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Im Wortlaut

Predigt von Bischof Gregor Maria Hanke OSB zur Eröffnung des „Jahr des Glaubens“ im Bistum Eichstätt im Liebfrauenmünster in Ingolstadt, 11. Oktober 2012

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Mitbrüder im diakonalen, priesterlichen und bischöflichen Dienst, liebe Ordenschristinnen und Ordenschristen!

1. Der 50. Jahrestag der Eröffnung des II. Vatikanischen Konzils

Mit dem Apostolischen Schreiben „Porta fidei“ (Tür des Glaubens) hat Papst Benedikt XVI. ein Jahr des Glaubens ausgerufen. Heute, am 11. Oktober, am 50. Jahrestag der Eröffnung des II. Vatikanischen Konzils, beginnen wir dieses Jahr des Glaubens. Für unser Bistum Eichstätt eröffnen wir den Weg durch das Jahr des Glaubens hier in der Münsterkirche zu Ingolstadt vor dem Gnadenbild der Dreimal Wunderbaren Mutter. Denn der 11. Oktober ist ja im diözesanen Kalender der „Gedenktag der Seligen Jungfrau Maria, dreimal wunderbare Mutter. Maria, die von ihrer Verwandten Elisabeth seliggepriesen wird, weil sie geglaubt hat (vgl. Lk 1,45), wird uns auf unserem Glaubensweg begleiten.

Es war ein sehnlicher Wunsch der Väter des II. Vatikanums, dem Glaubensleben der Kirche in einer unübersichtlich gewordenen Welt zu neuer Leuchtkraft zu verhelfen und die Menschen der Moderne einzuladen. „Die Wahrheit und Schönheit des Glaubens im Heute unserer Zeit erstrahlen zu lassen“ war die Intention der Konzilsväter gemäß Papst Benedikt, wie er es heute in seiner Eröffnungspredigt in St. Peter ausdrückte.

Der selige Papst Johannes XXIII. formulierte in seiner Eröffnungsansprache zum Konzil: „Das Hauptanliegen dieses Konzils ist also nicht die Diskussion über das eine oder andere Thema der Lehre(…). Dafür bedürfte es nicht eines Konzils. (…) Es ist nötig, dass diese sichere und unveränderliche Lehre, an der in Treue festgehalten werden muss, vertieft und in einer Weise vorgetragen wird, die den Erfordernissen unserer Zeit entspricht.“

Gemäß dem Konzil soll der zweifelnde und suchende Mensch durch das Glaubenszeugnis der Kirche, ihrer Glieder angesprochen werden. Er soll sich eingeladen wissen, Christus als Tür zum Leben anzunehmen. Das Konzil wollte, wie es in der Pastoralkonstitution „Gaudium et spes“ heißt, das Licht des Evangeliums bringen und dem Menschengeschlecht jene Heilskräfte bieten, die die Kirche selbst, vom Heiligen Geist geleitet, von ihrem Gründer empfängt.1 Und weiter sagt das Konzil: „Die Kirche aber glaubt: Christus (…) schenkt dem Menschen Licht und Kraft durch seinen Geist, damit er seiner höchsten Berufung nachkommen kann; es ist kein anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, in dem sie gerettet werden sollen.“2 Das Konzil wollte also das Licht des Evangeliums den Menschen bringen und die Heilskräfte des Glaubens neu verständlich machen.

2. Die Situation des Glaubens in unserem Land

Papst Benedikt hat 50 Jahre nach Konzilsbeginn ein Jahr des Glaubens ausgerufen, weil der Wunsch der Konzilsväter nach geistlicher Erneuerung der Kirche weiterhin, ja mehr denn je der Einlösung bedarf. Die Stärkung des Glaubens der Getauften und ihr Glaubenszeugnis ist Grundlage der neuen Evangelisierung in der Welt von heute, wie sie das Konzil wünschte.

Viele unserer Zeitgenossen wollen und können jedoch nicht durch die Tür des Glaubens an Christus gehen. Sie trauen vielleicht dieser Tür des Glaubens nicht mehr und sie gehen stattdessen durch andere Portale, etwa im Bereich der Esoterik. Erfüllt von Skepsis, Zweifeln, ja Abneigung wenden sich manche gar von der Tür des Glaubens ab. Und nicht wenige interessieren sich überhaupt nicht mehr für diese Tür. Sie begnügen sich vielleicht in ihrem Leben mit Konsum, Lifestyle und Hobbys. Die Person und Botschaft Christi sowie die Gemeinschaft der Kirche spielen in der Gestaltung ihres Lebens keine Rolle.

Distanz zum Glauben begegnet uns jedoch nicht nur in der säkularen Gesellschaft, sondern auch in unseren eigenen Reihen, unter uns Getauften, in unseren Pfarreien, in unseren Verbänden, in unseren eigenen Familien, in der Verwandtschaft, im Freundes- und Bekanntenkreis. Zahlreichen Menschen fehlt der innere Zugang. So bleiben sie draußen vor der Tür des Glaubens stehen, auch wenn sie im Laufe des Kirchenjahres gelegentlich noch praktizieren. Viele haben zwar den Taufschein, nicht jedoch die christliche Überzeugung. Was an Restglauben vorhanden ist, gründet nicht selten in einer Auswahl aus dem Glaubensgut der Kirche nach persönlichem Geschmack.

Der junge Theologe Joseph Ratzinger hat kurz vor dem Konzil auf die fortschreitende Säkularisierung unter den Christen aufmerksam gemacht.3 Die Alte Kirche, so schrieb er, konnte man als Kirche aus den Heiden nennen, denn sie erwuchs aus Heiden, die durch einen Prozess der Bekehrung zu Christen geworden waren. Das breite Spektrum des Heidentums war das Gegenüber zur Kirche als der Gemeinschaft der von Christus Überzeugten. Trotz menschlicher Schwächen blieb die Kirche von der geistigen Entscheidung des Einzelnen zum Glauben an Christus getragen. Das Erscheinungsbild der Kirche der Neuzeit, so Joseph Ratzinger, ist hingegen davon geprägt, dass sie auf eine ganz neue Weise Kirche der Heiden geworden ist und immer mehr wird: Ein neues Heidentum sitzt in der Kirche selbst. Viele um uns sind zwar von der Bereitschaft geleitet, Gutes zu tun und für Menschen und Welt Verantwortung zu übernehmen, aber den von der Kirche verkündeten Glauben eignen sie sich nicht mehr einfach an.

Liebe Schwestern und Brüder, kommt nicht der Tür des Glaubens für unseren eigenen Glaubensweg oft nur die Rolle des Notausgangs zu, den man sich für alle Fälle offen halten will? Nicht aber die Rolle des Haupteingangs, in dem unsere Alltagswege, das Miteinander in unseren Beziehungen, unser Denken und Handeln gebündelt werden?

Das Jahr des Glaubens lädt uns ein, Christus tiefer zu begegnen, den Glauben an ihn zur Tür unseres Lebens werden zu lassen, unseren Glauben zu erneuern. Lassen wir also das Jammern und den Pessimismus über die Lage des Glaubens. Ebenso wenig angesagt ist die Verharmlosung der Glaubenskrise und des Abbruchs der Glaubenspraxis sowie Schönrednerei. Brechen wir auf! Nehmen wir die Einladung des Heiligen Vaters in dieses Jahr des Glaubens an! Was aber können wir ganz konkret tun? Wie kann denn der Aufbruch auf den Weg des Glaubens aussehen, wenn wir jetzt nach der Liturgie wieder hinausgehen in unseren Alltag? Lassen Sie mich einige Impulse Ihnen vortragen und mit auf den Weg geben.

3. Gott setzt auf den Einzelnen (erster Impuls)

Ein Erstes: Entdecken wir das Zutrauen Gottes in den Einzelnen, und lernen wir sagen: „Hier bin ich!“ In der Weiheliturgie der Priester- und Diakonenweihe werden die Kandidaten aufgerufen und antworten: „Hier bin ich!“ Auf Gottes Anruf und Einladung hin muss jeder von uns sagen können: „Hier bin ich!“ Gott spricht stets den Einzelnen an, er setzt auf den Einzelnen. Er hat an jeder Einzelnen, an jedem Einzelnen von uns ein genuines Interesse. Maßeinheiten wie Menge, Masse, Mehrheit sind nicht Hauptkategorien der Geschichte, die Gott in dieser Welt mit Menschen schreibt. Gott setzt auf den Einzelnen, auf das einzelne Ich. Im Alten Testament sind es die Propheten, die sich in Dienst nehmen lassen und oft als Minderheit die Sache Gottes vertreten müssen und vertreten können. Im Neuen Testament sind es einige Jünger, die tapferen frommen Frauen, die Apostel, alles in allem eine überschaubare Zahl, und darunter vor allem wiederum Einzelne, durch deren Glaubenseifer Gott die Geschichte, die Kirche bewegt. So beispielsweise durch Paulus, dessen Missionseifer die Kirche bis an die Grenzen der damals bekannten Erde bringt. Und später die großen Heiligen, immer wieder Einzelne, die in Krisenzeiten der Kirche durch ihre Glaubenshingabe andere auf den Weg bringen und zur Wende beitragen: ein Franz von Assisi, die kürzlich zur Kirchenlehrerin erhobene Hildegard von Bingen, ein Ignatius von Loyola, ohne dessen Einsatz die geistliche Erneuerung der Kirche nach der Reformation nicht denkbar gewesen wäre.

Lassen wir uns als Einzelne im Jahr des Glaubens ansprechen! Die Erneuerung des Glaubens der Kirche, die sich die Konzilsväter so sehr wünschten, wird bereits Wirklichkeit, wenn sich Einzelne mit neuer Entschiedenheit auf den Weg des Glaubens machen.

Ist es nicht wunderbar, dass Gott bereits durch die Glaubenskraft einzelner Menschen viel bewegen kann in Kirche und Welt? Christ, erkenne Deine Würde, ruft einmal Papst Leo der Große in einer Weihnachtspredigt den Gläubigen von Rom zu. Ja, ich zähle vor Gott. Gott traut mir mehr zu als ich mir selbst. Und Gott braucht mich, den Einzelnen. Ich bin angesprochen! Ein erster Impuls ist also das Zutrauen Gottes in den Einzelnen, in mich neu zu entdecken und sagen lernen: „Hier bin ich!“

4. Die Anerkennung der eigenen Bedürftigkeit (zweiter Impuls)

Ein Zweites: Wir brauchen die Anerkennung der eigenen Bedürftigkeit als wesentlichen Schritt hinein in die Beziehung mit Christus. Jesus kam, um die Menschen in die Gottesbeziehung einzuladen. Glaube ist gelebte und lebendige Beziehung. „Und nun begann Jesus sein öffentliches Wirken mit dem Ruf: Kehrt um und glaubt dem Evangelium“ (Mk 1,15). Der Weg des Glaubens setzt also mit Umkehr, mit Bekehrung ein. Was meinte Jesus damals, was meint er auch heute damit? Jesus rief nicht und ruft nicht zu moralischen Klimmzügen auf. Er will mit dem Ruf der Bekehrung im Angesprochenen zunächst Sehnsucht wecken, er appelliert mit dem Ruf zur Umkehr an den Menschen, seinen wahren und oft verschütteten Bedürfnissen Raum zu geben: dem Hunger nach Lebenssinn, dem Verlangen, bejaht, geliebt zu werden, der Hoffnung des Menschen, Verzeihung zu finden, seiner Sehnsucht, im Tode nicht unterzugehen. Bekehrung ist gelebte Sehnsucht nach dem wahren Leben, das von Gott kommt. Diese Sehnsucht spricht Jesus im Umkehrruf zunächst an.

Ein Mensch also, der sich bekehrt hat, muss durch die Erfahrung gegangen sein, dass äußere Werte wie Karriere und Prestige, Geld und Besitz, Konsumgüter, Mode, ja selbst Bildung und Wissenschaft, Gesundheit und die schönsten Freizeitvergnügungen nicht seine tiefsten Sehnsüchte erfüllen. Umkehren zu Gott kann nur der Mensch, der sich bewusst geworden ist, einen nicht gestillten Hunger nach Leben zu haben, der erkannt hat, dass er diese Bedürfnisse überlagert hat durch irdische Werte, durch negative Verhaltensweisen. Umkehren wird derjenige, der sich bedürftig weiß und von Gott wahres Leben erhofft. Hier liegt vielleicht die große Hürde für den Zugang zum Glauben in unserer Zeit, da uns der Mainstream, der Zeitgeist, veranlasst, unseren Hunger mit vorläufigen, irdischen, vorletzten Gütern zu stillen.

Jesus beginnt seine Einladung in die Gottesbeziehung deshalb so gerne bei den Armen und bei jenen am Rand, weil sie nicht mehr viel vom Leben zu erwarten haben. Sie können leichter durchbrechen zur Sehnsucht nach wahrem Leben. Der Erfolgreiche, der Angesehene, der Selbstzufriedene muss oft tief bohren, um seine wahre Bedürftigkeit zu erkennen.

Es kommt darauf an, meine innere Bedürftigkeit zu entdecken, sie zuzulassen, meiner Sehnsucht nach wahrem Leben Raum zu geben; die Masken fallen zu lassen, die wir uns immer wieder überziehen, um smart, erfolgreich, „in“ zu wirken. Das wäre ein weiterer wichtiger Schritt für die Erneuerung unseres Glaubensweges. Meine Bedürftigkeit zu erkennen und sie anzunehmen im Lichte Gottes.

Die Kirche führt uns in der Liturgie immer wieder hin, die eigene Bedürftigkeit vor Gott auszusprechen: Im Jahreslauf dient die österliche Bußzeit in besonderer Weise dazu. Ferner sieht die Liturgie am Beginn der Hl. Messe das Confiteor, das Schuldbekenntnis, als Möglichkeit vor. Zum Empfang der Hl. Kommunion treten wir hinzu, nachdem wir mit dem Priester die Worte des Hauptmanns vor Jesus wiederholt haben: „Herr, ich bin nicht würdig, dass du eingehst unter mein Dach, aber sprich nur ein Wort …“ Ohne die Wahrnehmung meiner Bedürftigkeit, ohne die Anerkennung meiner Bedürftigkeit bin ich nicht wirklich fähig, der Einladung des Evangeliums zur Umkehr zu folgen. Und ohne Umkehr wird mein Glaube an Christus nicht lebendig. Da bleibt es vielleicht beim bloß auswendig Gelernten oder bei der frommen Intention. Denn, wenn ich meine Bedürftigkeit nicht anerkenne, wenn ich nicht umkehren kann, erwarte ich doch nichts von ihm. Der massive Rückgang der Beichtpraxis unter uns Katholiken scheint mir in einer Wechselwirkung mit der Verdunstung des Glaubens in unseren Reihen zu stehen.

Liebe Schwestern und Brüder, wagen wir den Schritt, unsere innere Bedürftigkeit im Lichte Gottes anzuerkennen. Wagen wir es, vom Herrn etwas zu erwarten, von ihm etwas zu erhoffen. Nicht etwas, sondern ihn selbst!

5. Christus als Gewand anlegen (dritter Impuls)

Und ein Drittes: Wenn ich meine Bedürftigkeit anerkannt habe, wenn ich weiß, ich muss den tiefsten Hunger meines Lebens vom Herrn stillen lassen, wenn er die Antwort auf meine Schwächen und Bedürfnisse sein kann, wenn er in meinem Leben „benötigt“ wird (und er will benötigt werden im wahrsten Sinne des Wortes, er will nicht Sonntagsschmuck sein), dann wird Christus gleichsam mein Alltagsgewand. Dann gehe ich mit ihm, umhüllt von ihm, durch die Welt, umhüllt von Christus, der meine Schwächen bedeckt, der mich zugleich die Welt und die Menschen in seinem Lichte sehen lässt. Das wiederum verbindet mich aufs Tiefste mit den Brüdern und Schwestern, denn er umgibt uns alle.

Paulus sagt im Galaterbrief, dass die Getauften Christus als Gewand angelegt haben (vgl. Gal 3,27). Wir dürften das Gewand nicht ablegen, nachdem wir es am Sonntag bei der Messe fünfzig Minuten getragen haben. Gianni Versace, der 1997 ermordete Modedesigner, hat einmal über seine Tätigkeit gesagt: „Ich mache Kleider, damit Menschen sie bewohnen. Die Leute sollen meine Kleider nicht nur anziehen, sondern in ihnen wohnen wie in einem Haus, sich zuhause fühlen.“ Um wie viel mehr gilt das für unsere Christusbeziehung, für die Wirklichkeit Christi, die unsere Bedürftigkeit umhüllen soll.

Im Jahr des Glaubens wollen wir bewusster in Christus wohnen, in ihm sein wie in einem schützenden, wärmenden Haus. Neben Liturgie und Gebet kann dies gefördert werden durch die verstärkte Lektüre der Hl. Schrift, durch Glaubensgespräche, durch die Mitteilung von Glaubenserfahrung in den Familien.

Liebe Schwestern und Brüder im ehelichen Stand, teilen Sie ihren Glauben miteinander, die Fragen und die positiven Erfahrungen. Das wird Sie Christus näher bringen. Studieren sie gemeinsam die Texte des Konzils und des Katechismus, wie es uns Papst Benedikt besonders für das Glaubensjahr empfiehlt.

6. Beispiele überzeugender Glaubenswege (vierter Impuls)

Und noch einen letzten Punkt möchte ich Ihnen mit auf den Weg geben: Zu den drei Punkten lade ich Sie ein, in Ihrem Umfeld, in Ihrem persönlichem Umfeld nach Beispielen überzeugender Glaubenswege zu suchen. Es gibt vielleicht auch in Ihrem Leben Heiligengeschichten, denen Sie begegnet sind. Auf Ihrem eigenen Lebensweg, in Ihrem Umfeld mag es auch Menschen gegeben haben, deren Lebensbeispiel, deren Glaubensbeispiel Ihnen Mut macht, den Weg des Glaubens zu gehen. Betrachten Sie doch immer wieder das Leben dieser Menschen, dieser stillen Heiligen, die Gott Ihnen an den Weg gestellt hat.

Richten wir auch unseren Blick auch auf anerkannte Zeugen des Glaubens, auf den ehrwürdigen Pater Jakob Rem, auf die selige Anna Schäffer, deren Heiligsprechung in Kürze stattfindet. An vornehmster Stelle jedoch kann uns Maria, die himmlische Mutter, Anleitung geben für den Weg im Glauben. Das Zweite Vatikanische Konzil sagt in der Kirchenkonstitution: „Denn Maria vereinigt, da sie zuinnerst in die Heilsgeschichte eingegangen ist, gewissermaßen die größten Glaubensgeheimnisse in sich und strahlt sie wider (…).Die Kirche aber wird, um die Ehre Christi bemüht, ihrem erhabenen Typus ähnlicher durch dauerndes Wachstum in Glaube, Hoffnung und Liebe und durch das Suchen und Befolgen des Willens Gottes in allem. Daher blickt die Kirche auch in ihrem apostolischen Wirken mit Recht zu ihr auf, die Christus geboren hat, der dazu vom Heiligen Geist empfangen und von der Jungfrau geboren wurde, dass er durch die Kirche auch in den Herzen der Gläubigen geboren werde und wachse. Diese Jungfrau war in ihrem Leben das Beispiel jener mütterlichen Liebe, von der alle beseelt sein müssen, die in der apostolischen Sendung der Kirche zur Wiedergeburt der Menschen mitwirken.“4

7. Abschließende Zusammenfassung

Liebe Schwestern und Brüder, machen wir uns auf den Weg des Glaubens hinein in das Jahr des Glaubens. Nehmen wir dieses Glaubensjahr als große Exerzitien an, in denen wir uns neu einüben, das Zutrauen Gottes in mich, in den Einzelnen entdecken zu lernen. Und neu wagen zu sagen: Hier bin ich, ich warte nicht länger auf irgendjemand, auf die große Menge, Herr, hier bin ich. Denn du setzt auf Einzelne. Und üben wir uns ein, die eigene Bedürftigkeit anzunehmen und zu erkennen, die wahre Bedürftigkeit, die Bedürftigkeit nach tiefem erfülltem Leben, als wichtigen Schritt hinein in die Beziehung mit Christus, in die Umkehr zu ihm. Wenn wir diesen Schritt tun, dann umhüllen wir uns schon mit Christus, dann ziehen wir ihn an und verstärken diese Wirklichkeit Christi in unserem Leben durch Liturgie, Gebet, Lesung der Schrift, durch das Teilen unserer Glaubenserfahrung, durch die besondere Lektüre der Konzilstexte und des Katechismus. Und holen wir uns immer wieder Orientierung für diese drei Schritte, das Zutrauen Gottes in mich neu zu entdecken, die Anerkennung meiner Bedürftigkeit zu erkennen, Christus anzuziehen, an den gelebten Glaubensbeispielen, an den kleinen und großen Heiligengeschichten in meinem Leben und im Leben der Kirche. Brechen wir auf an der Hand der Gottesmutter, die gepriesen wurde, weil sie geglaubt hat. Amen.

1 Vgl. Gaudium et spes. Nr. 3.
2 Ebd. Nr. 10.
3 Vgl. zum Folgenden: Joseph Ratzinger, Die neuen Heiden und die Kirche, in: Ders., Kirche - Zeichen unter den Völkern. Schriften zur Ekklesiologie und Ökumene (= Joseph Ratzinger Gesammelte Schriften, Bd. 8/2, hg. v. Gerhard Ludwig Müller) Freiburg 2010, 1143–1158.
4 Lumen gentium. Nr. 65.