Diözesanratsvorsitzender Gärtner hält AfD-Verbot für sinnvoll
Eichstätt – Für den Diözesanratsvorsitzenden im Bistum Eichstätt, Christian Gärtner, war es richtig, dass sich die christlichen Kirchen in der Debatte um die Asyl- und Migrationspolitik klar positioniert haben. Mit Politikerinnen und Politikern der AfD zu reden mache keinen Sinn, „weil die AfD keinen echten und konstruktiven Dialog will.“ Gärtner spricht sich persönlich für ein Verbot der Partei aus.
Herr Gärtner, Migration ist das Hauptthema des Wahlkampfs. Ist es das richtige?
Christian Gärtner: Wenn man die aufgeregten und empörten politischen Debatten nach den schrecklichen Verbrechen in Magdeburg, Aschaffenburg und jüngst in München verfolgt, könnte man das meinen. Ich glaube aber, dass die Menschen viel mehr wirtschaftliche und soziale Fragen, wie beispielsweise Sorgen um Arbeitsplätze, Inflation, fehlenden bezahlbaren Wohnraum oder steigende Pflegekosten sowie die Sorgen um Frieden und Sicherheit umtreiben. Das zeigt sich auch in Umfragen, wie dem ZDF-Politbarometer, wo das Thema „Flüchtlinge/Asyl“ mit Abstand erst an vierter Stelle nach „Frieden/Sicherheit“, „Wirtschaft“ und „soziale Gerechtigkeit“ kommt.
Die christlichen Parteien haben mit Stimmen der AfD einen „Fünf-Punkte-Plan“ für ein strengeres Vorgehen in der Asylpolitik durch den Bundestag gebracht. Dazu und auch zum sogenannten „Zustrombegrenzungsgesetz“, das im Bundestag gescheitert ist, haben sich die evangelische und die katholische Kirchen kritisch geäußert. War es richtig, dass die Kirchen Stellung bezogen haben?
Ja, die Stellungnahme der Kirchen hat ja nicht nur an die christliche Grundposition erinnert, dass bei allen Maßnahmen in der Asyl- und Migrationspolitik der Vorrang der Menschenwürde gewährt bleiben muss, sondern sich auch differenziert mit den Schwächen des Gesetzentwurfs im Detail auseinandergesetzt. Bei solchen hoch umstrittenen Fragen sollte die Kirche Stellung beziehen, auch wenn sie dann in einer so aufgeheizten Phase des Wahlkampfes umso heftigere Kritik der Kritisierten auf sich zieht.
Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK), dem Sie als Vertreter der Diözesanräte angehören, hat unter dem Leitwort „Menschenwürde, Zusammenhalt und Zukunftsfähigkeit“ ein Positionspapier zur Bundestagswahl veröffentlicht. Darin steht: „Die AfD war und ist kein Gesprächspartner für uns“. Kann man die Partei angesichts ihrer hohen Umfragewerte ignorieren?
Man kann die hohen Umfragewerte nicht ignorieren, und wir müssen vor allem die Sorgen der Menschen ernst nehmen, die offensichtlich von der Politik der anderen Parteien so enttäuscht sind, dass sie meinen, ausgerechnet diese rechtsextreme Partei wählen zu müssen, die doch nur falsche Scheinlösungen anbietet. Ein Gespräch mit Politikerinnen und Politikern aus der AfD macht aber keinen Sinn, weil die AfD keinen echten und konstruktiven Dialog will.
Das Wahlprogramm der AfD enthält Positionen zum Beispiel zum traditionellen Familienbild, die auf den ersten Blick Einstellungen der katholischen Kirche ähneln. Erschwert das der Umgang der Kirche mit der Partei?
Wieso? Bei den allermeisten Parteien, gibt es inhaltliche Positionen, die Einstellungen der katholischen Kirche ähneln. Etwas vereinfacht betrachtet, passen manche Positionen der Grünen doch gut zum kirchlichen Einsatz für die Bewahrung der Schöpfung, und sowohl bei CDU/CSU wie auch der SPD kann man einiges finden, was gut zur katholischen Soziallehre passt. Außerdem sind wir als Kirche ja nicht bloß eine Lobbyorganisation für ein traditionelles Familienbild. Die Kirche darf nie nur wegen vordergründiger inhaltlicher Übereinstimmungen zu sehr mit irgendeiner Partei sympathisieren. Das kirchliche Verhältnis zu einzelnen Parteien sollte sich immer an deren gesamter Programmatik orientieren und vor allem daran, welche Politik sie tatsächlich machen. Und da passt die AfD mit ihrer menschenverachtenden Politik auf Basis einer völkisch-nationalistischen Ideologie überhaupt nicht zu dem, wofür der christliche Glaube steht. Ganz abgesehen davon, dass der ganze hetzerische Politik- und Debattenstil der AfD absolut unchristlich ist.
Demokratische Parteien wählen
Eine fraktionsübergreifende Gruppe von Bundestagsabgeordneten hat einen Antrag zur Prüfung eines AfD-Verbots in den Bundestag eingebracht. Was halten Sie von einem Verbot der Partei?
Das Grundgesetz bietet aus gutem Grund die Möglichkeit, Parteien zu verbieten, und ich finde, man sollte dieses Instrument auch nutzen, wenn man damit extremistische Feinde der Demokratie und des Rechtsstaats daran hindern kann, das parlamentarische System zu missbrauchen, um die Demokratie von innen heraus auszuhöhlen und zu zerstören. Deshalb halte ich persönlich ein AfD-Verbot für sinnvoll, aber das ist keine abgestimmte Position im Diözesanrat. Allerdings dürfen wir uns dabei keine Illusionen machen. Auch nach einem eventuellen Verbot einer Partei, verschwinden ja weder die extremistischen und rassistischen Ideologien und deren Protagonisten, noch die Menschen, die wegen berechtigter Anliegen, oder aus einer diffusen Unzufriedenheit heraus, oder aufgrund manchmal auch nur eingebildeter Missstände meinen, eine solche extremistische Partei böte eine legitime politische Alternative, die man wählen könne.
Wie vor einem Jahr gehen auch jetzt wieder tausenden von Menschen auf die Straße für Demokratie und gegen Rechtsextremismus. Das ZdK hat die Aktion „Wir reden mit! Weil Demokratie Haltung braucht“ gestartet. „Demokratie stärken – Für alle. Mit Herz und Verstand“ heißt eine ökumenische Aktion, die von mehreren Bistümern unterstützt wird. Wie kann jede Christin, jeder Christ im Bistum Eichstätt persönlich eine klare Haltung für die Demokratie zeigen?
Zunächst einmal, in dem alle zur Bundestagswahl gehen und Politikerinnen oder Politiker demokratischer Parteien wählen. Und dann kommt es darauf an, sich auch nach der Wahl politisch aufmerksam und wachsam zu sein und sich zu engagieren. Das muss nicht unbedingt in einer Partei sein. Auch wir im Diözesanrat bleiben ja nicht nur bei den innerkirchlichen, sondern auch bei den politischen und gesellschaftlichen Themen dran. Bei unserer nächsten Vollversammlung am 15. März wollen wir uns deshalb mit dem Themenkomplex „Migration und Integration“ auseinandersetzen und haben dazu Fachleute eingeladen. Das ist unser Beitrag dazu, das auch über solche emotional aufgeheizten Themen vernünftig diskutiert und wirklich angemessene und sinnvolle Lösungen für die wirklichen Probleme in diesem Kontext gefunden werden.
Die Fragen stellte Geraldo Hoffmann
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Völkischer Nationalismus und Christentum sind unvereinbar
Die Deutsche Bischofskonferenz hat bei ihrer Vollversammlung am 22. Februar 2024 in Augsburg einstimmig einen Beschluss gefasst, in dem sich die Bischöfe sich scharf von völkischem Nationalismus abgrenzen. Darin heißt es unter anderem:
„Wir sagen mit aller Klarheit: Völkischer Nationalismus ist mit dem christlichen Gottes- und Menschenbild unvereinbar. Rechtsextreme Parteien und solche, die am Rande dieser Ideologie wuchern, können für Christinnen und Christen daher kein Ort ihrer politischen Betätigung sein und sind auch nicht wählbar. Die Verbreitung rechtsextremer Parolen – dazu gehören insbesondere Rassismus und Antisemitismus – ist überdies mit einem haupt- oder ehrenamtlichen Dienst in der Kirche unvereinbar.“