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Im Wortlaut

Hirtenwort des Bischofs von Eichstätt Gregor Maria Hanke OSB zur Österlichen Bußzeit am 1. Fastensonntag, dem 18. Februar 2018

Liebe Schwestern und Brüder,

zu Beginn des Hirtenbriefes möchte ich einige Worte zu dem nun bekanntgewordenen Finanzskandal in unserem Bistum sagen. Mich als Bischof haben die Vorgänge in unserer Finanzkammer persönlich sehr getroffen und erschüttert. Über zwei Jahre hat ein hochrangiger Mitarbeiter immense Beträge aus den zweckgebundenen Rücklagen des Diözesanvermögens in Projekte im Ausland investiert, die weder finanziell abgesichert sind noch den verbindlichen Anlagerichtlinien des Bistums entsprechen. Nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen muss ich davon ausgehen, dass diese Geschäfte nicht aus Unwissenheit, sondern vielmehr mit der Absicht getätigt wurden, sich persönliche Vorteile zu verschaffen.

Im Jahr 2015 haben wir damit begonnen, die Finanzverwaltung des Bistums neu zu ordnen und die Bilanzen nach den im Geschäfts-verkehr üblichen Standards zu erstellen. Im Zuge dieser Umstellung haben externe Wirtschaftsfachleute die problematischen Geschäfte entdeckt und die Diözese hat sich umgehend von dem verantwortlichen Mitarbeiter getrennt. Als sich bei der weiteren Überprüfung der Verträge der Verdacht erhärtete, dass hier bewusst gegen die Interessen der Diözese gehandelt wurde, haben wir die Staatsanwaltschaft kontaktiert und Anzeige erstattet.

Der Fall ist beschämend und für mich persönlich eine bittere Enttäuschung, weil aus dem Kreis meiner Mitarbeiter Vertrauen ausgenutzt und dem Bistum geschadet wurde. Dadurch leidet auch die Glaubwürdigkeit der Kirche selbst. Ganz besonders schmerzt mich, dass sich nun auch viele Ehrenamtliche, die sich in ihrer Freizeit für ihre Pfarrei oder auch in der kommenden Woche bei der Caritassammlung engagieren, diskreditiert und hintergangen fühlen. Es ist mir daher ein großes Anliegen, diesen Fall vollständig aufzuklären und die zuvor begonnene Reform der Bistumsfinanzen und der internen Kontrollmechanismen fortzusetzen, um verlorengegangenes Vertrauen soweit wie möglich wiederherzustellen.

Jesu Ruf zur Umkehr im heutigen Evangelium erhält vor diesem Hintergrund auch eine aktuelle Bedeutung im Hinblick auf die Strukturen unseres Bistums. Auch hier sind Umdenken und
Neuausrichtung nötig. Die gesamte Diözesanverwaltung hat ihren eigentlichen Zweck darin, Kirche als Gemeinschaft der Gläubigen zu ermöglichen. Die mit der Transparenzoffensive
begonnene Neuordnung der Verantwortlichkeiten soll dazu beitragen, dass die Bistumsverwaltung diese dienende Funktion besser verwirklichen kann.

Jesus ruft in die Gemeinschaft
Liebe Schwestern und Brüder, das heutige Evangelium endet mit der Aufforderung Jesu: "Kehrt um und glaubt an das Evangelium!" (Mk 1,15) In den nachfolgenden Versen wird deutlich, worauf diese Aufforderung eigentlich zielt. Unmittelbar nach diesen Worten schildert der Evangelist Markus die Berufung der ersten Jünger. Jesus wendet sich an Simon Petrus und Andreas und fordert sie auf: "Kommt her, mir nach! Ich werde euch zu Menschenfischern machen." (Mk 1,17) Mit den Worten: "Kehrt um!" lädt er in die Beziehung mit Gott und untereinander ein. Die Aufforderung "Kehrt um!" bereitet den Ruf Jesu vor: "Folgt mir, werdet meine Freunde!" Die Umkehr zum Herrn baut Gemeinschaft auf, Gemeinschaft mit dem Herrn und mit den Schwestern und Brüdern.

Dem Umkehrruf Jesu liegt die Sehnsucht Gottes nach dem Menschen zugrunde. Umkehr ist gelebte Antwort auf diese Sehnsucht Gottes. Die Umkehr aus der Kraft des Heiligen Geistes lässt auch unsere Gemeinschaft mit den Schwestern und Brüdern wachsen. Wenn wir Kirchesein als Ermöglichung von Communio, von Gemeinschaft leben wollen, muss uns die Bereitschaft zur Umkehr zur inneren Haltung werden. Sie ist das Fundament unserer Beziehung zu Gott und zu den Schwestern und Brüdern.

Gemeinschaft des Glaubens
Immer wieder werde ich gefragt, wie ich mir als Bischof die Zukunft der Pastoral im Bistum vorstelle. Ausgehend von unserer Berufung zum Kirchesein will ich zum Leben in Beziehung zu Gott und miteinander ermutigen. Auch hier gilt der Umkehrruf Jesu: Ohne die Bereitschaft, Schuld und Versagen im Miteinander einzugestehen und Vergebung gerade auch im Bußsakrament zu erfahren, ohne geistliche Lebensgestaltung bliebe die Pastoral fruchtlos. Ebenso hätten unsere neuen Pastoralräume ihren Sinn verfehlt, wenn sie nur eine Art kirchliche Gebietsreform bleiben würden. In unseren Pastoralräumen sollen die Gläubigen Kirchesein als Communio leben und erfahren.

Denn Gemeinschaft mit Gott gibt es nur in der Wir-Form als Gemeinschaft von Schwestern und Brüdern. So beten wir auch im Grundgebet des Christentums, das uns Jesus selbst gelehrt hat, "Vater unser" und nicht "Vater mein". Kirchesein bedeutet, stets mit anderen Menschen zu leben und zu arbeiten. Und dieses Leben mit anderen Menschen bringt sowohl Freude als auch Leid mit sich, es ist sowohl bereichernd als auch anstrengend. Dennoch gibt es gerade im christlichen Sinn keine Alternative zum Glauben in Gemeinschaft. Gott hat sich selbst als ein Gott in drei Personen offenbart und uns verheißen: "Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen." (Mt 18,20)

Gemeinschaft in unseren Pastoralräumen
Die Schwester und der Bruder sind nicht Hindernis oder Konkurrenz, sie sind vielmehr meine Tür in die Gemeinschaft mit dem Herrn und in die Gemeinschaft untereinander. So wird die Verheißung lebendig, dass der Herr unter uns zugegen ist. Das soll in unseren Pastoralräumen im persönlichen Miteinander erfahrbar sein, ebenso zwischen Gruppen, Vereinen und den Orten, die gemeinsam einen Pastoralraum bilden.

Unsere Zeit ist oft als Kommunikationszeitalter charakterisiert worden, weil uns heute einzigartige technische Möglichkeiten zur Verfügung stehen, um Nachrichten und Mitteilungen
auszutauschen. Trotzdem sind viele Menschen nicht in der Lage, wirklich miteinander zu kommunizieren und sich zu begegnen.Sie bleiben einsam und werden oft mit ihrem Leben nicht mehr fertig. Angesichts dessen kann die Kirche eine wunderbare Botschaft anbieten: Wir sind nicht verlassen. Der Herr ruft uns Menschen in seine Jüngergemeinde, in seine Communio.

Lassen wir uns von Jesu Ruf zur Umkehr ergreifen, damit wir dem Weg in die Gemeinschaft um Ihn folgen können.

Dazu segne Euch der dreieinige Gott: + der Vater und + der Sohn und + der Heilige Geist.

Amen.

Eichstätt, am Aschermittwoch, den 14. Februar 2018

Gregor Maria Hanke OSB
Bischof von Eichstätt