Schwerpunkt der KDFB-Kampagne „Deine Stimme zählt. Gerade jetzt!“ ist Gleichberechtigung. In welchen anderen Bereichen neben der Politik gibt es aus Ihrer Sicht diesbezüglich die größten Defizite?
Monika Hack: Es gibt viele Bereiche, in denen noch große Defizite bestehen. Beispielsweise ist die Sorgearbeit wie Kindererziehung, Pflege von Angehörigen, Hausarbeit oder Ehrenamt zwischen den Geschlechtern sehr ungleich verteilt. Auch werden die spezifischen Bedürfnisse von Frauen in der Gesundheitsversorgung oft vernachlässigt. Viele gesundheitliche Herausforderungen, die Frauen betreffen, wie gynäkologische Erkrankungen, Schwangerschaft, Wechseljahre und psychische Belastungen, finden zu wenig Beachtung in der medizinischen Forschung und Praxis. Zudem basieren die meisten medizinischen Studien auf männlichen Probanden, was dazu führt, dass geschlechtsspezifische Unterschiede in Diagnosen und Behandlungen nicht ausreichend berücksichtigt werden. Dies hat zur Folge, dass Frauen häufig nicht die für sie passenden medizinischen Lösungen erhalten.
Die Lohngleichheit ist immer noch nicht gegeben. Frauen erhalten aufgrund ihres Geschlechts oftmals für die gleiche Arbeit weniger Gehalt als Männer und werden auch bei Beförderungen nicht berücksichtigt.
Die katholische Arbeitsgemeinschaft Interessenvertretung Alleinerziehende (AGIA), in der auch der KDFB vertreten ist, macht gerade auf die Lage der Alleinerziehenden aufmerksam – wie auch der jüngste Familienbericht der Bundesregierung. Was muss der künftige Bundestag beziehungsweise die künftige Regierung tun, damit diese Gruppe von Menschen mehr Unterstützung erfährt?
Evelyn Braun: Damit Alleinerziehende mehr Unterstützung erfahren, stellt die AGIA eine Reihe von Forderungen an den künftigen Bundestag, darunter die Anrechnung des Kindergelds beim Unterhaltsvorschuss, eine Reform des Sorge- und Umgangsrechts, Wahlfreiheit der Betreuungsmodelle. Sie verlangt auch die Einführung einer Kinderbasisunterstützung, eine grundlegende finanzielle Unterstützungsleistung, welche die Existenzsicherung und Teilhabe von Kindern gewährleistet.
Der KDFB hat in der Bundesdelegiertenversammlung 2024 beschlossen, eine politische Kampagne durchzuführen, die darauf hinwirkt, die Einkommensanrechnung bei Renten wegen Todes abzuschaffen, damit sich aufgrund eigener Einkünfte des überlebenden Ehepartners keine Kürzung der Hinterbliebenenrente ergibt. Dies würde eine finanzielle Erleichterung für verwitwete Alleinerziehende bedeuten.
Der Frauenbund fordert auch, die entschiedene Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen sowie einen Ausbau frauenspezifischer Präventions- und Aufklärungsangebote im Bereich der Gesundheitsvorsorge. Was braucht es hier konkret?
Frieda Drescher: Der Frauenbund fordert unter anderem die zeitnahe Einführung eines Gewalthilfegesetzes mit einheitlichen Regelungen und Finanzierungsmöglichkeiten, um regionale Unterschiede zu überwinden und ein kohärentes System zur Gewaltprävention und -bekämpfung zu schaffen. Zudem ist es wichtig, ausreichend finanzielle Mittel für ein flächendeckendes Hilfe- und Unterstützungssystem bereitzustellen, einschließlich Notruftelefonen, Frauenhausplätzen, spezialisierten Schutzunterkünften sowie Barrierefreiheit in allen Regionen.