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27.03.2023

Bischof Hanke: „Wir müssen bescheidener und genügsamer werden“

Podiumsgespräch

Podiumsgesprächs in Eichstätt mit v.l. Joseph Amberger (Pfaffenhofener Bodenallianz), Ely Eibisch (Vizepräsident BBV), Frater Andreas Schmidt OSB (AG Ökologie auf Kirchengrund), Richard Mergner (Vorsitzender BUND Naturschutz Bayern) und Moderator Michael Heberling (Journalist). Vorne rechts: Bischof Gregor Maria Hanke, Eichstätt. Foto: Martin Wagner

Workshopleitende

Workshopleitende des Nachmittags in Eichstätt v. l.: Lioba Degenfelder (A.ckerwert), Katharina Hinterholzinger (Projektleiterin Biodiversität Markt Titting), Johanna Umbach (Projektleitung KU Eichstätt), Werner Rehklau (Bayer. Landesanstalt für Umwelt) und Martin Lauterbach (Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft). Foto: Martin Wagner

Eichstätt – Mit einem eindrücklichen Aufruf hat der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke seinen Impuls bei einem Studientag zum Thema Biodiversität in Eichstätt beendet: „Wir müssen bescheidener und genügsamer werden, vom Ideal des permanenten Wachstums abweichen. Außerdem braucht es Gerechtigkeit zwischen den jetzigen und den zukünftigen Generationen.“ Der heute passende Imperativ laute: „Handle so, dass die Wirkungen deiner Handlungen verträglich sind mit der Permanenz echten menschlichen Lebens!“.
Der Hauptreferent des Studientages, Richard Mergner, Vorsitzender des BUND Naturschutz in Bayern, ergänzte: „Wir können und müssen Veränderungen durch die Landwirtschaft wieder rückgängig machen.“ Dabei lobte er das Ergebnis der Zukunftskommission Landwirtschaft. Gerne könne es dabei auch in Bayern eine Zusammenarbeit zwischen Bauernverband und BUND Naturschutz geben.
Mit dem Studientag wollten die Veranstalter – das Referat Schöpfung und Klimaschutz der Diözese Eichstätt und das Landesbildungswerk der katholischen Landvolkbewegung (KLB) in Bayern – Anregungen zum Handeln für die Rettung der noch vorhandenen Artenvielfalt geben und Interessierte aus Verbänden, Kirche und Gesellschaft miteinander vernetzen.

Hanke: „Der Mensch kann ohne die Vielfalt der Schöpfung nicht leben“

Bischof Gregor Maria Hanke begann seinen geistlichen Impuls mit einem Bezug zum Hochfest Verkündigung des Herrn: „Das ist die Ankündigung der Menschwerdung Gottes. Gott nimmt seine Schöpfung ernst, dringt in sie ein und handelt nicht an ihr vorbei. Sie erhält dadurch eine Würde.“
Die Vielfalt der Schöpfung drücke die Bibel in vielen Texten aus. Schöpfungsberichte gäben Antwort darauf, was die Verantwortung für die Schöpfung für den Menschen bedeute und dass es eine Vielfalt sei, die ineinander verschränkt ist: „Alles in der Schöpfung hat seinen Eigenwert. Und Gott hat kein Einzelteillager geschaffen, sondern eine Symphonie. Der Mensch wir erst am Ende ins Leben gerufen. Die Vielfalt, die davor geschaffen wurde, hat einen Eigenwert. Der Mensch kann ohne die Vielfalt nicht leben. Er ist auf sie verwiesen. Von der Vielfalt der Schöpfung rührt ihre Schönheit, ihr Gutsein her“. Der Psalm 104 preise die Vielfalt der Schöpfung als Haus des Lebens.
Ein Haus mit vielen Bewohnern bedürfe einer Hausordnung. Das Haus des Lebens sei in Unordnung geraten und in seinem Bestand bedroht. Junge Menschen rufen den Generationen in Verantwortung entschlossen zu: „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut!“
Bischof Hanke endete mit einem Hinweis auf den Philosophen Hans Jonas: „Er kritisierte schon vor Jahren die Wirtschaft und die Gesellschaft. Ihm ging es um eine Hausordnung, die von allen beachtet werden müsste: die Verantwortungsethik. Eine kollektive Ethik, die die globale Krise bewältigt.“

Mergner: „Veränderungen durch die Landwirtschaft wieder rückgängig machen“

In seinem Hauptvortrag ging der Vorsitzende des BUND Naturschutz in Bayern Richard Mergner auf die drei Ebenen der Biodiversität ein: Die Vielfalt von Ökosystemen, die Vielfalt der Arten und die genetische Vielfalt. Der Schutz von Biodiversität und Klimaschutz seien dabei zwei Seiten einer Medaille: „Auf den geschotterten Gärten und den Gebieten intensiver Landwirtschaft kann man keinen bunten Blumenstrauß mehr sammeln.“
Um den Verlust der Artenvielfalt zu stoppen, setze sich der Bund Naturschutz auf vielen Feldern für eine Veränderung ein. So trete der BN für eine angemessene Jagd ein. 10 Prozent der Wälder sollten als Lernorte wirtschaftlich ungenutzt sein, der Rest müsse nachhaltig bewirtschaftet sein. Die Intensivierung der Landwirtschaft, die seinerzeit sicher als nötig gesehen wurde, habe die Gestalt der Landschaft nachhaltig verändert. Damit seien auch die Klimaschutzwirkungen verloren gegangen. Es brauche heute aber natürlich ökonomische Alternativen für die betroffenen Landwirte.
Mergner betonte: „Wir können und müssen die Veränderungen durch die Landwirtschaft wieder rückgängig machen.“ Die Zukunftskommission Landwirtschaft habe eine Einigung erbracht, die Mergner so nicht erwartet hätte. „Es wurde anerkannt, dass wir Probleme haben. Aber dabei ist man nicht stehen geblieben, sondern hat sich auf einen gemeinsamen Weg geeinigt, der es ökonomisch möglich machen soll, ökologisch zu wirtschaften. Dass die Zukunftskommission jetzt schon wieder in Vergessenheit geraten ist, darf nicht sein und ist enttäuschend!“
Bezogen auf die Kirche lobte Mergner das Ziel der Klimaneutralität im Bistum Eichstätt. Zur Umsetzung brauche es Ressourcen und Finanzen. Er wünsche dem Bistum viel Erfolg auf diesem Weg. Zudem müsse kirchlicher Grundbesitz und kirchliches Geldvermögen vorbildhaft für die Erhaltung der Schöpfung eingesetzt werden.

Weitere Beiträge zur Biodiversität beim Podiumsgespräch

Bei einem anschließenden Podiumsgespräch konnten weitere Perspektiven zum Thema Biodiversität eingebracht werden. Der stellvertretende Vorsitzende des BBV (Bayerischer Bauernverband), Ely Eibisch, betonte dabei, der Dialog zwischen Landwirten, Verbrauchern und Organisationen sei wichtig. Die Landwirtschaft könne viel. Entscheidend seien immer die Bedürfnisse und die Bereitschaft der Gesellschaft. Die bayerische Landwirtschaft als vergleichswiese kleinteilig biete viele Raine und damit Artenvielfalt. Eibisch wolle dazu beitragen, dass sich Landwirtschaft breiter aufstellt. Landwirtschaft brauche dabei aber Verlässlichkeit. Positiv berichtete er aus „Stallgesprächen“ mit jungen Landwirten, die Lust auf die Zukunft hätten, dafür aber verlässliche Rahmenbedingungen brauchten.
Joseph Amberger (Bodenallianz Pfaffenhofen) ergänzte dazu: Der stärkste Ansatz der Biodiversität sei der Boden. Ohne die Landwirte gehe hier gar nichts: „Man muss an die Menschen herankommen. Das Bewusstsein dafür ist uns aber ein wenig verloren gegangen. Wenn wir den Boden nur als Standort und Produktionsmittel betrachten, dann wird es nicht funktionieren.“
Frater Andreas Schmidt vom Kloster Plankstetten brachte viele Erfahrungen mit: „Wir alle entscheiden, wo der Weg hingeht. Die Bauern müssen ihr Geld verdienen – sonst gibt es sie nicht mehr. Auch die Kirchen spielen hier eine wichtige Rolle, weil sie einkaufen. Hier müssen wir alle umdenken. Plankstetten hat viele Jahre gebraucht, den Weg zu gehen, aber es funktioniert – auch ökonomisch.“ Schmidt übte aber auch Kritik an der Kirche: In den vergangenen Jahren sei viel Papier produziert, aber wenig gehandelt worden, so Schmidt.

Praktische Erfahrungen und Anregungen in den Workshops

Am Nachmittag wurden in Workshops weitere praktische Schritte zum Erhalt der Artenvielfalt und weitere Perspektiven zum Thema Biodiversität vorgestellt.
So berichtete Lioba Degenfelder von ihrem Projekt „A.ckerwert“ zur Beratung von Pächtern und Verpächtern, um Nachhaltigkeitsaspekte in der Bodennutzung bei Pachtverträgen zu fördern. Katharina Hinterholzinger stellte als Projektleiterin für Biodiversität im Markt Titting das Projekt „Titting – steinreiche Natur“ vor. Johanna Umbach führte in den Kapuzinergarten EDEN der Katholischen Universität Eichstätt. Die Perspektive der Wasserwirtschaft brachte ein Workshop mit Werner Rehklau (Bayerische Landesanstalt für Umwelt, Referat Gewässerentwicklung und Auen) und die der Forstwirtschaft mit Martin Lauterbach (Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft, Abteilung Biodiversität und Naturschutz  Freising).

Positives Fazit – Veranstalter wollen weiter Dialog suchen und herstellen

Für die Veranstalter zogen Lisa Amon (Umweltreferat im Bistum Eichstätt) und Martin Wagner (KLB Bayern) ein positives Fazit der Veranstaltung: Es sei gelungen, mit dem fundierten Hauptvortrag von Richard Mergner die Zusammenhänge und die Dramatik der Lage eindringlich aufzuzeigen. Die daran anschließende Diskussion sei offen und auch da, wo keine Einigkeit in der Analyse der Situation oder der Ableitung von Handlungsschritten herrschte, immer fair gewesen. Einhellig wurde anerkannt, dass wir handeln müssen und dass hier alle gefragt sind, ihren Beitrag zu leisten. Die schon etablierte Fachveranstaltung wolle weiter den Dialog suchen und herstellen. Martin Wagner: „Dabei freuen wir uns besonders, dass Bischof Hanke zum wiederholten Male an unserem Studientag teilgenommen und ihn mit seinem Eingangsimpuls bereichert hat.“

Vesper zum Abschluss mit Deutung der Vielfalt der Gaben Gottes

In der abschließenden Vesper, die von Beate Eichinger (Umweltreferentin Bistum Regensburg) gestaltet wurde, betrachteten die Teilnehmenden verschiedene Texte des alten und neuen Testaments. Beate Eichinger hob in ihrer kurzen Ausdeutung der neutestamentlichen Lesung, für die sie einen kurzen Abschnitt aus dem Magnificat gewählt hatte, die oft übersehene revolutionäre Botschaft des Lobgesangs der jungen Maria hervor: Die Güter der Erde, die Vielfalt der Gaben Gottes, sind für alle bestimmt – und nicht zur Ausbeutung durch einige Wenige.

Quelle: Katholische Landvolkbewegung Bayern

 

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