Zum Inhalt springen

Im Wortlaut

Hirtenwort zur Österlichen Bußzeit am 2. Fastensonntag, dem 17. Februar 2008

Liebe Schwestern und Brüder im Glauben!

Vor einigen Wochen zeigten die Medien Bilder aus Neapel, auf denen riesige Müllberge auf den Straßen mitten in der Stadt zu sehen waren.

Kleine Ursachen – große Wirkungen.

Der täglich anfallende Hausmüll verursachte große Probleme, weil die Müllabfuhr nicht mehr funktionierte. Der Störfall lässt uns erkennen, wie vernetzt unser Leben ist und wie wir voneinander abhängen. Keiner ist eine Insel.

Das trifft nicht nur für die praktisch-materiellen Bereiche unseres Lebens zu, sondern erst recht für unsere Beziehungen untereinander und für die geistige Atmosphäre unseres Zusammenlebens.

- Störungen unseres Lebens -

Kleine Ursachen – große Wirkungen.

Die Menschen in unserer Gesellschaft sind durchaus sensibel für Störungen. Nicht nur Berichte in den Medien wissen über menschliches Versagen und Schuldigwerden zu berichten. Viele Menschen leiden ganz konkret an der Erfahrung eigener Grenzen und eigenen Versagens, aber auch an Grenzen und Fehlern anderer. Sie suchen Hilfen zur Bewältigung. Das kann ein verständnisvoller Mensch sein, mit dem immer wieder ein Gespräch möglich ist. Andere finden Hilfe durch psychologische Beratungen, Selbsterfahrungskurse oder durch eine spezielle Therapie.

Für uns Gläubige ist die Lebenswirklichkeit freilich noch viel umfassender. Leben benötigt mehr als materielle Absicherung und gut bewältigte psychologische Erfahrungen. Wer Heilung und Heil für sein Leben sucht, sollte tiefer gehen.

- Heilung in Jesus Christus -

Als Getaufte sind wir auf gnadenhafte Weise mit Gott und untereinander vernetzt. Taufe, Firmung und Eucharistie lassen uns teilhaben an einer völlig neuen Dimension an Leben, die mit Jesu Tod und Auferstehung angebrochen ist. Wir bilden als Kirche Leib Christi und sind Glieder daran. Das heißt schon für dieses Leben: In Christus ist uns eine universale Geschwisterlichkeit geschenkt worden, er will unsere Verschiedenheit und Unterschiedlichkeit in versöhnte Vielfalt wandeln. Aber ohne unser Mittun wird die neue Ordnung der Gnade kaum spürbar. Unser Denken und Handeln beeinflusst die irdische Gestalt der neuen Wirklichkeit Gottes.

Einerseits eröffnen die 10 Gebote und die Weisungen der Kirche den Weg in das neue Leben, das uns Christus geschenkt hat. Ihr Ziel ist es, uns Christus ähnlich zu machen, damit wir ein Bild Christi werden.

Andererseits wirken unsere kleinen und großen Verfehlungen in uns selbst und in diesem Netzwerk der Gnade wie Gift. Sie verursachen Schäden am Leib Christi.

- Das Sakrament der Buße -

Als Heilmittel bietet die Kirche ihren Gläubigen neben den vielfältigen Formen der Buße vor allem das Bußsakrament in der Form der persönlichen Beichte vor dem Priester an: Die persönliche Beichte als Sakrament der Heilung. Gott selbst übt durch den Priester seine Heilkunst aus.

Die kirchliche Ordnung sieht die Beichte im Fall von schwerer Schuld als unerlässlich vor, zumindest einmal im Jahr. Doch bedarf es für eine lebendige Beziehung mit Gott der häufigen Begegnung in der sakramentalen Feier der Versöhnung. Wenn sich unsere Pfarreien, unsere kirchlichen Verbände und Gruppen als geistliche Gemeinschaften verstehen wollen, kommen wir ohne die regelmäßige Einzelbeichte nicht aus. Geistliches Leben ist ein von Gott immer wieder geheiltes Leben.

Denken wir an die Müllberge in Neapel. Kleine Ursachen - große Wirkungen. Sollten wir nicht auch regelmäßig unseren inneren Unrat abtragen und bei Gott Heilung suchen?

Entdecken wir das Wesen der Beichte neu: Es ist der auferstandene Herr, der uns in der Beichte gegenübersteht.

Wie einst Maria von Magdala im Garten am Ostermorgen, wie die Emmaus-Jünger auf ihrem Weg, denen sich Jesus beigesellte, wie Petrus am See und die anderen Jünger, so spricht uns in der Beichte der Auferstandene an, um uns zu vergeben.

Petrus hatte seinen Herrn dreimal verleugnet. Dreimal erfragt der auferstandene Herr seine Liebe: „Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich?“ (Joh 21, 15 ff.) Was in uns schwach und durch Schuld beschädigt ist, bedarf der Heilung durch die Liebe. Wenn wir in der Beichte das Sündenbekenntnis ablegen und bereut haben, schauen wir wie damals Petrus den Auferstandenen an, der uns dem Wachstum in der Liebe zuführen will. Wo unsere Liebe noch schwach bleibt, da umfasst er uns mit der seinen. So ist die Beichte Aufbruch auf den zentralen Ruf Jesu hin: „Kehrt um!“ (Mk 1, 15) Und Umkehr beinhaltet: Wachstum in der Liebe.

Dann wird der Gruß des Auferstandenen „Friede sei mit euch!“ (Joh 20, 19) auch in uns Wirklichkeit: Friede, innerer und äußerer, durch Vergebung von Gott her.

Liebe Schwestern und Brüder, die Beichte als Begegnung mit dem Auferstandenen ist somit eine wunderbare Schule christlicher Liebe und des Friedens, den uns Jesus Christus schenkt.

Daher soll es uns allen ein Herzensanliegen sein, das Sakrament der Buße und Versöhnung als österliches Geschenk wieder neu zu entdecken oder zu vertiefen. - Sei es ganz persönlich oder in Glaubensgesprächen in der Pfarrei. Folgen wir der Einladung zur besonderen persönlichen Begegnung mit dem Auferstandenen in der Beichte.

Auf diesem Weg der österlichen Bußzeit segne Euch, liebe Kinder und Jugendliche, alle Erwachsenen und besonders die Kranken der barmherzige Gott: der +Vater und der +Sohn und der +Heilige Geist.

Eichstätt, am Gedenktag Unserer Lieben Frau in Lourdes, dem 11. Februar 2008

+ Gregor Maria Hanke OSB
Bischof von Eichstätt

© Pressestelle der Diözese Eichstätt