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31.01.2025

Ukrainische Psychologin: „Die Mission der Caritas hat mich sehr angesprochen“

Psychologin Olha Tiahur im Gespräch. Foto: Peter Esser/Caritas

Die ukrainische Psychologin Olha Tiahur betreut Klientinnen und Klienten der Caritas-Wohnheimen und Werkstätten Ingolstadt. Foto: Peter Esser/Caritas

Ingolstadt -„Sie ist sehr aufgeschlossen, motiviert, engagiert und voller Tatendrang“, lobt Tanja Gündert, Sozialdienstleiterin der Caritas-Wohnheime und Werkstätten Ingolstadt, ihre ukrainische Mitarbeite-rin Olha Tiahur. Die 32-jährige Frau aus Uschhorod in der Nähe der Slowakei arbeitet seit Juli vergangenen Jahres als Psychologin in der Einrichtung. Es ist ein Gewinn für beide Seiten: Die Caritas-Wohnheime und Werkstätten brauchten eine psychologische Fachkraft für ihre oft psychisch belasteten Klienten in schwierigen Lebenslagen. Und Olha Tiahur suchte genau so eine Herausforderung: „Ich wollte meine Erfahrung in meinem Beruf nutzen, um Menschen mit Abhängigkeiten, Doppeldiagnosen wie zum Beispiel Alkoholerkrankung und paranoide Schizophrenie oder Persönlichkeitsstörungen zu helfen.“

Kind konnte nach Kriegsausbruch nicht mehr gut schlafen

Die Ukrainerin war vor fast drei Jahren kurz nach dem Überfall Russlands auf ihr Heimatland zusammen mit ihrem heute elfjährigen Sohn Olexandre nach Ingolstadt zu einer Tante ihres Ehemannes geflüchtet. Aufgrund des Kriegsausbruches konnte ihr Kind nicht mehr gut schlafen und verspürte sie selbst viel Angst. Ihr Bruder musste an die Front, ihr Mann arbeitet bis heute in Uschhorod als Jurist. Die Flucht nach Ingolstadt war zunächst nur für einige Wochen gedacht. Doch da der Krieg weiterging, begannen Olha Tiahur und Olexandre, sich in Ingolstadt ein neues Leben aufzubauen. Der Junge fühlt sich inzwischen am Katharinen-Gymnasium wohl.

Olha Tiahur absolvierte zunächst Deutschkurse bis zum Niveau B2. In der Zwischenzeit gelang es ihr, ihre Qualifikationen hier anerkennen zu lassen. Und nun freut sie sich, diese bei den Caritas-Wohnheimen und Werkstätten einbringen zu können. Bereits in ihrem Heimatland hatte sie eine Zeit lang als Psychologin für die Caritas gearbeitet, seinerzeit mit Familien mit Kindern mit Behinderung sowie verwitweten Frauen. Die Katholikin ist stolz darauf, nun auch hier Teil eines Teams „bei einer Organisation mit hohen sozialen Werten“ zu sein. „Die Mission der Caritas hat mich sehr angesprochen, denn Menschen zu helfen war schon immer meine Berufung.“

Ihre Arbeit auf einer Vollzeitstelle füllt sie denn auch voll aus, wenngleich sie nicht verhehlt, dass sie in ihrem Arbeitsalltag zum Großteil negative Erfahrungen macht: „zum Beispiel dann, wenn ein Klient Hilfe ablehnt oder keine Perspektive für sich sieht oder wenn eine Person nach einem Fortschritt wieder in ihre Abhängigkeiten oder in einen Krisenzustand zurückfällt“. Umso mehr motiviert sie und inspiriert sie aber dann auch, wenn von ihr betreute Menschen Selbstvertrauen gewinnen und Fortschritte machen, „es zum Beispiel schaffen, aus dem Wohnheim auszuziehen und in einer eigenen Wohnung selbstständig zu leben“. Unerschütterlich ist daher ihr Glaube, „dass jeder Mensch eine Chance und Unterstützung verdient, um sein Leben zum Besseren zu verändern“.

Die ukrainische Psychologin führt mit den Klientinnen und Klienten der Einrichtung individuelle Beratungsgespräche, hilft ihnen, ihre Emotionen zu verstehen und Motivation für Veränderungen zu finden, um ihre Lebensqualität zu verbessern. Sie beobachtet auch deren Verhalten und achtet auf Veränderungen, die eine Anpassung der Medikation oder die Konsultation eines Psychiaters erforderlich machen könnten.

Lebensperspektive in Deutschland gesehen

Olha Tiahur fühlt sich in Ingolstadt wohl, obwohl sie manchmal Heimweh hat. „Ich integriere mich aktiv, habe Freunde und Kolleginnen und Kollegen, die mich unterstützen. Doch ich stehe auch regelmäßig in Kontakt mit meinen Verwandten, die in der Ukraine geblieben sind.“ Sie plant, in Deutschland zu bleiben, selbst wenn der Krieg endet. „Deutschland hat mir viel gegeben und ich möchte etwas zurückgeben. Und hier fühle ich mich sicher und kann mich beruflich weiterentwickeln.“ Doch sie will auch immer eine Verbindung zu ihrer Kultur und ihren Familienangehörigen in der Ukraine aufrechterhalten. Und sie hofft sehr, dass ihr Ehemann bald nach Ingolstadt kommen kann.  

Text: Peter Esser/Caritasverband für die Diözese Eichstätt

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