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Im Wortlaut

Hirtenwort des Bischofs von Eichstätt Gregor Maria Hanke OSB zum Erntedankfest am 30. September 2007

Liebe Schwestern und Brüder im Glauben!

Es ist eine gute Tradition, das Erntedankfest mit der sonntäglichen Eucharistiefeier zu verbinden. Die Erntegaben, die in unseren Pfarreien an diesem Tag in die Kirche gebracht werden, dienen dabei nicht einer saisonbedingten Dekoration, sondern sind Ausdruck des Dankes für Gottes gute Gaben und für die ganze Schöpfung, der auch in den Lobpreis zur Gabenbereitung mit einfließt: „Gepriesen bist du, Herr, unser Gott, Schöpfer der Welt. Du schenkst uns das Brot, die Frucht der Erde und der menschlichen Arbeit.“ – Das heutige Erntedankfest ist somit ein Festtag, an dem wir in besonderer Weise Gott für die Gabe der Schöpfung Dank sagen und um seinen Schutz und sein Heil bitten. An diesem Tag lade ich auch dazu ein, die sogenannte Umwelt als Schöpfung im Licht des Glaubens dankbar zu betrachten:

Viele Ausführungen zu christlicher Schöpfungsspiritualität stützen sich biblisch oftmals primär oder gar ausschließlich auf Aussagen des Alten Testamentes zur Schöpfung: auf die beiden Schöpfungsberichte im Buch Genesis, auf die Erzählung vom Noach-Bund, auf die prophetische Literatur mit der Verheißung der Neuschöpfung in messianischer Zeit oder auf Schöpfungspsalmen. Doch erfährt für uns Christen die Schöpfungstheologie des Alten Testamentes erst in der Person Jesu ihre endgültige Auslegung.

Gemäß den neutestamentlichen Texten und dem christlichen Glauben ist Jesus keinesfalls nur der Verkünder der Guten Nachricht Gottes, keinesfalls nur der Lehrer der Bergpredigt und der daraus sich ergebenden neuen Ethik. Er ist der Grund des Heils für Mensch und Welt von Anfang an, wie es das Loblied auf Christus im Kolosserbrief verkündet: „Er ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes, der Erstgeborene der Schöpfung. Denn in ihm wurde alles erschaffen, … alles ist durch ihn und auf ihn hin geschaffen. Er ist vor aller Schöpfung, in ihm hat alles Bestand.“ (Kol 1,15-17) Gott hat die Schöpfung also nicht ins Dasein gerufen, um sie sich selbst zu überlassen, er sorgt sich vielmehr um den Menschen und um die gesamte Schöpfung in Christus.

Für uns Christen ist so der Kreuzesstamm Christi der neue Paradiesesbaum, von dem die Heilung der ganzen Schöpfung ausgeht. Christus ist die Garantie Gottes, die Schöpfung nicht dem Chaos preiszugeben, sondern ihr Zukunft zu eröffnen. In Jesus Christus hat Gott die Vollendung der Schöpfung begonnen. Dafür steht die Auferweckung Jesu, die besagt: die neue Schöpfung strahlt in ihm bereits auf. In Jesu Auferstehung offenbart sich Gott als Schöpfer und Neuschöpfer der Welt. Als Getaufte haben wir bereits Anteil an dieser Neuschöpfung, auf deren Vollendung wir gläubig hoffen.

Für uns erschließt sich daraus im Licht des Glaubens, dass die Schöpfung nicht unser Besitz ist, sondern uns anvertraut wurde (vgl. Gen 1, 28). Die Schöpfung - und darin auch wir - gehört vielmehr Christus, er hält alles zusammen. Weil wir zu Christus gehören, dürfen wir uns als Geschwister begreifen, ja in gewisser Weise werden uns in Christus Sonne und Mond, Wind, Wasser und Feuer sowie die „Mutter Erde“ Schwester und Bruder, wie es der heilige Franz von Assisi Gott lobend in Worte fasste. Daraus folgt, dass eine gute Christusbeziehung Maßstab sein kann für die Art und Weise, mit der Schöpfung umzugehen. Es gibt keine Frömmigkeit und Gottesbeziehung vorbei an der Schöpfungswirklichkeit. Das bedeutet in der Praxis: Mein Glaubensleben bewahrheitet sich unter anderem gerade auch in meinem Schöpfungsbezug.

Viele Pfarreien und kirchliche Einrichtungen, Jugend- und Erwachsenenverbände sowie viele Gläubige im Privatbereich und im Beruf engagieren sich im Bereich „Schöpfung bewahren“. Dafür sage ich allen ein herzliches Vergelt’s Gott und ermutige, im Eifer nicht nachzulassen. Der Diözesanrat der Katholiken im Bistum Eichstätt stellt ebenfalls die Bewahrung der Schöpfung als Auftrag für die Christen in den Mittelpunkt seiner Herbstvollversammlung 2007. Auch hier bitte ich, die Möglichkeiten, die ganz konkret und beispielhaft aufgezeigt werden, aufzugreifen und umzusetzen.

Bei all unserer tätigen Sorge für die Schöpfung vergessen wir aber nicht, dass das Gebet und vor allem die Eucharistiefeier die Quellen sind, aus denen die Kirche und somit jeder von uns alltäglich lebt und zu segensreichem Wirken für die Schöpfung befähigt wird.

Dafür erbitte ich Ihnen den Segen des dreieinigen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Eichstätt, am Gedenktag des heiligen Niklaus von Flüe, dem 25. September 2007,
Ihr
Gregor Maria Hanke OSB
Bischof von Eichstätt

© Pressestelle der Diözese Eichstätt