Auch die KEB Ingolstadt arbeitet seit dem vergangenen Jahr im „Verbund“ mit der KEB im Landkreis Eichstätt. Der erste Vorsitzende des Katholischen Bildungswerks Ingolstadt, Alfred Schickel, organisierte von seinem Wohnzimmer aus erste Bildungsveranstaltungen. Eine seiner Mitstreiterinnen war Ingrid Bauer. Beide unterrichteten an der Gnadenthal-Realschule Ingolstadt. Die Initiative zur Gründung eines Bildungswerks kam von Dr. Siegfried Hofmann, langjähriger Kulturreferent der Stadt Ingolstadt. Auf der ersten Mitgliederversammlung, am 14. März 1974, wurde die erste Satzung beschlossen. Bald darauf erklärten die Ingolstädter Pfarreien ihren Beitritt zum neuen Verein. Ein Jahr später entstand dann auch ein Kreis junger Mütter, aus dem sich bis heute ein „Mittwochstreffen“ erhalten hat, die einmal im Monat Bildungsveranstaltungen anbieten. 1990 wurde mit Jochen Sievers der erste Geschäftsführer angestellt, dem 2008 Rudi Schmidt folgte. Inzwischen blickt die Katholische Erwachsenenbildung Ingolstadt auf tausende Veranstaltungen zurück. „Allerdings machte ein jahrelang rückläufiger Trend bei der Teilnehmerzahl auch vor der KEB in Ingolstadt nicht halt“, sagt Schmidt. Deshalb habe man sich Anfang 2023 unter der Bezeichnung „KEB Eichstätt-Ingolstadt“ zusammengetan.
Die Entwicklung bei der Katholischen Erwachsenenbildung in Ingolstadt in den vergangenen 50 Jahren ist laut Rudi Schmidt ein Spiegelbild der Gesellschaft: „Die nachlassende Bedeutung der Religion ist auch bei der Teilnehmerresonanz zu spüren. Standen anfangs noch theologisch-kirchliche Themen im Vordergrund, hat das Interesse daran bis heute stetig nachgelassen“, stellt der KEB-Geschäftsführer fest. Auch das Interesse an Bibelarbeit sei deutlich zurückgegangen. Gleichbleibend hoch sei dagegen das Teilnehmerinteresse an lebenspraktischen Themen wie Energiesparen oder Vorsorge im Alter. Auch namhafte Kirchenvertreter wie der Benediktinerpater Anselm Grün, der Münchner Pfarrer Rainer Maria Schießler oder Schwester Teresa Zukic sorgten für gut besuchte Veranstaltungen.
Diözesansynode legte den Grundstein
Die Wurzeln der heutigen Katholischen Erwachsenenbildung im Bistum Eichstätt reichen zurück bis zur Diözesansynode 1952, der bislang letzten Synode, die im Bistum Eichstätt stattfand. Die Anfangsjahre beschreibt Bertram Blum in seinem Buch „Regionalgeschichte der Erwachsenenbildung in katholischer Trägerschaft am Beispiel der Diözese Eichstätt“ (1995). Blum hat diesen Bereich selbst mitgeprägt, er war 35 Jahre lang für die Erwachsenenbildung im Bistum verantwortlich. Mit dem Begriff „Bildung bei den Erwachsenen“ steckten die Synodalen damals das neue Feld ab: „Die notwendige umfassende Bildungsarbeit bei den Erwachsenen geschieht in diözesanen Kursen und Veranstaltungen, in den Standesvorträgen, in Elternversammlungen, in Männer- und Frauenkreisen, in den Veranstaltungen der katholischen Organisationen und Vereinen in der Pfarrei“. Laut Blum leitete die Diözesansynode 1952 einen Prozess des Umdenkens seitens der Kleriker ein und setze wegweisende Impulse. Einen entscheidenden Anstoß für dieses Umdenken gab Alfons Fleischmann, der damalige Pastoraltheologe der Philosophisch-Theologischen Hochschule (Vorläuferin der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt). Er setzte sich bei der Synode vehement für den Aufbau der Katholischen Aktion, wie damals der Zusammenschluss der Laien genannt wurde, ein. Damit sollte ein Perspektivwechsel herbeigeführt werden: Die katholischen Laien würden nicht als „Objekt der Seelsorge“ betrachtet, sondern selbst als „Träger des Apostolats, als Mitarbeiter und verantwortliche Mitkämpfer für das Gottesreich auf Erden“, argumentierte Fleischmann. Mit dieser Sichtweise habe der Eichstätter Pastoraltheologe laut Blum das Zweite Vatikanische Konzil um zehn Jahre vorweggenommen. So sei die Katholische Aktion zur Vorläuferin der Pfarrgemeinderäte und Dekanatsräte im Bistum geworden.
Die Diözesansynode habe auch den Weg für die Entstehung der Erwachsenenbildung geebnet, zum Beispiel durch die Einführung von Multiplikatorenschulungen auf Diözesanebene und Aktivierung der zukünftigen Pfarrausschüsse im Rahmen der Katholischen Aktion. In Folge der Synode wurden die ersten hauptamtlichen Laienmitarbeitenden bei der Diözese Eichstätt eingestellt, und zwar für das neugeschaffene Männerwerk und für die Frauenarbeit. Erster Mitarbeiter des Männerwerks war ab Oktober 1952 Hermann Josef Kreitmeir, der spätere Chefredakteur der Kirchenzeitung. Mit der Errichtung des Seelsorgeamtes 1967 wurde er der erste Leiter des Referates Erwachsenenbildung. Eine prägende Person in der Bildungsarbeit für Frauen war in der Anfangsphase Elfriede Hirsch, die aus der Diözese Rottenburg-Stuttgart stammte. Sie begann 1967 eine intensive Vortragstätigkeit auf Pfarrebene, baute ein Netz aus Frauenkreisen auf und weitete das Angebot der Frauenbildung im Bildungswerk Schloss Hirschberg aus. 1970 wurde Hirsch zur Gründungsvorsitzenden der Diözesanarbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung gewählt, gab dieses Amt aber nach einem Jahr wegen ihrer Mitarbeit bei der Gemeinsamen Synode der Bistümer in Würzburg wieder auf. Ihr Nachfolger von 1971 bis 1977 war Kreitmeir, der auch das Bildungswerk Schloss Hirschberg leitete. Er war Anfang der 1970er Jahren wesentlich an der Gründung der Stadt- und Kreisbildungswerke beteiligt, die nun seit einem halben Jahrhundert bestehen.
„Bildungsarbeit ist kein Luxus“
Heute gibt es im Bistum Eichstätt elf Einrichtungen der katholischen Erwachsenenbildung, die eine gemeinsame Wertebasis, aber zum Teil unterschiedliche Schwerpunktsetzungen haben: sechs regionale Bildungswerke, ein Diözesanbildungswerk, drei Verbandsbildungswerke (Kolping, Katholischer Deutsche Frauenbund und Katholische Arbeitnehmerbewegung) und – seit 1970 – eine koordinierende Einrichtung, die KEB-Diözesanarbeitsgemeinschaft (KEB-DiAG). Alle Einrichtungen sind Vereine und damit rechtlich selbständig. Die regionalen Bildungswerke decken jeweils das Gebiet eines Landkreises bzw. einer Stadt ab. Sie wurden alle von Laienräten initiiert und Anfang der 1970er-Jahre gegründet: KEB Neumarkt (1970), KEB Ansbach und KEB Weißenburg (1972), KEB Eichstätt (1973), KEB Roth-Schwabach und KEB Ingolstadt (1974). Deren Vorsitzende sind nach wie vor Ehrenamtliche. In der Geschäftsführung werden sie seit einigen Jahren von hauptamtlichen Mitarbeitenden der Diözese unterstützt.
Im vergangenen Jahr boten die sechs regionalen Bildungswerke und das Diözesanbildungswerk insgesamt rund 2000 Veranstaltungen an. Sie wurden – trotz immer noch andauernder „Corona-Delle“ – von 51.000 Menschen besucht. „Erfreulich ist auch, dass fast 400 Ehrenamtliche die Bildungsarbeit im Bistum mittragen und mitgestalten“, sagt Dr. Ludwig Brandl, Direktor des Diözesanbildungswerks. Für ihn ist katholische Erwachsenenbildung „nicht ein Luxus, den man sich in finanziell guten Zeiten leisten kann, sondern eine wichtige Aufgabe der Kirche.“
Über viele Jahrhunderte hin gehörten Bildung und Kultur, freilich in unterschiedlicher Intensität, zu den selbstverständlichen Aufgaben der Kirche. Brandl verweist auf ein Arbeitspapier der deutschen Bischöfe, das die Bildungsziele der katholischen Kirche mit Hilfe der Erwachsenenbildung klar formuliere: „Eine auf Glaube und Vernunft fußende Deutekompetenz, eine Weitung des Horizonts, ein Orientierungsrahmen der Humanität.“ Ökonomische Bedürfnisse der Gesellschaft seien also nicht grundlegend für das Angebot, sondern es stehe die jeweils einzelne Person im Mittelpunkt. „Das ist auch ein Beitrag zur Gestaltung einer humanen Gesellschaft auf christlicher Basis“, betont Brandl. Deshalb sei die katholische Erwachsenenbildung „ein unentbehrlicher Teil des katholischen Engagements in der Gesellschaft“, wie es die Würzburger Synode klargestellt habe. „Dies gilt gerade auch für heute, wenn auf den vielen bislang selbstverständlichen pastoralen Wegen die Menschen nicht mehr so einfach erreicht werden. In diesem Sinn ist die katholische Erwachsenenbildung weiterhin dringend notwendig“, ist Brandl überzeugt.
Text: Geraldo Hoffmann
50 Jahre Katholische Erwachsenenbildung (KEB) Roth-Schwabach