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Im Wortlaut

Hirtenwort des Bischofs von Eichstätt Gregor Maria Hanke OSB zur Österlichen Bußzeit am 1. Fastensonntag, dem 21. Februar 2010

Liebe Schwestern und Brüder in Christus!
Liebe Kinder und Jugendliche!

„Viel Glück“ ist eine Redewendung, mit der wir uns angesichts neuer Aufgaben, wichtiger Entscheidungen, an Geburtstagen und Jubiläen ein gutes Gelingen und eben „Glück“ wünschen. Glück ist sehr begehrt im Leben, jeder möchte es haben, weil jeder glücklich sein will. Aber was ist Glück? Ein junger Mann in der Ausbildung, dem diese Frage gestellt wurde, antwortete: „Für mich heißt Glück, einen guten Job zu haben, der mir viel Geld bringt, Karriere zu machen, ein tolles Auto zu besitzen, Reisen zu können und eine Freundin zu finden.“

Vom Millionär zum Glückspilz

Genau das Gegenteil berichtete vor kurzem ein Magazin unter der Überschrift:„Vom Millionär zum Glückspilz.“ Ein Millionär ist in diesen Wochen dabei, sich von seiner Luxusvilla zu trennen und will seine Immobilien, die Geldrücklagen und den ganzen übrigen Besitz einer gemeinnützigen Stiftung übergeben. Er selbst möchte künftig in einer Zwei-Zimmer-Wohnung leben und sich einen bescheidenen Lebensunterhalt verdienen. Den Besitz auf doppelte Rucksackgröße einzuschränken und mit leichtem Marschgepäck durchs Leben zu gehen ist sein Ziel. Auf die Frage, warum er sich von seinem Besitz trennen möchte, antwortete er: „Ich hab nur immer mehr Angst verspürt, je mehr ich gehabt habe: Angst, was zu verlieren und mir dann manche Dinge nicht mehr leisten zu können - die ich eh nicht brauchte.“  Er hat erkannt: Reichtum und Glück sind nicht identisch. Die Sehnsucht nach tiefem Glück veranlasste diesen Menschen, sich von seinem Besitz zu trennen. Sich selbst als Beschenkter zu erfahren und für andere von Nutzen sein zu können, bedeutet für ihn Glück. Doch seine Einsicht, dass Loslassen und Verzicht wahre Freiheit und Freude eröffnen, passt nicht so recht in die „Logik des Konsums und des Habens“, die in unserer Gesellschaft vorherrscht.

Liebe Schwestern und Brüder, Glück und Lebensqualität erwachsen aus dem, was uns menschlich, seelisch und geistlich nährt! Wo solche Nahrung ausbleibt, breiten sich im Leben Unzufriedenheit und Traurigkeit aus. Innere Leere im Menschen führt nicht selten zur Gier, die so weit fortschreiten kann, dass selbst die Mitmenschen verkonsumiert werden. Neid und Missgunst gegen andere, die scheinbar mehr besitzen oder denen es besser zu gehen scheint, gehen damit einher.

Gott im Leben zu erfahren, macht glücklich

Die Nahrung, die unser Leben wahrhaft nährt, kommt vom Glauben an Jesus Christus. Die Begegnung mit seiner Person öffnet uns den Weg zu einem Leben in Fülle, das nicht von Geld, Konsum und Ansehen abhängt. Glauben heißt, von der Sehnsucht nach Gott erfasst zu sein, ihm begegnen zu wollen, seine Spuren und seine Handschrift im Leben entdecken zu dürfen. Die Sehnsucht nach Gott ist die Schwester der Hoffnung. Sie gibt uns Kraft, weit über den Augenblick hinauszuschauen und aus der Zukunft bei Gott zu leben. Die Sehnsucht nach Gott kann den Hunger des Menschen nach Besitz und Ansehen stillen und schenkt die Freiheit des Herzens. Wo im Menschenleben die Sehnsucht nach Gott lebendig bleibt, verlagert sich das Schwergewicht vom scheinbaren zum wahrhaftigen Glück. Die Sehnsucht nach Gott ermöglicht es, sich als ein Mensch zu erfahren, der von Gott reich beschenkt ist. Er kann die vielen kleinen und großen Zeichen des Wirkens Gottes im Leben entdecken; ja seine eigene Lebensgeschichte als Heilsgeschichte Gottes begreifen, Die Gegenwart des Herrn, seine Nähe im Leben zu erfahren, macht glücklich!

Die Begegnung mit dem Herrn einüben

Liebe Schwestern und Brüder, die Begegnung mit dem Herrn ist immer Begegnung mit dem Auferstandenen. Jesus Christus ist unter uns gegenwärtig als der Gekreuzigt-Auferstandene, als jener, der uns durch seinen Tod am Kreuz und durch seine Auferstehung in den Lebensraum Gottes holt. Dies feiern wir in besonderer Weise am jährlichen Osterfest. Weil dies das Zentrum unseres Glaubens ist, legt die Kirche solchen Wert auf die Vorbereitungszeit auf das Osterfest. In der 40-tägigen Vorbereitungszeit auf das Osterfest sollen wir uns in die Begegnung mit dem Herrn besonders einüben. Fragen wir uns deshalb: Verspüre ich überhaupt eine Sehnsucht nach Gott? Suche ich ihn in meinem Leben? Vielleicht ist die Sehnsucht nach ihm schwach geworden oder durch viele andere Dinge meines Alltags überlagert. Die Fastenzeit lädt ein, der Sehnsucht nach Gott und der Begegnung mit dem Herrn neu Raum zu geben.

Fasten und Gebet als konkrete Schritte

Auch der längste Weg beginnt mit dem ersten Schritt. In diesen Wochen lädt uns die Kirche ein, durch verstärktes Gebet und Fasten kleine und konkrete Schritte zu tun. Es ist schade, dass die Hilfsmittel des Fastens und des Verzichts unter uns Gläubigen in Vergessenheit geraten sind, während man etwa die Bedeutung des Fastens als Weg der inneren Reinigung außerhalb der Kirche „ganz neu“ entdeckt hat.

Durch den Verzicht auf Speisen und Getränke, auf unnötigen Konsum und Vergnügungen, die ich mir sonst gönne, kann ich mich in die Freiheit für Gott einüben. Ich gebe dem natürlichen Drang nach Essen, Trinken und dem Verlangen nach Konsum nicht unbegrenzt nach. Durch Gebet und Lesung des Wortes Gottes soll sich mein Ego auf Gott und den Mitmenschen hin weiten. Die Bereitschaft, zu verzichten, fördert in uns zudem die Haltung christlicher Genügsamkeit, die uns mit den Schwestern und Brüdern in Not teilen lässt. Sie entspricht auch dem neuen Lebensstil, den wir benötigen, um den Bund zwischen Mensch und Umwelt aufzubauen. Papst Benedikt XVI. rief uns jüngst zu einem neuen Lebensstil auf, um die „Logik des Konsums“ hinter uns zu lassen, damit wir nicht zu Lasten der zukünftigen Generationen die Umweltressourcen aufbrauchen.

Liebe Schwestern und Brüder, ich lade Sie ein, Entscheidungen zu treffen, die der Sehnsucht nach Gott Raum geben. Nutzen wir diese Vorbereitungszeit auf Ostern hin, um Menschen zu werden, die wahrhaft glücklich sind.

Dazu segne Euch, liebe Kinder und Jugendliche, alle Erwachsenen und besonders die Kranken der barmherzige Gott: der + Vater und der + Sohn und der + Heilige Geist.

Eichstätt, am Gedenktag der Hl. Scholastika, dem 10. Februar 2010

Gregor Maria Hanke OSB
Bischof von Eichstätt