im Sommer ein frischer Strauß, im Winter ein Blumenstock. Und manchmal, wenn sie nicht mehr weiter wusste, schaute sie zum Kreuz hinauf. Ein langer, stummer Blick.

Am Karfreitag heißt es im Gottesdienst: „Seht das Kreuz, an dem der Herr gehangen, ...“ In dieser Woche möchte ich Ihnen vorschlagen, auf das Kreuz zu blicken. Und, wenn Sie möchten, versuchen Sie, mit dem Gekreuzigten ins Gespräch zu kommen. Sie können das auf ganz verschiedene Weise tun. Je nachdem, was Sie in Ihrer persönlichen Situation anspricht:

  • Vielleicht gibt es in Ihrer Wohnung ein Kreuz, das Sie in dieser Woche mehr in den Blick nehmen, als Sie das sonst tun. Sie könnten zum Beispiel eine Blume vor dieses Kreuz stellen. Oder eine Kerze, die in dieser Woche dort zum Abendessen brennen darf. Sie könnten das Kreuz auch einmal von der Wand abnehmen und ruhig in der Hand halten. Ohne große Worte ist das Ihr Zeichen sein, mit dem Sie zum Ausdruck bringen: Jesus, ich möchte dir nahe sein.
  • Im Gotteslob gibt es eine ganze Reihe von Liedern, die davon sprechen, dass Jesus am Kreuz für uns Menschen gestorben ist. Wenn Sie eines besonders anspricht, könnten Sie es in dieser Woche ab und zu für sich selbst singen. Und Sie können in dieses Lied alles hineinlegen, was Sie bewegt und beschäftigt.
  • In der Geschichte der Christenheit hat es immer wieder Menschen gegeben, denen es besonders geholfen hat, mit Jesus am Kreuz zu reden. Wenn Sie zum Gekreuzigten schauten, fühlten Sie sich getröstet. Denn keiner verstand sie so wie Er. Die heilige Brigitta von Schweden hatte „ihre“ Lieblingskreuze in römischen Kirchen, zu denen sie immer wieder ging. Dem spanischen Karmeliten Johannes war das Kreuz so wichtig, dass er sich Johannes „vom Kreuz“ nannte. Ignatius von Loyola sagt: Mit dem Gekreuzigten kann man wie mit einem Freund sprechen. Wenn Sie dieser Gedanke anspricht, wäre das vielleicht einen Versuch wert. Lassen Sie sich ruhig Zeit dabei. Sie können zuerst einmal in aller Ruhe ihr Kreuz anschauen. Ihr Blick darf darauf verweilen. Was möchten Sie dem gekreuzigten Jesus sagen? Was ist so persönlich, dass Sie es nur Ihm sagen möchten?

Ein Liedruf der Karwoche lautet: „Im Kreuz ist Heil, im Kreuz ist Leben, im Kreuz ist Hoffnung“. Vielleicht dürfen Sie das in dieser Woche auch ganz persönlich erfahren, wünscht Ihnen

Ihr Michael Kleinert, Pfarrer im Exerzitienreferat

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