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14.06.2017

„Überschuldete brauchen starke Beratung“: Caritasverband Eichstätt unterstützt bundesweite Aktionswoche ab 19. Juni

Hans Wiesner, Schuldnerberater der Caritas-Kreisstelle Eichstätt.  pde-Foto: Caritas/Peter Esser

Hans Wiesner, Schuldnerberater der Caritas-Kreisstelle Eichstätt und Sprecher für diesen Bereich im Bistum, hofft, dass durch die Aktionswoche Schuldnerberatung die Beratung für überschuldete Menschen gestärkt wird. pde-Foto: Caritas/Peter Esser

Eichstätt. (pde) – Die bundesweite Aktionswoche der Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände vom 19. bis 23. Juni 2017 unterstützt der Caritasverband für die Diözese Eichstätt. Das Motto der Woche lautet heuer „Überschuldete brauchen starke Beratung“. Die Caritas fordert von der Politik, die Rahmenbedingungen für eine gute Schuldner- und Insolvenzberatung zu verbessern.

Berater Hans Wiesner von der Caritas-Kreisstelle Eichstätt kritisiert den Umstand, dass die Förderpauschalen des Freistaats Bayern für Beratungen bei Privatinsolvenz seit Einführung des Verbraucherinsolvenzverfahrens 1999 nicht angehoben worden sind. Wiesner ist auch Sprecher für die Caritas-Schuldnerberatung im Bistum. „Angesichts der Kostensteigerungen in allen Bereichen ist das ein absolutes No-Go“, so Wiesner. Er bedauert zudem, dass es aufgrund der Uneinigkeit über die Höhe eines staatlichen Förderbeitrages nicht gelungen ist, die Finanzierung der Insolvenzberatung vom Freistaat auf die Kommunen zu übertragen. Diese finanzieren zum Großteil die allgemeine Schuldnerberatung. „In der Beratungspraxis ist immer wieder unklar, wann eine normale Schuldnerberatung endet, wann eine Insolvenzberatung beginnt und wer dann auch die eventuelle Nachberatung finanziert. Wenn das in eine Hand gekommen wäre, liefe einiges unkomplizierter ab“, so Wiesner.

Der Caritas-Sprecher fordert grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf Beratung für alle überschuldeten Menschen, „denn wenn jemand in Not gerät, braucht er unabhängig von seiner Einkommenssituation Unterstützung.“ Doch derzeit sei die öffentlich finanzierte Schuldnerberatung vorrangig auf „Hartz IV“- und Sozialhilfe-Bezieher ausgerichtet. In die Caritas-Schuldnerberatungsstellen im Bistum kommen Wiesner zufolge aber auch zahlreiche Menschen, die in prekären Beschäftigungsverhältnissen mit niedrigen Stundenlöhnen und in befristeten Arbeitsstellen tätig sind. „Diese weisen wir zwar nicht ab, aber sie müssen mit längeren Wartezeiten rechnen, weil wir aufgrund der derzeitigen Regelung nicht in erster Linie für sie da sein können. Das ist dann zum einen psychisch für die Betroffenen anstrengend, zum anderen verzögern sich dadurch unter Umständen Gespräche mit Gläubigern und Initiativen, um das Schuldenproblem in den Griff zu bekommen“, spricht der Caritasmitarbeiter aus Erfahrung.

Hans Wiesner fordert daher: „Es muss zu einer öffentlichen Daseinsvorsorge für alle überschuldeten und überschuldungsgefährdeten Menschen kommen.“ Denn das Problem betreffe keine Einzelfälle. Nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände – der die Caritas angehört – haben bundesweit im Jahr 2015 fast 650.000 Personen wegen finanzieller Probleme Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen aufgesucht. „Die Schuldenhöhe der beratenen Personen betrug durchschnittlich 34.400 Euro, was etwa dem 33-fachen ihres Monatseinkommens entspricht“, informiert die Arbeitsgemeinschaft. 

In den fünf Caritas-Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen in der Diözese Eichstätt gibt es Wiesner zufolge derzeit zehn Mitarbeitende, die fast alle in Teilzeit arbeiten. In den vergangenen drei Jahren haben diese nach einer Caritasstatistik jeweils jährlich rund 1.600 Betroffene beraten. „Damit arbeiten wir am Limit. Für Präventionsarbeit, zum Beispiel Aufklärung in Schulen, bleibt ohnehin kaum Zeit“, deutet Wiesner an, was er sich im Sinne einer „starken Beratung“ gemäß dem Motto der Aktionswoche wünscht.

Für die Betroffenen selbst fordert der Caritasberater, dass die Grundversorgung mit Energie für alle Menschen mit finanziellen Problemen existenzsichernd geregelt wird. „Denn die gestiegenen Kosten für Energie führen dazu, dass immer mehr Leute mit niedrigem Einkommen ihre Strom- und Heizkostenrechnungen nicht bezahlen können und sich verschulden“, weiß Wiesner. Außerdem müsse der Gesetzgeber eine Regelung finden, dass auch verschuldete Menschen, die Beitragsrückstände bei ihrer Krankenversicherung haben, bei gesundheitlichen Problemen alle Leistungen der Regelversorgung erhalten. „Es darf nicht sein, dass zum Beispiel ein Zahn gezogen wird, aber dann kein Zahnersatz geleistet wird. Dadurch können Spätfolgen auftreten, die langfristig die Versichertengemeinschaft trägt“,  fordert Wiesner solche Verbesserungen auch im Interesse der Allgemeinheit.

Der Caritasverband für die Diözese Eichstätt hat Schuldnerberatungsstellen, die auch bei Privatinsolvenz helfen, an seinen Caritas-Kreisstellen in Eichstätt, Ingolstadt, Neumarkt, Roth und Weißenburg. Informationen über diese Dienste gibt es im Internet unter www.caritas-kreisstellen.de.

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